Essen. Mottek, Mattka und Maloche sind reif für den Duden: Sigi Domke hat ein Ruhrdeutsch-Buch geschrieben, mit ein bisschen Hilfe von Herbert Knebel.

An Büchern über die Ruhrgebietssprache herrscht kein Mangel. Allmählich verfestigt sich sogar der Eindruck, dass es mit den Ruhrgebietssprachbüchern so ist wie mit der Ruhrgebiets-Identität: Die ist ja auch in dem Maße gewachsen, in dem die früher so prägende Kohle- und Stahlindustrie darniederging. Und je weniger das Ruhrdeutsch im Alltag noch zu hören ist, desto mehr Bücher erscheinen darüber.

Jedenfalls ist das altbewährte „Hömma“ von Claus Sprick weiterhin als Taschenbuch lieferbar, ebenso wie „Mein lieber Kokoschinski!“ vom Germanistik-Professor Heinz H. Menge. Vor drei Jahren erschien bei der Wörterbuch-Schmiede Langenscheidt der „Ruhrpott für Anfänger“ mit der ganzen Kompetenz des Dortmunder Originals Bruno „Günna“ Knust.

Sigi Domke, der auch Revierkomödien schreibt und für Herbert Knebels Affentheater

Und nun erscheint bei der Konkurrenz im Dudenverlag das „Ruhrdeutsch“, verfasst vom einschlägig vorbelasteten Revierkomödien- und Affentheater-Texter Sigi Domke, mit ein bisschen Hilfe von Herbert Knebel, der schon darum zum Fachexperten taugt, weil er, anders als der Duden, Wörter wie „ab­dackeln“ kennt.

Auch Sigi Domke ist ganz auf der Höhe der Forschung, wenn er beschreibt, dass Ruhrdeutsch eigentlich kein Dialekt ist, sondern eine Mischung aus dem – hier westfälischen, da rheinischen – Niederdeutsch (allgemein als „Platt“ bekannt) und einem „verwaschenen Hochdeutsch“, das zur Verständigung bei der Arbeit schon wegen der vielen verschiedenen Einwanderer am besten zu taugen schien. Der Einfluss der Einwanderer-Sprachen im Ruhrdeutschen blieb meist auf wenige Begriffe beschränkt (beim Polnischen beschränkt es sich etwa auf die berühmten Ausnahme-Wörter „Mottek“ für Hammer und „Mattka“ für eine korpulente, in jeder Hinsicht behäbige Frau). Seine Nähe zum Hochdeutschen, die Verständlichkeit im Vergleich zu beinhartem Schwäbisch, Bairisch oder Sächsisch könnte sogar das Fundament des Erfolgs für Revierdeutsch als Komik-Zündstoff im TV und auf Bühnen von Adolf Tegtmeier bis Knebel & Co sein (mit Wilhelm Herbert Kochs „Kumpel Anton“ in der WAZ als Vorläufer).

Dialekt? Regiolekt? Mediolekt? Auf jeden Fall ein Mischling und ein bunter Hund

Für die Sprachwissenschaft, weiß auch Domke, ist Ruhrdeutsch kein Dia-, sondern ein Regiolekt. Herbert Knebel macht sogar einen pfiffigen „Mediolekt“ daraus. Domkes Buch behandelt die Sprache der Bergleute und feinstes Pseudoitalienisch wie „schickobello“, polnische Namen und ihre Eindeutschung, den Einfluss des Jiddischen („Maloche“, „meschugge“) und Rotwelschen, Schimpf- und Spaßwörter („Rubbeldikatz“) sowie Redewendungen. Man wird nicht viel schlauer, aber das auf unterhaltsame Art.