Wuppertal. Im Von der Heydt-Museum Wuppertal geht es um das Verhältnis der neuen Künste im 19. Jahrhundert. 80 Fotografien und 20 Gemälde sind zu sehen.

Wie schön ist Claude Monets „Blick auf das Meer“! Das Licht, die Farben, man sieht sich gar nicht satt. Gleich daneben zeigt die Fotografie, was sie im 19. Jahrhundert schon konnte: Sie hält die Sonne über dem Ozean fest. Wellen brechen auf hoher See, Gischt spritzt, Blitze tanzen. Naturschauspiele wie diese setzt die Schau „Eine neue Kunst. Fotografie und Impressionismus“ ab Sonntag im Von der Heydt-Museum Wuppertal in Szene. Ein Fest für die Augen, Balsam für die krisengeschüttelte Seele.

Mit der Industrialisierung brachen im 19. Jahrhundert moderne Zeiten an. 1839 kam auch im Bereich der Kunst ein neues Medium dazu: die Fotografie. Bald entwickelte sich eine Konkurrenz mit den Malern der Zeit, den Impressionisten, die sich ebenfalls der Darstellung von Stimmungen und Momentaufnahmen widmeten.

Ulrich Pohlmann, Leiter der Sammlung Fotografie am Münchner Stadtmuseum, der die Schau mit Anna Baumberger kuratiert hat, sprach von einer „wechselseitigen Emanzipation, einem produktiven Wettstreit“, spätestens seit den 1850er-Jahren. Maler nutzten Fotografien als Vorlagen, Fotografen blickten auf die Bildkompositionen der Maler. Im Gegensatz zu ihnen musste sich die neue Zunft aber erst darum bemühen, als Künstler überhaupt anerkannt zu werden. Zu Unrecht, wie der Rundgang zeigt.

Rund 80 wertvolle Fotografien sind in Wuppertal zu sehen

Rund 80 Fotografien werden vorgestellt, alles Unikate, wertvolle Leihgaben, darunter Werke von Gustave Le Gray, Eugène Cuvelier, Louise Deglane, August Kotzsch und Heinrich Kühn. Aber auch die Liste der Impressionisten – 20 hängen in der Ausstellung, außerdem gibt es einen zusätzlichen Gemälde-Raum – kann sich sehen lassen. Claude Monet, Camille Pissarro, Auguste Renoir, Alfred Sisley, Max Slevogt und Karl Liebermann sind dabei. Bei der Präsentation erinnerte Museumsdirektor Roland Mönig daran, dass das Wuppertaler Museum bereits nach seiner Eröffnung 1902 Impressionisten gesammelt und ausgestellt habe. Damals war das Avantgarde.

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Der Rundgang ist in sechs Kapitel unterteilt, von „Majestätische Weite – Himmel und Meer“, wo Gustave Le Grays spektakulär-schöne Seestücke zu sehen sind, bis zu den Anfängen der Farbfotografie durch Edeldruckverfahren oder nachträgliche Kolorierungen. Doch erst geht es ins Zentrum der Moderne, nach Paris, wo der Fotograf Édouard Baldus als Chronist wirkte: Sein gestochen scharfes Bild „Paris, Blick auf die Pont d’Arcole und das Hôtel de Ville“ (um 1860) wurde neben Paul Signacs malerischen Stadtansichten platziert. Voilà: „Notre Dame, die Insel Saint-Louis, vom Quai de la Tournelle aus gesehen, bei Sonnenlicht“ (1885).

Louise Deglane fotografierte diesen Strand mit Booten im Seebad Étretat im Jahr 1907.
Louise Deglane fotografierte diesen Strand mit Booten im Seebad Étretat im Jahr 1907. © Société française de photographie, Paris | Société française de photographie, Paris

Aber vor allem war es die Natur, die die Künstler anzog. Reisen mit der Eisenbahn ins Umland oder ans Meer wurden mit dem Fortschritt möglich. Hier spürten Fotografen „Wanderer unter Zweigen“ (Heinrich Kühn, um 1915) und „Einen Mann in einem Rosengarten“ (Louise Deglane, nach 1907) auf – oder auch manchen Kollegen: Henry Peach Robinson hielt Ende des 19. Jahrhunderts einen Maler fest, der umgeben von Zuschauern an einer Staffelei im Grünen arbeitet.

Viele Fotografien sind von Gemälden kaum zu unterscheiden

Viele Landschaftsbilder wurden geschaffen, teils sind sie von Gemälden kaum zu unterscheiden. Im Zuge des „Piktorialismus“ entstanden durch eine umfassende Bearbeitung malerische Lichtbilder, etwa Adolphe de Meyers „Seerosen“ (um 1906), die zerbrechlich wirken wie Glas. Zu diesen Werken zählt auch die winterliche Stimmung, die Gustav Eberhard Bernhard Trinks 1902 inszeniert. Spätestens Arbeiten wie seine „Farbigen Schatten“ beweisen: die Fotografie brauchte sich als eigenständige Kunstform nicht mehr zu verstecken.

>>> Die Ausstellung und der Katalog <<<

Die Ausstellung, eine Kooperation mit dem Museum Barberini in Potsdam, ist bis zum 8. Januar im Von der Heydt-Museum Wuppertal zu sehen (Turmhof 8). Öffnungszeiten sind Di. - So. 11 bis 18 und Do. bis 20 Uhr. Der Eintritt kostet zwölf Euro (ermäßigt zehn Euro).

Es erscheint ein umfangreicher Katalog mit Beiträgen von Ulrich Pohlmann, Monika Faber, Dominique de Font-Réaulx, Matthias Krüger, Esther Ruelfs und Bernd Stiegler (Prestel Verlag, München, Museumsausgabe 34 Euro)