Wiesbaden. Eine Regelleistung der gesetzlichen Kassen ist eine osteopathische Behandlung nicht. Aber immer mehr Krankenversicherungen übernehmen zumindest einen Teil der Kosten. Die manuelle Methode soll Blockaden lösen und eine gesunde Balance wiederherstellen.

Leichter Druck mit den Fingerspitzen, feinfühliges Ertasten von Verspannungen, gezielte Handgriffe, um Muskeln und Bindegewebe zu lockern - mit diesen Mitteln arbeiten osteopathisch ausgebildete Ärzte, Heilpraktiker und Therapeuten. In den USA wird die Osteopathie häufig etwa bei Migräne, Kopf- und Rückenschmerzen angewendet. Seit einiger Zeit gehen auch in Deutschland Krankenversicherungen dazu über, die Kosten für eine osteopathische Behandlung zumindest teilweise zu übernehmen.

"Osteopathie wird ausschließlich mit den Händen praktiziert, ohne Medikamente und chirurgische Eingriffe", erklärt Prof. Marina Fuhrmann, Vorsitzende des Verbandes der Osteopathen Deutschland (VOD) in Wiesbaden. Feinfühligkeit und jahrelange Schulung sind wichtig, um mit Fingerspitzen und Handflächen die Ursachen von Beschwerden aufzuspüren, sagt der Orthopäde Siegbert Tempelhof, Vorstandsmitglied der Deutsch-Amerikanischen Akademie für Osteopathie (DAAO).

Spannungen geben Hinweise

Spannungen in Knochen, Muskeln und Bindegewebe geben Hinweise, wo Körperfunktionen und Organe beeinträchtigt sind. Solche Spannungen zu erkennen, Störsignale aufzulösen und eine gesunde Balance wieder herzustellen, ist Ziel der Osteopathie. Als Patient muss man sich darauf einlassen, eingehend untersucht, befragt und betastet zu werden. "Die häufigsten Beschwerden meiner Patienten sind Schmerzen des Bewegungsapparates wie Rücken-, Knie- und Nackenschmerzen, Verspannungen, Probleme mit den Bandscheiben", berichtet Andrea Schwarz-Lehmann, Osteopathin und Heilpraktikerin in Hamburg.

Überraschend für viele Patienten ist, dass die Behandlung keineswegs immer dort ansetzt, wo es aktuell schmerzt. Kopfschmerzen zum Beispiel können durchaus Anlass sein, die Beweglichkeit der Füße zu prüfen. Wo es spannt und blockiert, setzt dann der Therapeut mit seinen Handgriffen an. Oft lockert er mit gezielten Bewegungen das Bindegewebe, regt den Lymphfluss an oder dehnt bestimmte Muskeln.

Osteopathie hat Zulauf erhalten

In Deutschland hat die Osteopathie als Ergänzung zur konventionellen Medizin Zulauf erhalten. Private Krankenversicherungen haben sie in naturheilkundlich orientierte Tarife aufgenommen. Auch etliche gesetzliche Kassen bieten seit einiger Zeit an, einen Teil der Kosten zu übernehmen. Aber: Die Qualität der Ausbildung sei uneinheitlich, bemängelte die Stiftung Warentest kürzlich in ihrer Zeitschrift "test" (Ausgabe 3/2013). Osteopath ist keine geschützte Berufsbezeichnung. Patienten sollten bei der Suche nach einem Osteopathen daher auf dessen Qualifikation zu achten. Zum Nutzen der Methode fehlen außerdem noch aussagekräftige Daten aus großen klinischen Studien.

Die Warentester weisen auch auf mögliche Nebenwirkungen und Risiken hin. Komplikationen könne es zum Beispiel geben, wenn Patienten an akuten Infektionen leiden. Zwar sind die osteopathischen Handgriffe sanfter als bei vielen anderen manuellen Heilverfahren. Aber Schmerzen und Verletzungen seien nicht ausgeschlossen.

Osteopathie sei keine Notfallmedizin

Die medizinischen Grenzen ihrer Arbeit sprechen die Osteopathen selbst offen an: Die Osteopathie sei keine Notfallmedizin, die in lebensbedrohlichen Situationen eingreifen kann, betont der VOD. Schwere und akute Erkrankungen und Infektionen müssten zunächst konventionell behandelt werden. Die Osteopathie könne aber dort wirken, wo die Selbstheilungskräfte des Körpers in der Lage sind, die gesundheitliche Balance wiederherzustellen. (dpa)