Essen. . In Deutschland gibt es zu wenige Altenpfleger, in China dagegen ein Überangebot. Deshalb wollen private Altenpflege-Unternehmen nun asiatische Arbeitskräfte für den deutschen Markt abwerben. Die Zahl der Pflegebedürftigen wird sich bis 2030 voraussichtlich verdoppeln.

Die Nachfrage nach professionellen Altenpflegern steigt so dramatisch, dass private Arbeitgeber diese Arbeitskräfte nun in Asien anwerben wollen. Der Bund unterstützt sie dabei. In diesen Tagen beginnt die Schulung von 150 chinesischen Pflegerinnen und Pflegern aus der ostchinesischen Provinz Shandong, die in den nächsten acht Monaten auf eine Beschäftigung in Deutschland vorbereitet werden.

Dazu gehören Grundkenntnisse der deutschen Sprache und Kultur, vermittelt durch das Goethe-Institut. Der Arbeitgeberverband Pflege nennt gegenüber der WAZ Mediengruppe erstmals Details zu diesem Pilotprojekt.

Die Altenpflege steht vor gewaltigen Herausforderungen. „Wir müssen davon ausgehen, dass bis 2020 in Deutschland mindestens 75 000 Altenpflege-Stellen zusätzlich benötigt werden. Der Mangel ist eklatant. Ohne Fachkräfte aus dem Ausland werden wir nicht auskommen“, sagte Thomas Greiner, der Präsident des Arbeitgeberverbandes Pflege, dieser Zeitung.

Bis 2030 verdoppelt sich die Zahl der Pflegebedürftigen

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Die NRW-Arbeitsagentur stellt eine andere Rechnung auf, um die aktuelle Dimension des Problems darzustellen: Derzeit dauert es im Schnitt vier bis fünf Monate, bis eine offene Altenpflege-Stelle mit einem geeigneten Bewerber besetzt werden kann. Prognosen des Statistischen Landesamtes deuten an, dass bis 2030 in Nordrhein-Westfalen fast doppelt so viele Pflegebedürftige leben dürften wie heute.

Um dem zunehmenden Fachkräftemangel zu begegnen, richten insbesondere die Betreiber privater Pflegeeinrichtungen ihren Blick ins Ausland. Insider aus der Branche berichten von Plänen, Pfleger in Indien, Thailand und Vietnam zu rekrutieren. Dem Projekt in China könnten also weitere folgen.

Überangebot an ausgebildeten Pflegern in China

In China gibt es laut Arbeitgeberverband Pflege ein „Überangebot“ an ausgebildeten Pflegern, Zehntausende sollen allein in Shandong arbeitslos sein. Nun werben die dortige Arbeitsagentur Chinca, die Auslandsvermittlung der Bundesagentur für Arbeit und deutsche Arbeitgeber junge Pfleger an.

Die Gewerkschaft Verdi beobachtet diese Entwicklung mit großer Sorge. „Wir sehen, dass hinter dieser Initiative einige deutsche Unternehmen stehen, die sich nicht an Tarifverträge gebunden fühlen“, sagte der Essener Verdi-Sekretär Gereon Falck. Außerdem sei gerade im Umgang mit Demenzkranken die „sprachliche und kulturelle Nähe“ enorm wichtig.