Kassel. Der Antisemitismus-Skandal hat Folgen. Documenta-Generaldirektorin Sabine Schormann legt ihr Amt nieder. Aufarbeitung soll folgen.

Der Antisemitismus-Eklat auf der Documenta hat personelle Konsequenzen: Die Generaldirektorin der Weltkunstausstellung in Kassel, Sabine Schormann, wird abberufen. Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) begrüßte die Entscheidung des Aufsichtsrats, der Antisemitismus-Beauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, nannte den Schritt überfällig. Der Zentralrat der Juden erklärte: „Das Problem mit dieser Documenta ist mit dem Rücktritt Schormanns nicht ausgestanden.“

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Nach einer Krisensitzung des Documenta-Aufsichtsrats erklärten der Vorsitzende, Kassels Oberbürgermeister Christian Geselle (SPD), und Hessens Kunstministerin Angela Dorn (Grüne) am Samstag, man habe einvernehmlich mit Schormann beschlossen, ihren Geschäftsführervertrag kurzfristig aufzulösen. Die Präsentation des Bildes „People’s Justice“ des indonesischen Künstlerkollektivs Taring Padi mit seiner antisemitischen Bildsprache stelle eine „klare Grenzüberschreitung“ dar.

Jetzt soll die Wissenschaft bei der Sichtung der Kunstwerke helfen

Die Vorgänge müssten aufgeklärt werden, „um weiteren Schaden für die Documenta abzuwenden“, betonten die Gesellschafter. Weiteren Hinweisen auf „mögliche antisemitische Bildsprache und Beförderung von israel-bezogenem Antisemitismus“ auf der Ausstellung solle unter Hinzuziehung von Wissenschaftlern nachgegangen werden. Für die Schormann-Nachfolge werde nach einer Interimslösung gesucht.

Ein Werk mit Folgen. Hier bauen Documenta-Mitarbeiter das scharf kritisierte Großbanner „People's Justice“ ab. Zuvor war die Installation des indonesischen Künstlerkollektivs Taring Padi lediglich verhüllt worden. .
Ein Werk mit Folgen. Hier bauen Documenta-Mitarbeiter das scharf kritisierte Großbanner „People's Justice“ ab. Zuvor war die Installation des indonesischen Künstlerkollektivs Taring Padi lediglich verhüllt worden. . © dpa | Uwe Zucchi

Kulturstaatsministerin Roth sagte der „Frankfurter Rundschau“: „Es ist richtig und notwendig, dass nun die Aufarbeitung erfolgen kann, wie es zur Ausstellung antisemitischer Bildsprache kommen konnte sowie die nötigen Konsequenzen für die Kunstausstellung zu ziehen“. Klein erklärte laut „Bild am Sonntag“: „Nach dem verheerenden Umgang mit den Antisemitismusvorwürfen bei der Documenta und dem vollständigen Verlust ihrer Glaubwürdigkeit war der Rücktritt von Frau Schormann überfällig.“

Weitere personelle Konsequenzen gefordert: „Es sind noch sehr viele Schritte zu gehen“

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Zugleich wurden Stimmen laut, die weitere personelle Konsequenzen forderten. Der Präsident des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, betonte auf Twitter: „Es sind noch viele, sehr viele Schritte zu gehen.“ Der Grünen-Politiker und Präsident der Deutsch-Israelischen Gesellschaft, Volker Beck, legte dem Documenta-Aufsichtsrat den Rücktritt nahe.

Das Wimmelbild „People’s Justice“, auf dem antisemitische Darstellungen zu sehen waren, war wenige Tage nach der Eröffnung erst mit Tüchern verhängt und kurz darauf ganz entfernt worden. Der Vorfall und auch das anschließende Verhalten Schormanns lösten massive Kritik aus. Zuletzt hatte sich Kulturstaatsministerin Roth deutlich von ihr distanziert. Unter anderem forderten auch die jüdischen Gemeinden in Hessen Schormanns Rücktritt. Schormann war seit 2018 Generaldirektorin.