Berlin. Viele Privatversicherte kümmern sich nur wenig um das Kleingedruckte ihrer Police. Wenn die Versicherung in einem Fall nicht zahlt, ist der Ärger groß. Doch manchmal lassen sich die Unternehmen auch umstimmen. Ein Ombudsmann hilft den Versicherten und ihnen Klarheit über ihre Rechte verschaffen.
Für welche Fälle ist man als Privatpatient eigentlich genau geschützt? Knapp 9 Millionen Versicherte haben vollen Schutz bei Krankheit, mehr als 9 Millionen sind privat pflegeversichert und gut 23 Millionen Menschen haben Zusatzversicherungen - doch viele wissen keineswegs genau, was ihre Police umfasst. Und damit können die Probleme schon anfangen, wie aus dem neuen Bericht des Ombudsmanns für die private Krankenversicherung (PKV) hervorgeht. Tausende beschweren sich bei ihm jedes Jahr.
Helmut Müller weiß, wovon er als PKV-Ombudsmann spricht. Eigentlich hat er das Amt Ende vergangenen Jahres abgegeben, aber seinen letzten Jahresbericht über die Beschwerden der Privatversicherten hat er erst jetzt fertiggeschrieben. 35 Jahre hatte er zuvor bei der obersten Versicherungsaufsicht, der heutigen Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, gearbeitet, lange als Präsident. An den informierten Versicherten, so viel macht der Fachmann deutlich, glaubt er nicht: Die Versicherungsprodukte seien kompliziert - und selbst beim Abschluss eines Vertrags widerstrebt es dem Versicherten in der Regel, sich mit Tod, Krankheit oder möglichen Unfällen auseinanderzusetzen. "Er weiß allenfalls, dass er Sicherheit braucht", so Müller.
Volle und einfache Information
Umso wichtiger wäre volle und einfache Information. Was helfen da Versicherungsanträge, Merkblätter und ähnliches? "Diese Unterlagen liest und versteht der Versicherte oftmals nicht", stellt Müller lakonisch fest. Also kommt es darauf an, was die Vermittler im Gespräch erläutern.
Um dies auch im Nachhinein beurteilen zu können, gibt es Beratungsprotokolle - oft, so das Fazit des Ombudsmanns, wird zwar der nötige Versicherungsschutz ordentlich besprochen. Doch Versicherte geraten auch nach wie vor an Makler, die vor allem an ihre Provision denken, Gespräche nicht protokollieren oder bei günstigen Tarifen nicht vor den entsprechend mageren Leistungen warnen. Laut Müller fehlt es an Aufsicht über Makler.
Vielfältige Konflikte
Rund 6000 Mal haben sich 2013 Versicherte beim Ombudsmann beschwert - etwas weniger als im Vorjahr. Aus seiner Sicht sind die meisten zufrieden mit der Versicherung. Wenn es Streit gibt, dann oft darüber, ob Behandlungen, Klinikaufenthalte, Pillen oder Hilfsmittel medizinisch nötig sind und erstattet werden sollen. Doch die Konflikte sind vielfältig - wie einzelne Beispiele zeigen:
So beschwerten sich Eltern, deren fünfjährige Tochter so schwer erkrankte, dass ihr Tod nur noch eine Frage der Zeit war. Ein Pflegedienst leistete 18 Stunden täglich palliative Pflege zuhause - für 38,55 Euro pro Stunde. Der Versicherer aber wollte nur 20 Euro zahlen, weil der Dienst nicht ausreichend nachgewiesen habe, was er machte. Um den Eltern einen Streit um die Höhe des Preises der Pflege ihres sterbenden Kindes zu ersparen, sprach sich der Ombudsmann für die volle Erstattung aus. Das PKV-Unternehmen zeigte sich dazu bereit - allerdings nicht ohne detaillierten Leistungsnachweis.
Weitere Beispiele
In einem anderen Fall ging es um eine Zahnzusatzversicherung. Gemäß der Police sollten 30 Prozent der Kosten erstattet werden. Eine Prothesen-Behandlung kostete 5000 Euro - eigentlich eine recht einfache Rechnung. Aber als der Patient den Kostenplan einreichte, antwortete der Versicherer, er werde voraussichtlich 2500 Euro - also sogar die Hälfte - übernehmen: ein Versehen. Der Patient bekam dann später nur 1500 Euro und beschwerte sich. Auf Vermittlung des Ombudsmanns erhielt er dann immerhin noch die Hälfte der Differenzkosten.
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Ein Mann wiederum reichte die Kosten für die Geburt seines Kindes in einer Klinik ein - das Baby war anders als seine Frau auch bei seinem PKV-Unternehmen versichert. Doch nur Behandlungskosten für kranke Neugeborene gehen zulasten von deren eigener Versicherung. Sonst muss die Versicherung der Mutter zahlen. Hier half also die Beschwerde nichts. (dpa)