Brüssel/Berlin. Angesichts von Kritik am Einfluss von Pharmafirmen auf Ärzte will die Branche ihre Zahlungen an Mediziner und Kliniken offenlegen. Künftig sollen etwa Honorare, Spenden und Zuwendungen im Zusammenhang mit Fortbildungen veröffentlicht werden. Die Koalition plant zudem ein Anti-Korruptionsgesetz.

Wegen Kritik an Einflussnahme der Pharmaindustrie auf Ärzte soll es neue gesetzliche Regeln und eine Veröffentlichung entsprechender Geldflüsse geben. Der Dachverband der europäischen Pharmabranche EFPIA verabschiedete am Montag in Brüssel eine Selbstverpflichtung zur Offenlegung direkter und indirekter Zuwendungen, wie der deutsche Pharmaverband vfa mitteilte. CDU/CSU und FDP wollen am Donnerstag zudem im Bundestag gesetzliche Regeln beschließen, so dass Korruption im Gesundheitswesen besser bestraft werden kann.

In der Pharmaindustrie heißt es, mehr Transparenz solle es unabhängig von solchen Gesetzesplänen geben. Veröffentlicht werden sollen Dienstleistungs- und Beratungshonorare, Spenden und Zuwendungen im Zusammenhang mit Fortbildungen. Die vfa-Hauptgeschäftsführerin Birgit Fischer sagte: "Das Zusammenwirken von Ärzten und Pharma-Industrie wird schnell unter den Generalverdacht der Beeinflussung und Manipulation gestellt." Die Pläne sollten dem entgegenwirken.

Koalition plant Anti-Korruptionsgesetz

Der Geschäftsführer der Freiwilligen Selbstkontrolle für die Arzneimittelindustrie, Holger Diener, sagte der Deutschen Presse-Agentur (dpa): "Es geht auch darum, ob die Pharmaindustrie etwa Kongresse sponsert oder Spenden zum Beispiel an Kliniken richtet." In Deutschland sollten erstmals die Daten von 2015 im ersten Halbjahr 2016 veröffentlicht werden.

Das von der Koalition geplante Anti-Korruptionsgesetz soll zudem Staatsanwälten ermöglichen, besser wegen Bestechlichkeit und Bestechung in Praxis und Klinik ermitteln zu können. Es soll gemeinsam mit dem Präventionsgesetz für mehr Gesundheitsvorsorge beschlossen werden. Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) will die Regelungen im Sozialgesetzbuch verankern. Unter anderem deshalb ist der Plan in der Kritik. Der Bereich der Privatpatienten würde dann nicht erfasst.

Hamburg brachte eigenen Gesetzentwurf ein

SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach sagte der Nachrichtenagentur dpa, er sei sehr pessimistisch, dass in der laufenden Wahlperiode noch ein Gesetz für diesen Bereich verabschiedet werde. "Das Strafgesetzbuch wäre hier der richtige Platz gewesen." Das Gesetz überzeuge auch die Länder nicht, sagte das Mitglied im Team des SPD-Kanzlerkandidaten Peer Steinbrück. "Es ist auch nicht entsprechend verbessert worden." Die rot-grün geführten Länder können das Gesetz im Bundesrat noch stoppen. Hamburg hatte einen eigenen Entwurf eingebracht: Er sieht eigene Straftatbestände im Strafgesetzbuch vor.

Vorangetrieben worden war die Debatte durch ein Urteil des Bundesgerichtshofs vom vergangenen Sommer. Korruption niedergelassener Ärzte ist demnach nach geltendem Recht nicht strafbar - etwa die Annahme von Zuwendungen für die Verordnung bestimmter Arzneien.

Kritik an der Selbstverpflichtung der Pharmabranche

Kritiker werfen der Branche vor, dass sie viele Medikamente auch mittels beeinflusster Ärzte breit in die Anwendung bringe, obwohl diese nicht für alle Patienten optimal seien - und womöglich sogar Risiken bergen.

Die Linke-Gesundheitsexpertin Martina Bunge kritisierte die Selbstverpflichtung der Pharmabranche als durchschaubare und schwache Abwehrreaktion auf die seit längerem bekannten Pläne für ein Anti-Korruptionsgesetz. (dpa)