Essen. Víkingur Ólafsson brillierte zum Auftakt seines Künstlerporträts in Essen – und das Royal Concertgebouworkest unter Alain Altinoglu.

Das Konzert hätte allein schon mit dem Royal Concertgebouw, in dieser Saison Residenz-Orchester der Essener Philharmonie, die Zuhörer glücklich gemacht. Ebenso war es aber auch der Auftakt für Víkingur Ólafsson, dem man hier derzeit ein repräsentatives Künstlerportrait widmet. Der isländische Starpianist zeigte sich dabei gleich in mehreren Facetten.

Als Solist spielte er das Klavierkonzert von Grieg, welches nicht passen wollte zu dem umgebenden orchestralen Feuerwerk, das Alain Altinoglu am Pult des niederländischen Weltspitzenorchesters direkt vorher mit John Adams‘ effektvollem „Short Ride in a fast Machine“ zu zünden begann. Zumal Ólafsson seinen Part bereits in den anspringenden Akkordkaskaden zu Beginn betont poetisch und von innerer Ruhe getragen anging – mit nordischem Temperament könnte man sagen, wollte man das Klischee bedienen. Jedenfalls ist der 38-Jährige der Gegenentwurf zum draufgängerischen Gipfelstürmer, misstraut der äußerlichen pianistischen Bravourgeste.

Philip Glass, Mozart, Rameau, Brahms und Bartók

Glasklar in der Anschlagskultur formt er die einzelne Phrase delikat wie unter der Lupe. Pianistische Feinkost, bei der die Zeit – freilich auch für den Atem der dramaturgischen Linien – stillsteht. Wer nach dem Konzert noch eine Stunde lang seinen epochenspringenden „Late night reflections“ in Wort und Ton lauschte, erfuhr viel über seine Liebe zu Mozart, Rameau und Philip Glass oder erlebte als Kurzfilm ein Bach-Präludium in der isländischen Fischfabrik. Der Mann kennt keine Berührungsängste.

Den dritten, ihren eigenen Residenzkünstler präsentierten die Amsterdamer in einem „Dance Mosaic“ mit dem überragenden schwedischen Klarinettisten Martin Fröst, der für Brahms, Bartók und eigene Tänze alles aus der Röhre holte, was in ihr steckt – umwerfend virtuos, energiegeladen, klezmernd.

Kaum zu toppen – und doch setzte das Concertgebouw mit Bernsteins Sinfonischen Tänzen aus der „West Side Story“ noch eins drauf: brillant im Klangbild mit exquisiten Soli und von Altinoglu zwischen Tumult und Sternenhimmel souverän ausgesteuert. Ein verheißungsvoller Abend!