Essen. . Bald werden Chinesen deutsche Senioren pflegen. Die Schulung von 150 Bewerbern hat bereits begonnen. Ein internationaler Vergleich zeigt: Deutschland ist spät dran mit seiner Öffnung nach China. Allein 2010 soll die staatliche Arbeitsagentur Chinca 800. 000 Pfleger in alle Welt vermittelt haben.

Ausländische Ärzte sind aus deutschen Krankenhäusern inzwischen nicht mehr wegzudenken. Sie füllen jene Lücken, die deutsche Mediziner, die es in andere Länder zieht, hinterlassen. Auch in der deutschen Altenpflege-Branche dürften künftig immer mehr Zuwanderer ankommen. Es geht nicht mehr anders, uns gehen die Fachkräfte aus, warnt der private Arbeitgeberverband Pflege. Er warnt nicht nur, er wirbt auch schon an. In China, mit freundlicher Unterstützung der Auslandsvermittlung des Bundes (ZAV).

Aus deutscher Sicht ist eine solche Initiative Neuland, aber in der chinesischen Provinz Shandong können sich die deutschen Anwerber hinten in der Schlange anstellen. Das Pflege-Trainingszentrum in der dortigen Stadt Weihai hat schon Verträge mit Partnern aus Australien, Neuseeland, den USA, den Arabischen Emiraten, Japan, Kanada und England unterschrieben.

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Derzeit laufen Verhandlungen mit skandinavischen Ländern und mit Malta. Der „Überschuss“ an Pflegekräften in China scheint gewaltig zu sein. Allein 2010 soll die staatliche Arbeitsagentur Chinca 800.000 Pfleger in alle Welt vermittelt haben.

China hat zu viele Pfleger und zu wenige Heime

„In China werden zwar besonders viele Pflegekräfte ausgebildet, es fehlen aber noch die Gesundheitseinrichtungen, die auch dort wegen der demografischen Entwicklung benötigt werden. Die Chinesen haben ein großes Interesse daran, ihre eigenen Angebote zu verbessern. In China gibt es erste Pflege-Einrichtungen mit bis zu 2000 Bewohnern, in Deutschland sind es im Schnitt 50 bis 120. Die Chinesen rechnen damit, dass einige der Pfleger, die bald in Deutschland Erfahrungen sammeln, wieder in ihre Heimat zurückkehren werden und dort ihre neuen Kompetenzen einbringen können“, sagte Thomas Greiner, Präsident des Arbeitgeberverbandes Pflege, dieser Zeitung.

Die Bedingungen, zu denen zunächst 150 junge chinesische Pflegekräfte – in der Mehrheit Frauen – hierzulande beschäftigt werden, hören sich attraktiv an. Sie bekommen laut Arbeitgeberverband ei­nen guten, branchenüblichen Lohn von rund 2400 Euro brutto. „Nach der achtmonatigen interkulturellen Schulung und dem Sprachtraining in China werden die Pfleger in Deutschland drei Jahre lang begleitet und geschult“, erklärt Verbandssprecher Steffen Ritter.

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Als Grundlage, so heißt es, bringen die Pfleger eine vierjährige Hochschulausbildung in der Alten- und Krankenpflege mit. In welchen Bundesländern und Pflegeheimen sie arbeiten werden, ist noch nicht entschieden.

Für Verdi geht es auch um Lohndumping

Die Gewerkschaft Verdi beobachtet die Rekrutierung von Altenpflegern in China mit Skepsis. „Das ist keine Lösung, sondern dürfte die Probleme noch verschlimmern“, vermutet der Essener Verdi-Sekretär Gereon Falck. Misstrauisch ist er, weil hinter der Anwerbeaktion auch „Unternehmen stehen, die keine Tariflöhne bezahlen.“ Wegen der großen Nachfrage nach Pflegern in Deutschland hätten es die privaten Arbeitgeber immer schwerer, neue Mitarbeiter zu gewinnen. Diese würden lieber andere Angebote annehmen, zum Beispiel bei Wohlfahrtsverbänden, die zu günstigeren Bedingungen einstellten.

Noch etwas stört Falck an der Idee, auf ausländische Pfleger zu setzen. „In der Altenpflege und besonders im Umgang mit dementen Menschen geht es sehr um Kommunikation. Sprache ist wichtig und das kulturelle Verständnis.“

Zu begrüßen ist laut Verdi hingegen die gerade angelaufene Pflege-Ausbildungs- und Qualifizierungs-Initiative des Bundes. Sie ebne Arbeitskräften aus Deutschland den Einstieg in den Pflegeberuf. Auch das NRW-Gesundheitsministerium und die hiesige Arbeitsagentur fördern aktuell die Weiterbildung von bis zu 1000 Arbeitslosen zu Altenpflegern.