Duisburg. Was die Show „Ein Mann und seine Gitarre“ mit Helge Schneider in der Mercatorhalle in Duisburg ausgezeichnet hat und wer „Katzeklo“ sang.
Der Bart ist ab. Genauer gesagt: bis auf einen kleinen Schnäuzer. Und so steht Helge Schneider mit glattrasiertem Kinn auf der Bühne der Mercatorhalle in Duisburg. Entspannt und – wie es später in einem Lied heißt – gut gelaunt startet der Jazzer, Komiker, Musik-Clown und Meister des Unberechenbaren in den Abend.
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Eigentlich hätte die Show schon im März 2020 unter dem Titel „Die Wiederkehr des blaugrünen Smaragdkäfers“ gespielt werden sollen. Aber bei Helge Schneider ist die plötzliche Veränderung Programm und so heißt der Abend jetzt „Ein Mann und seine Gitarre“. Bei dem Mann mit der Gitarre handelt es sich um Sandro Giampietro, einen langjährigen Weggefährte von Schneider und um einen Musiker, der zwischen Metal, Jazz und Klassik so ziemlich alles spielen kann.
Helge Schneider in der Mercatorhalle in Duisburg – mit Teekoch Bodo
Ansonsten steht nur noch Teekoch Bodo wie seit 30 Jahren mit auf der Bühne. Aber meistens sitzt er im Halbdunkel am Rand und wartet auf einen Wink des Meisters. Dann gießt er Tee ein und hört dem Chef schweigend, aber konzentriert zu.
Gekommen sind zu diesem Nachholkonzert vergleichsweise wenig Besucherinnen und Besucher. Gerade mal halb gefüllt ist die Halle und der geplante zweite Abend wurde komplett gestrichen. Doch Helge lässt sich davon nicht irritieren und stiefelt im leuchtend blauen Anzug mit knallrotem Einstecktuch auf die Bühne. Mit großer Geste zieht er einen Taktstock hervor und beginnt mit wilden Bewegungen seinen Gitarristen zu dirigieren. Der spielt rasant, aber recht leise auf seinem Instrument.
„Wurstfachverkäuferin“ – ein Klassiker
Irgendwann geht Schneider dann zum Flügel. Mit fast kindlicher Vorfreude im Gesicht greift er in die Tasten und intoniert einen seiner Klassiker, die „Wurstfachverkäuferin“. Musikalisch irgendwo zwischen Swing und Rock ’n‘ Roll angesiedelt, beschreibt er überdreht eine Szene an der übervollen Verkaufstheke und wagt dabei auch mal ein paar Tanzschritte.
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Es ist dieses oft improvisierte Spiel mit Erwartungen und Attitüden, die einen Abend mit Helge Schneider lohnenswert machen. Wenn er mit fast sentimentalem Ton seinen Song „Das alte Klavier“ ankündigt, dann kommt eben keine Erinnerung an ein in die Jahre gekommenes Tasteninstrument, sondern eine lockere Jazz-Nummer, in der Schneider lediglich ein paar Mal „Das alte Klavier“ ruft. Das kann man witzig finden oder auch nicht, aber es swingt ungemein.
Auf der Bühne sieht es aus, als hätte Schneider uns in seinen Probenkeller eingeladen. Neben Flügel und E-Piano stehen oder liegen Schlagzeug, Bass, Saxophon, Trompete Vibraphon und E-Gitarre herum. Da neben Giampietro kein anderer Musiker auf der Bühne ist, muss und darf Helge Schneider mit allem herumspielen, was Töne erzeugt.
In bester Tradition eines Musik-Clowns
Das macht er in bester Tradition eines Musik-Clowns. Zunächst einmal tut er so, als könne er mit dem Instrument wenig anfangen, karikiert vielleicht mal das Auftreten eines machohaften Gitarristen oder den verrauchten Ton einen Jazz-Saxophonisten. Aber man merkt immer schnell, dass da ein hochmusikalischer Kopf mit einem perfekten Timing am Werk ist.
Schneider mag schon mal funkelnder und sprühender bei seinen Auftritten gewesen sein, aber in der Mercatorhalle wirkt er ungemein lässig. So, als sei er mal eben beim Mülheimer Wasserbahnhof in die Straßenbahn gestiegen und zum König-Heinrich-Platz gefahren, um dann ein paar Freunden einen netten Abend zu machen.
Loblied auf den lokalen ayurvedischen Massagesalon mit Familientag
Ganz ohne Musik geht an diesem Abend fast nichts. Auch als Schneider im Tonfall eines provinziellen Werbesprechers beginnt, das Loblied auf den lokalen ayurvedischen Massagesalon mit Familientag zu singen, begleitet er sich auf dem Daumenklavier. Und wo findet man dieses wundersame Wellness-Institut? Direkt gegenüber vom China-Restaurant „Deutsches Haus“ mit „Schnitzeltag“.
Natürlich gab es auch Schneiders Markenzeichen, das „Katzeklo“, zu hören. Gesungen wurde das Original diesmal allerdings im Wesentlichen von Teekoch Bodo, während Schneider dazu improvisierte und auch mal ein Spiritual anstimmt. So erfüllt man Erwartungen und spielt zugleich damit.
Nach knapp zwei Stunden läutet er das Finale mit einigen Zugaben ein. Am Ende kommt er noch mal auf die Bühne. Eine Banane mümmelnd setzt er sich an den Flügel, aber es kommt keine Musik mehr. Er verabschiedet sich und wünscht Gesundheit – ganz ernsthaft und unironisch.
>> HELGE SCHNEIDER WAR MITGLIED DER DUISBURGER BAND „BRÖSELMASCHINE“
- Wenn Helge Schneider in der Mercatorhalle spielt, kommt er damit in die Nähe zumindest einer der Wurzeln seines Erfolges.
- Nicht nur, weil der 1955 in Mülheim geborene Künstler in Duisburg zwei Semester am Konservatorium Klavier studierte. Ab 1977 war er Mitglied der bundesweit erfolgreichen Duisburger Band „Bröselmaschine“ und im autonomen Kulturzentrum „Eschhaus“ an der Niederstraße hatte er erste Auftritte.
- Aus diesen Anfängen entwickelte sich seine Karriere fast explosionsartig und Schneider machte sich als Komiker, Musiker, Schauspieler, Film- und Buchautor einen Namen.