Duisburg. Triumphe in der Klassik sind auch heute noch ohne Show möglich: Víkingur Ólafsson eröffnete in Duisburg heftig umjubelt das Klavierfestival Ruhr.

Mit einem ungewöhnlich stillen, über weite Strecken geradezu introvertierten Auftritt des isländischen Pianisten Víkingur Ólafsson startete das Klavier-Festival Ruhr in der gut besuchten Duisburger Mercatorhalle seinen diesjährigen Konzertreigen. Bis zum 18. Mai sind 63 Konzerte in 24 Städten des Reviers vorgesehen, unter möglichst „normalen“ Bedingungen präsentieren wollen. Lediglich die Maskenpflicht am Platz bleibt.

Dass in der auf wenige, nicht selten effekthaschende Stars schielenden Klassik-Szene auch Persönlichkeiten wie der 38-jährige Ólafsson zu Ruhm kommen können, nährt die Hoffnung, dass das Publikum auch Künstler wahrnimmt, die ihr Können ohne eitles Blendwerk in den Dienst der Musik stellen.

Ein Auftakt der besonderen Art: Víkingur Ólafsson eröffnet Klavierfestival Ruhr

Es spricht für Ólafsson, dass er seine erste Zugabe mit Lied-Transkriptionen Béla Bartóks dem kürzlich verstorbenen, ähnlich kreativen und seriösen Pianisten Radu Lupu widmete. Ólafssons letztes CD-Recital mit Musik von Mozart und einigen seiner Zeitgenossen stieß auf ein beachtliches Echo. Er präsentierte das Programm erstmals live auf dem Konzertpodium. Es sind vor allem in sich gekehrte, dunkel gefärbte Werke aus Mozarts riesigem Repertoire, die der Pianist mit ähnlich gestimmten Werken von Zeitgenossen wie Galuppi, Cimarosa, Haydn und C.Ph.E. Bach klug kombinierte. Komponisten, die Mozart beeinflusst haben. Und wenn Ólafsson mit der „Sonata facile“ KV 545 einmal hellere Töne anstimmt, dann mit der Absicht, es von seinem Kinder-Image zu erlösen.

Mit feinen dynamischen Abstufungen und einer profiliert ausgefeilten Phrasierung ließ er hören, dass es sich um ein reifes Spätwerk handelt. Beeindruckend, mit welcher Flexibilität er die stilistisch unterschiedlichen Nuancen der 14 ausgewählten Werke zum Ausdruck brachte. Und zwar weitgehend ohne gestalterische Extravaganzen, auf die er angesichts seines Stilgefühls und seiner differenzierten Anschlagskultur bedenkenlos verzichten kann. Allerdings sollte Ólafsson darauf achten, die Tempi in besonders ernst gestimmten Werken Mozarts wie der Fantasie in d-Moll, dem Adagio KV 457 oder der eigenen Transkription des Adagios aus dem Streichquartett KV 516 zu stark einzufrieren und den Trauerflor klanglich noch schwärzer einzufärben. Es wäre schade, wenn er sich auf manieristische Abwege verirren würde

Dem unlängst verstorbenen Radu Lupu widmete Víkingur Ólafsson eine Zugabe

Ólafssons Mozart-Album bietet eine Delikatesse für musikalische Feinschmecker. Dass sich das Programm auch im Konzertsaal als tragfähig behaupten kann, bewiesen die Standing Ovations, mit denen das Publikum den Pianisten selbst nach zweieinhalb Stunden nicht von der Bühne lassen wollte. Dennoch wäre es sinnvoll, auf dem Live-Podium als Orientierungsmarke Mozarts dynamisch weitgespannter Sonate in c-Moll KV 457 ein weiteres größeres Werk an die Seite zu stellen, um der Folge von 14 überwiegend kleineren Werken strukturelle Stabilität und Übersicht zu geben.

Karten und Infos: www.klavierfestival.de.