Aachen. Ein künstliches Gelenk: Viele Arthrose-Patienten gewinnen damit wieder an Lebensqualität. Vor einem Eingriff haben aber viele Angst - und nicht immer ist er sinnvoll. Beratungsangebote in Zweitmeinungszentren großer Kliniken helfen Betroffenen, das Für und Wider abzuwägen.

Das Knie tut weh. Oder die Hüfte. Von einer Arthrose sind meist ältere Menschen betroffen, denn Arthrose ist eine Verschleißerscheinung im Gelenk. Wenn schmerz- und entzündungshemmende Medikamente und andere Behandlungen wie Physiotherapie nicht mehr greifen, steht die Frage im Raum: Künstliches Gelenk, ja oder nein?

Ausschlaggebend bei der Entscheidung für oder gegen den Einsatz einer Gelenkprothese sei die individuelle Situation des Patienten, sagt Thomas Pauly. Er ist Vorstandsmitglied im Deutschen Orthopäden-Verband in Saarbrücken. Auch bei vergleichbarem Befund sei der Leidensdruck der Patienten häufig sehr unterschiedlich.

Auch Prof. Markus Tingart, Direktor der Orthopädischen Klinik des Universitätsklinikums Aachen, betont: "Es wird nicht das Röntgenbild operiert." Entscheidend seien die Beschwerden des Betroffenen. Je nach persönlicher Schmerzempfindlichkeit könne es "frappierende Unterschiede" geben.

Eine Operation kommt nicht für jeden in Frage

Wenn die Lebensqualität sehr eingeschränkt ist, die Schmerzen auch nachts und nach Ruhephasen auftreten und der Betroffene seit längerer Zeit Schmerzmittel nimmt: All dies seien Gründe für einen Gelenkersatz, sagt Tingart. Die Erfolgschancen seien sehr gut. Normalerweise sind die Betroffenen nach dem Eingriff schmerzfrei.

Das geht natürlich nicht von heute auf morgen. Nach der Operation und einem sieben- bis achttägigen Krankenhausaufenthalt müssen Patienten etwa sechs Wochen lang Gehstützen benutzen. Außerdem kommt auf sie zehn bis zwölf Wochen lang intensives Muskeltraining zu.

Doch selbst wenn der Leidensdruck hoch ist: Eine Operation kommt nicht für jeden gleichermaßen infrage. Übergewicht, Wundheilungsstörungen oder Herzkreislauf-Probleme sprächen dagegen, sagt Pauly. Risiken und Nutzen müssen individuell abgewogen werden.

Beweglichkeit und Kraft möglichst lang erhalten

Wer sich gegen eine Operation entscheidet oder diese noch hinausschieben möchte, sollte trotzdem in Bewegung bleiben. Es sei wichtig, Beweglichkeit und Kraft solange wie möglich zu erhalten, sagt Pauly. Wer beim Laufen starke Knieschmerzen habe, kann vielleicht noch Radfahren. Bei Hüftproblemen sind häufig gymnastische Übungen im Wasser möglich.

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350.000 bis 400.000 Knie- und Hüftgelenksprothesen werden in Deutschland jährlich eingesetzt - Tendenz steigend. Bei allen Fragen rund um Diagnose, Behandlung oder Wahl der richtigen Klinik kann neben dem Hausarzt oder Orthopäden auch die Unabhängige Patientenberatung Deutschland (UPD) helfen.

Wer im Gespräch mit dem Arzt etwas nicht verstanden hat oder sonstige Unterstützung in einer medizinischen oder medizinrechtlichen Frage braucht, kann sich telefonisch oder vor Ort kostenlos an eine der 21 Beratungsstellen in Deutschland wenden. Darauf weist Stefan Palmowski hin, Diplom-Pflegewissenschaftler und Patientenberater in Dortmund.

Zweitmeinungszentren unterstützen Patienten

Unterstützung bei der Entscheidung finden Patienten außerdem in den sogenannten Zweitmeinungszentren großer Kliniken. Die orthopädische Klinik Aachen, an der auch ein Europäisches Endoprothetik-Zentrum angesiedelt ist, prüft beispielsweise Alternativen sowie das Für und Wider des Eingriffs.

Zertifizierte Endoprothetik-Zentren müssen bestimmte Qualitätskriterien erfüllen und arbeiten nach einheitlichen Standards. Operationen werden dort mit modernen Methoden und nur von erfahrenen Spezialisten vorgenommen. (dpa)