Essen. In David Leitchs „Bullet Train“ treffen die Auftragskiller in einem Hochgeschwindigkeitszug aufeinander. Eine Action-Komödie wie bei Tarantino.
Auftragskiller sind auch nur Menschen. Ladybug jedenfalls ist vom Pech verfolgt. Erst wird er fast vom Laster überfahren. Dann ist der Schlüssel zum Schließfach mit den Waffen weg. Und als er angerempelt wird, verliert er auch noch sein Ticket.
Denkbar schlechte Voraussetzungen für den Job im Hochgeschwindigkeitszug Shinkansen. Und ein Omen für das, was folgt: ein rasant gefilmter, durchgeknallter Höllentrip durch Japan, bei dem – grob geschätzt – über ein Dutzend Leute ausgiebig ihr Leben lassen.
Der Roman „Bullet Train“ ist eine Steilvorlage fürs Kino
Kotaro Isakas Roman „Bullet Train“ ist eine Steilvorlage fürs Kino – nun hat Regisseur David Leitch („Deadpool 2“) die Gangster-Komödie für die Leinwand in Szene gesetzt. Herausgekommen ist ein zweistündiges Adrenalin-Spektakel mit groovigem Disco-Sound, irrwitzigen Dialogen, blutrünstigen Schlachten – und einem gut aufgelegten Brad Pitt in der Hauptrolle.
Der Erfolgsroman des japanischen Autors spielt fast ausschließlich in einem Shinkansen, der mit 500 Stundenkilometern durchs Land der aufgehenden Sonne rast. Ein Kammerspiel also, versehen mit Rückblenden in die Vergangenheit der schrägen Typen, die hier zwischen Ruhezone und Manga-Kinderzerstreuung wieder aufeinandertreffen.
Brad Pitt als Auftragskiller Ladybug sehnt sich nach Ruhe
Im Kino ist eine pralle Action-Komödie daraus geworden, die von ihrer Machart und ihrer ausufernden Meuchellust her an die Filme von Quentin Tarantino erinnert, vielleicht ein wenig an „Speed“. Konsequenterweise taucht am Ende auch Sandra Bullock auf, als Auftraggeberin Maria.
Mit der Kamera geht es quer durch Tokio. Ladybug ist auf dem Weg zum Bahnhof. Seinen Job als Killer ist er leid, viel zu nervenaufreibend. Ladybug, ein herrlich abgehalfterter Brad Pitt mit schwarzer Hornbrille und Schlapphut, sehnt sich nach Zen-Buddhismus und innerem Frieden. Zumal ihm das Pech im Nacken sitzt, für ihn nur ein anderer Name für Schicksal. Dabei ist sein Auftrag vergleichsweise einfach. Er soll einen Koffer mit Geld aus dem Zug holen und an der nächsten Station wieder aussteigen.
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Man ahnt: Daraus wird nichts. Weil es in und zwischen den 16 Abteilen vor kuriosen Gangstern mit ebenso kuriosen Aufträgen nur so wimmelt, die sich gegenseitig abschlachten.
Ein Koffer mit zehn Millionen Dollar Lösegeld verschwindet
Eine schräge Mannschaft ist hier versammelt, mehr oder minder frei nach dem Roman. Als da wären: das Killer-Duo Lemon und Tangerine (Brian Tyree Henry, Aaron Taylor-Johnson), das den Sohn Minegishis, Boss der japanischen Unterwelt, und einen Koffer mit zehn Millionen Dollar zurück zum gefürchteten Vater transportieren soll. Der Killer „Wolf“ (Bad Bunny), der den Mörder seiner Frau sucht.
Die „Wespe“ (Zazie Beetz), eine Giftmörderin. Der „Prinz“ (Joey King), hier ein junges verstörtes Mädchen, das den Tod Minegishis will. Und Kimura (Andrew Koji), dessen Sohn Opfer eines Mordanschlags wurde. Auch ihn dürstet nach Rache. Am Ende wird Minegishi (Michael Shannon), den alle nur den „Weißen Tod“ nennen, den Bullet Train mit seinen Killern an der Endstation erwarten.
Wer Action nach Art von Tarantino liebt, wird auf seine Kosten kommen
Vorher geht es drunter und drüber. Der Geldkoffer verschwindet. Der Sohn des Gangsterbosses ist plötzlich tot und muss optisch am Leben erhalten werden. Eine Schlange bricht aus und kriecht umher. Diverse Geiseln werden genommen. Und Lemon und Tangerine diskutieren über „Thomas, die kleine Lokomotive“, die für Lemon alle Weisheit der Erde bündelt.
Nun ist das alles etwas viel und der rote Faden auch nach der Auflösung arg verschlungen, was dazu führt, dass der Bullet Train trotz atemberaubendem Tempo und Schnitten inhaltlich nicht recht an Fahrt gewinnen will.
Wer Action à la Tarantino liebt, wird auf seine Kosten kommen. Für alle anderen ist ein Zustieg nur bedingt empfehlenswert.