Religion, Abenteuer und Versöhnung in „Nicht ganz koscher“, ein Bulle aus Bayern im „Guglhupfgeschwader“ und missglücktes Star-Kino a la France.
„Nicht ganz koscher“
Wie das Leben so spielt: Ben (Luzer Twersky), ein orthodoxer Jude aus New York, wird von Jerusalem nach Alexandria beordert. Dort benötigt die jüdische Gemeinde dringend einen zehnten Mann fürs Passah-Fest; kommt die Person nicht pünktlich, droht die unweigerliche Auflösung der Gemeinde. Leider verpasst Ben zunächst das Flugzeug, später muss er mitten in der Wüste Sinai – aus demokratischen Gründen – den Bus verlassen. Der Beduine Adel (Hitham Omari), auf der Suche nach seinem entlaufenen Kamel, nimmt Ben in seinem Pick-up mit. Als dem Wagen das Wasser ausgeht, gehen die Männer den Weg zur rettenden Wasserstelle zu Fuß.
Es braucht schon einiges Gottvertrauen, im Jahre 2011 ein Drehbuch mit dem Deutschen Filmpreis auszuzeichnen, wenn der dazugehörige Film erst 2019 gedreht wird und drei weitere Jahre später nun in die Kinos kommt. Weit weniger kabarettistisch nimmt sich der Humor der von Stefan Sarazin und Peter Keller geschriebenen und inszenierten „Göttlichen Komödie“ (Beititel) aus. Nach einigen temperamentvoll karikaturesken Szenen (der Streit, ob Ben im arabischen Bus mitfahren darf) entwickelt der Film sich zusehends in Richtung Freundschaftsgeschichte im knusprigen Mantel eines an Camus gemahnenden modernen Abenteuers mit existenziellen Gefahrenmomenten. Immer wieder entwickeln sich dabei Reibungsflächen zwischen dem versponnen erscheinenden Glauben des erzkonservativ erzogenen Juden und dem im Vergleich dazu eher pragmatisch erscheinenden islamischen Ansatz. Dass auch noch Christen ins Spiel kommen, komplettiert die spirituelle Gemengelage im Nahen Osten, die sich aber zumindest in diesem Film zu einer höchst tauglichen Vorstellung von Menschlichkeit addieren. Auch wenn der Schluss etwas viel Zucker streut, man verlässt den Film in sehr guter Stimmung.
„Guglhupfgeschwader“
Franz Eberhofer, Provinzpolizist mit Tendenz zu maximaler Konfliktvermeidung, muss aber doch ermitteln, als der Inhaber einer Lotto-Toto-Annahmestelle einem Sprengstoffanschlag zum Opfer fällt. Ein Lotto-Los und ein junger Mann, der nicht die hellste Kerze im Regal darstellt, verkomplizieren die Lage – seine Freundin Susi, sein Kumpel Birnberger und ein rivalisierender Dorfsheriff sowieso.
Der mittlerweile achte Krimispaß nach den Romanen von Rita Falk präsentiert sich mit spürbar ansteigender Formkurve in allen Belangen. Das zentrale Trio Sebastian Bezzel, Simon Schwarz und Lisa Maria Potthoff und alle Co-Akteure agieren launig im Wechselspiel aus Dorfposse und Mordsspaß, es gibt wieder ein schlüpfriges Musikvideo und am Ende sogar ein Actionfinale a la Robert Rodriguez. Kaum zu glauben, dass das ursprünglich nur als Deutsch-Fargo fürs Fernsehen konzipiert war und dass es (für die ersten vier Filme nur in Süddeutschland) nur darum ins Kino kam, weil es so gut besetzt und gut gemacht war. Mittlerweile kommen die Filme beim Publikum immer besser an. Manchmal passt es halt.
„Warten auf Bojangles“
Es ist Liebe auf den ersten Blick, als der freche Hochstapler Georges 1957 an der Cote d’Azur auf die schillernd überdrehte Camille trifft. Die beiden werden ein Paar, finden einen reichen Gönner, ziehen einen Sohn groß und genießen die Leichtigkeit des Lebens. Dann eskalieren Camilles Stimmungen, sie wird als manisch-depressiv diagnostiziert und in eine Anstalt eingewiesen. Vater und Sohn mögen sich nicht damit abfinden.
Olivier Bourdeauts gleichnamige Vorlage, auch in dieser Zeitung hoch gelobt, erfährt eine Verfilmung, welche die Buchstaben des Romans in bonbonbunte Bewegtbilder mit Tendenz zu quietschiger Hyperventilation übersetzt. Der einmal mehr ausufernd theatralische Romain Duris und die zur versierten Charakterdarstellerin gereifte Leinwandschönheit Virginie Efira markieren über eine Stunde lang gute Laune und Lebenslust bis zum Überdruss. Wenn es dann dramatisch wird, ist es fast eine Erholung, aber dann wird auch hier zu dick aufgetragen. Regisseur Regis Roinsard („Mademoiselle Populaire“) fehlt jegliches Talent für leise Töne und Nuancierung.