Essen. . Sie schmecken nach Gummibärchen, versprechen den ultimativen Kick: Energy-Drinks wie „Red Bull“, „Flying Power“ oder „Monster“ wirken vor allem durch Zutaten wie Zucker, Koffein und Taurin aufputschend. Doch die Muntermacher sind nicht ungefährlich. In den USA ermitteln die Behörden in fünf ungeklärten Todesfällen gegen einen Hersteller.

14 Jahre alt wurde Anais F. Sie trank zwei Dosen „Monster“ innerhalb von 24 Stunden, dann versagte plötzlich ihr Herz. Das war im Dezember 2011. Die Dosen enthielten insgesamt 480 Milligramm Koffein. Als Todesursache vermerkten die kalifornischen Ärzte in ihrem Autopsiebericht „Herzrhythmusstörungen durch Vergiftung mit Koffein“. Anais litt an einer seltenen Herzschwäche, sie ahnte nicht, dass Koffein für sie lebensgefährlich ist. Ihre Eltern verklagten nun den Produzenten des Getränks.

Nach Berichten über weitere vier Todesfälle nach dem Verzehr des Energie-Getränks „Monster“ leitete die US-Lebensmittelbehörde Ermittlungen ein. Es gebe indes keinen Beweis, dass allein das Getränk für die Todesfälle verantwortlich ist.

"Für Kinder, Schwangere und stillende Frauen nicht geeignet"

Auch in Deutschland wird der Drink verkauft – und zahlreiche weitere Marken. Hier müssen Getränke mit einem Koffeingehalt von mehr als 150 Milligramm pro Liter einen Warnhinweis tragen, sagt Monika Vogelpohl von der Verbraucherzentrale NRW. Ab Dezember 2014 muss dieser Hinweis erweitert werden durch den Zusatz: „Für Kinder, Schwangere und stillende Frauen nicht geeignet“. Mehr als 320 Milligramm Koffein pro Liter darf kein Energy-Getränk enthalten. Die Verbraucherschützer fordern aber deutlich sichtbare Warnzeichen auf den Verpackungen.

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Doch viele Jugendliche dürften Warnungen vor einem übermäßigen Konsum weniger als Abschreckung, sondern vielmehr als Herausforderung verstehen. Wenn beim schweißtreibenden Dauertanz in der Disco die Koffeindrinks wie Wasser zum Durstlöschen geschluckt werden, kann es zu Überdosierungen kommen.

Das Bundesamt für Risikobewertung hat die möglichen Auswirkungen von Energiegetränken untersucht und beschreibt Symptome wie Herzrhythmusstörungen, Krämpfe bis hin zu Nierenversagen. Die Behörde fordert weitere Studien über die Wirkungsweise der zum Teil exotischen Inhaltsstoffe der Drinks.

Die Kombination macht’s

Besonders die Kombination mit Alkohol oder Aufputschmitteln wie Amphetaminen (Speed) ist offenbar hochriskant, wissen Experten. Doch genau das reizt viele Jugendliche. Sie mischen Energy-Getränke mit Schnaps, was die Wirkung verstärkt. „Koffein in normalen Mengen ist nicht schädlich“, sagt Prof. Raimund Erbel, Kardiologe am Uni-Klinikum Essen. „Doch bei einer Dose bleibt es ja nicht, wenn die Nacht lang wird.“ Herzrhythmusstörungen, Schlafstörungen, Übelkeit und Übermüdung sind die möglichen Folgen, empfindliche Personen erleben Herzrasen und Schwindel.

Koffein wirkt in den Zellen des Körpers wie Adrenalin. Blutdruck und Puls steigen, man fühlt sich fit und leistungsfähig. Studien belegen, dass Jugendliche, die Aufputschdrinks zusammen mit Alkohol getrunken haben, von sich den Eindruck haben, sie seien noch nüchtern. Doch bei Tests sind ihre Reaktionszeiten deutlich verringert. Besonders beim Autofahren kann diese Selbstüberschätzung fatale Folgen haben.

Mit Herzrasen in die Notaufnahme

Alkohol stellt die Gefäße weit, was die Pumpleistung des Herzens verringert, zugleich treibt das Koffein den Herzmuskel zu Höchstleistungen an. Mit Herzrasen kommen Jugendliche dann in die Notaufnahme der Klinik und es sei schwierig, in solchen Fällen die genaue Ursache herauszufinden, sagt Erbel. Drogen, Energy-Drinks, Alkohol oder Herzfehler? Oder eine Kombination davon? „Solche Patienten müssen überwacht werden, bis das abgeklärt ist“ – um Todesfälle zu vermeiden.

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Bei einer Vorschädigungen des Herzens kann ein exzessiver Koffeinkonsum gravierende Folgen haben, so Erbel. So war es wohl auch im Fall der 14-jährigen Anais F. Doch dabei gehe es nicht nur um chronische Herzfehler, bereits eine Erkältung oder Grippe könne das Herz bedrohlich schwächen, erklärt Erbel.

Kein Todesfall durch Energy-Drinks in Deutschland bekannt

In Deutschland sei ihm kein Fall einer tödlichen Koffeinvergiftung bekannt, sagt der Kardiologe Prof. Thomas Budde vom Alfried-Krupp-Krankenhaus in Essen. „Koffein ist nicht gefährlich. Sogar Herzpatienten bekommen Kaffee“, stellt er fest. Doch die Kombination mit anderen Medikamenten, Alkohol oder Sport sei unter Umständen bedenklich.

„Der plötzliche Herztod durch Rhythmusstörungen ist eine der Haupttodesursachen bei Jugendlichen“, sagt Martin Lehn, Kinder- und Jugendkardiologe in Dortmund. Oft würden Energy-Drinks vor dem Sport geschluckt, was wegen des Zuckergehalts nicht nur unsinnig, sondern zudem gefährlich sei.

Kein Nutzen

Ein direkter Zusammenhang zwischen den Koffein-Bomben und gesundheitlichen Folgen sei zwar möglich und wahrscheinlich, doch kaum zu beweisen, vor allem, wenn Patienten bereits zuvor Herzprobleme hatten. Ein Verbot dieser Drinks ist daher nicht zu erwarten. „Energy-Drinks sind nicht ohne Gefahr“, sagt Lehn. Und einen Nutzen hätten sie auch nicht.