Düsseldorf. Das Angebot an Zusatzversicherungen ist unüberschaubar. Und nicht alles, was uns Werbung und Versicherungsvertreter nahelegen, ist wirklich sinnvoll. Die Verbraucherzentrale NRW klärt auf, welche Absicherungen wichtig sind - und welche eher eine Frage persönlichen Geschmacks.
Das Schlagwort von der Zwei-Klassenmedizin macht immer wieder die Runde. Viele gesetzlich Krankenversicherte fragen sich, ob sie wirklich gut abgesichert sind. Zusatzversicherungen können eine Möglichkeit sein, eventuelle Lücken zu schließen. Aber das Angebot ist schier unüberschaubar. Nicht alles, was Werbung und Versicherungsvertreter Kunden nahelegen, ist außerdem wirklich sinnvoll, findet Elke Weidenbach von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen in Düsseldorf.
Nach Angaben des Verbands der privaten Krankenversicherung (PKV) haben Verbraucher mehr als 23 Millionen Zusatz-Policen für die Behandlung beim Arzt, in der Klinik oder andere Leistungen abgeschlossen. Hinzu kommen 24,3 Millionen Auslandsreise-krankenversicherungen.
Letztere sind eine wirklich wichtige Absicherung, sind sich Verbraucherschützer und Versicherer ausnahmsweise einig. "Diese Versicherung sollte wirklich jeder haben, der ins Ausland reist", sagt Weidenbach. "Diese Police ist eine sehr sinnvolle Ergänzung", erklärt auch Dirk Lullies vom PKV-Verband in Berlin.
Sinnvoll: eine Auslandskrankenversicherung
Die Krankenkassen kommen nicht für alle Behandlungen im Ausland auf. Vor allem zahlen sie nicht den Rücktransport ins Heimatland, auch wenn er medizinisch geboten ist. Diese Kosten können sehr hoch sein, erläutert Weidenbach. "Aus diesem Grund sollten auch privat Versicherte eine Auslandskrankenversicherung haben." Privatpatienten haben zwar eine europaweite und für bestimmte Zeiträume oft eine weltweite Deckung. Dazu gehört Lullies zufolge aber in der Regel nicht der Rücktransport. Gute Policen gibt es schon für weniger als zehn Euro im Jahr.
Alle anderen Zusatz-Versicherungen sind nach Ansicht von Verbraucherschützerin Weidenbach eine Frage des persönlichen Geschmacks. "Wem im Alter sehr gute Zähne wichtig sind, für den ist ein Zahnzusatzversicherung sinnvoll." Allerdings sollten Kunden darauf achten, auch wirklich das zu versichern, was sie sich wünschen. Sehr preiswerte Policen sehen keine aufwendigen Leistungen wie Implantate vor. Verträge mit solchen Leistungen sind kostspielig. "Es ist immer eine Alternative, das für solche Behandlungen nötige Geld selbst anzusparen."
Unterschied zwischen Kassen- und Privatpatienten
Vor allem bei einem Klinikaufenthalt wird der Unterschied zwischen Kassen- und Privatpatienten deutlich. Mit einer Zusatzversicherung für den stationären Bereich können sich gesetzlich Versicherte den Status eines Privatpatienten im Krankenhaus verschaffen. Die Policen sind aber gerade für ältere Kunden teuer, sie kosten schnell einige hundert Euro im Jahr.
"Den Zuschlag für ein Ein- oder Zweibettzimmer kann man möglicherweise selbst zahlen", erklärt Weidenbach. Die Chefarztbehandlung ist in der Regel aber zu teuer, um sie selbst zu tragen. Wer den schnellen Zugang zu einem Spezialisten wünscht, liege mit einer stationären Zusatzversicherung richtig. Vor dem Abschluss sollten sich Kunden das Leistungsspektrum aber genau anschauen.
Private Ergänzungstarife sind nicht unbedingt notwendig
Schließen gesetzlich Versicherte einen privaten Ergänzungstarif für die ambulante Behandlung ab, bleiben sie Kassenpatienten. Auch hier unterscheiden sich die Angebote erheblich. Der private Versicherer übernimmt einen Teil der Kosten, den der Versicherte selbst zahlen müsste, etwa bei Brillen oder Hörgeräten, aber auch bei bestimmten Vorsorgeuntersuchungen, Medikamenten oder Heilpraktikerleistungen. Allerdings tragen die Versicherer meistens nur einen bestimmten Prozentsatz, und das auch nur bis zu bestimmten Höchstgrenzen im Jahr. "Wirklich notwendig sind diese Versicherungen nicht", sagt Weidenbach. Sinnvoll sind sie für diejenigen, die Wert auf eine Heilpraktikerbehandlung oder Zuschüsse zu Hilfsmitteln legen.
Verzichtbar ist nach Weidenbachs Auffassung der Abschluss einer Krankenhaustagegeldversicherung. Sie zahlt für jeden Tag eines Klinikaufenthalts den vereinbarten Betrag. Aber sie ist nicht geeignet, den Verdienstausfall auszugleichen. Das können Krankentagegeldversicherungen besser. Der Versicherer zahlt hier für jeden Tag der Arbeitsunfähigkeit eine bestimmte Summe. Diese Absicherung gibt es auch als Wahltarif bei den gesetzlichen Kassen.
Bei Wahltarifen keine Zuschläge bei Vorerkrankungen
Im Unterschied zu privaten Zusatz-Policen müssen Kunden bei Wahltarifen der Krankenkassen keine Gesundheitsfragen beantworten und keine Zuschläge bei Vorerkrankungen zahlen. Mit Wahltarifen können Versicherte zum Beispiel die Erstattung bestimmter Arzneimittel vereinbaren, die im Leistungskatalog nicht vorgesehen sind, erklärt Ann Marini, Sprecherin des Spitzenverbands der gesetzlichen Krankenkassen in Berlin. "Wer sich für einen Wahltarif entscheidet, bindet sich für einen bestimmten Zeitraum." Versicherte können den Tarif und die Kasse bis zu drei Jahre nicht wechseln.
Viele Krankenkassen haben Vereinbarungen mit privaten Zusatzversicherern geschlossen. Diese Verträge können nur die Mitglieder der jeweiligen Kasse abschließen. "Bei diesen Gruppenverträgen sind in der Regel die Verwaltungs- und Vertriebskosten niedriger", sagt PKV-Verbandssprecher Lullies. Verlassen die Kunden die Kasse, verlieren sie auch die Rabatte. Verbraucherschützerin Weidenbach empfiehlt, die Bedingungen auf jeden Fall mit anderen zu vergleichen: "Die Angebote auf dem freien Markt sind unter Umständen günstiger als die der Krankenkasse." (dpa)