Essen. Der Literaturpreis Ruhr wird am 15. September verliehen. Im Rennen sind Annika Büsing, Andreas Fischer, Felix Janosa, Hilmar Klute und Jan Weiler
Die fünf Bücher, die in diesem Jahr um den Literaturpreis Ruhr konkurrieren, stehen fest. Die Jury wählte sie aus 53 Vorschlägen aus. Der Preis wird am 15. September in der Wittener „Werkstadt“ mit einer Gala verliehen.
Es sind extrem unterschiedliche Kandidaten – mit unterschiedlichen Chancen. Die Bochumerin Annika Büsing mit ihrem Debüt-Roman „Nordstadt“, das kaum einen Leser, kaum eine Leserin unbeeindruckt ließ, steht zwar wegen der alphabetischen Ordnung zufällig an erster Stelle, dürfte aber zu den Favoriten des diesjährigen Rennens gehören. Den allseits gelobten Roman über ein sehr spezielles jugendliches Liebespaar mit ruppigen Herzensregungen, das zueinander nicht kommen kann, lässt der Steidl Verlag schon in die dritte Auflage gehen.
Chancen ausrechnen kann sich vielleicht auch Hilmar Klute, der bereits 2019 mit seinem ersten Roman „Was dann nachher so schön fliegt“ gut im Rennen um den Literaturpreis lag (den dann Enis Maci bekam). Sein wiederum eigensinnig betitelter Roman „Die schweigsamen Affen der Dinge“ dreht sich um die Rückkehr eines mehr oder minder erfolglosen Kulturjournalisten ins Ruhrgebiet – der Vater ist gestorben und soll in Recklinghausen beerdigt werden. Durch einen Freund seines Vaters und eine Reise nach Korsika erfährt der Sohn, dass er sich ein schiefes Bild gemacht hatte. „Ein originelles Stück Gegenwartsliteratur“, wie es in dieser Zeitung hieß, wenn auch mit kleinen Schwächen.
Jan Weiler mit dem „Markisenmann“ und Jörg Hilberts „Coco Stolperbein“
Der bekannteste unter den fünf Autoren, Jan Weiler, dürfte unter seinem Promi-Status vielleicht eher zu leiden haben – seine „Markisenmann“-Geschichte, die am Duisburger Rhein-Herne-Kanal spielt und eine jugendliche Wohlstandsverwahrloste zur Heldin hat, ist jedenfalls originell und liebevoll erzählt, vielleicht schon zu sehr auf eine Verfilmung hin geschrieben, aber mit einem wachen Blick für authentische Revier-Details.
Jörg Hilbert hätte den Literaturpreis Ruhr allein schon für seine gesamten „Ritter Rost“-Kinderbücher längst verdient gehabt – wie er listig in den Abenteuern das Mittelalter mit der Rostmoderne verbindet, hat nicht nur zeichnerischen Witz. Unter den Kinderbuchautoren eine Legende, ein Riese – aber ob „Coco Stolperbein“ den Erfolg bringen wird? Ins Haus von Herrn Wichtig und Frau Richtig zieht die leicht anarchisch veranlagte Coco mit der Familie Stolperbein ein – ein Vorlesespaß, in Knittelversen gereimt, mit einfachen Zeichnungen für Kinder ab drei Jahren.
Wie aber der in Berlin lebende, aus dem Rheinland stammende Dokumentarfilmer Andreas Fischer auf die Liste kam, ist einigermaßen rätselhaft – sein Kriegsenkel-Roman „Die Königin von Troisdorf“ spielt eben dort und auch in der Ukraine, wo der Onkel des Erzählers vom „Endsieg“ profitieren wollte, aber 1941 bei einem Bombenangriff ums Leben kam. Eine Chronik der Nachkriegsjahre mit all ihrer Enge, ihren Verdrängungen und Beschädigungen – wie sie wohl auch im Ruhrgebiet so waren, hier aber im Rheinland geschildert werden.