Essen. Helge Schneider hat für „Torero“ nichts an seinem Rezept geändert. Warum der Stil-Mix von Flamenco bis Bossa ein hervorragendes Stück Musik ist.
Über Musik schreiben ist wie über Architektur tanzen. Nach der Logik müsste es heißen: Über Helge Schneider schreiben ist wie über die Steuererklärung kochen. Oder so ähnlich. Kurz: Es ist schwer.
Einen Versuch ist es trotzdem wert. Denn Helge Schneiders neues Album, „Torero“, erscheint am 3. März. Wie beim Mülheimer so üblich, ist der Titel aus einer Lust entstanden, sein rotes Torero-Outfit habe ihm einfach so gut gefallen. Und auch sonst hat Helge an seinem Rezept nichts geändert. Die acht Kompositionen leben von seiner Musikalität, und der von Gitarrist Sandro Giampietro.
Darüber dichtet „die singende Herrentorte“ gewohnt skurrile Texte. Dadaistisch, möchte man große Worte bemühen. So oder so, lustig sind sie. Warum genau? Schwer zu sagen. Letztendlich ist es auch egal. Denn das Konzept Helge Schneider funktioniert auch auf Torero.
Helge Schneider lässt seine pianistischen Muskeln spielen
Zum Beispiel in der Titelnummer „The Last Torero“. Im Flamenco-Stil lässt Schneider seine pianistischen Muskeln spielen, Giampietro legt das Fundament, damit sich sein Chef bedenkenlos austoben kann. Tut er auch. Und entzückt Hörer mit Kleinoden wie dem Folgenden: „Nachts schleich ich nackend durch dein’ Garten / kann die Amore mit dir kaum erwarten.“ Schön.
Stilistisch bleibt Helge Schneider aber nicht in Andalusien. Er spielt Bossa („American Bypass“) und New-Orleans-Jazz („The Guilty Doctor“). Und wie.
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Dass der Mann ein hervorragender Musikant ist, dürfte bekannt sein. Es ist trotzdem ein Fest, dabei zuzuhören, wie er sich grundmusikalisch durch seine Nummern bewegt. Und dabei auch noch Bläsersätze einspielt und seine eigenen Chöre singt.
Zwei gelungene Balladen am Ende des Albums „Torero“
Die letzten beiden Nummern der Platte, beides Balladen, verdienen besondere Erwähnung. „L.O.T.C.“ steht vermutlich für „Love on the Couch“, zumindest spricht das besungene Paar auf der Couch dafür. Das rückt aber schnell in den Hintergrund. Denn der Song wird zusehends zu einer glühenden Leidenschaftsbekundung für die Tüte Erdnussflips, die das Paar auf dem Schoß hat. „Du nimmst zärtlich meine Hand und führst sie in die Tüte mit Erdnussflips, knackig und frisch. Ich hab’ die Erdnussflips durchgezählt, wir teilen sie uns – gerecht.“
Letzte Nummer und Höhepunkt: „She’s Gone“. Eine brillante Jazzballade, in der sich Helge sehnsüchtig eine Frau zurückwünscht, die ihn abserviert hat. Die Gründe für seine Sehnsucht sind aber eher weltlich. Er muss jetzt nämlich alles selbst machen. „Kohlen holen, Gardinen aufhängen“ zum Beispiel. Dass sie ihn allein gelassen hat, kann er nicht verstehen: „Ich hab’ nur einmal was Falsches gesagt. Ich sagte dir: Hau ab, du alte Sau. Ist das denn so schlimm? Komm zurück, Mutter.“