Dortmund. . Lebensmittelkontrolleure haben an manchen Obstsorten bis zu 24 Chemikalien entdeckt. Experten fordern einen „Summen-Höchstwert“ für Pestizide. Nachdem strengere Hygienevorschriften durchgesetzt wurden, lassen sich auch immer häufiger Rückstände von Desinfektionsmittel feststellen.

Obst und Gemüse ist zunehmend mit mehr als nur einem Pestizid belastet. Dortmunder Lebensmittelkontrolleure fanden Trauben, an denen 24 verschiedene Mittel anhafteten. NRW-Verbraucherminister Remmel (Grüne) kündigte mehr Kontrollen an. Zudem will das Land eine eigene „Hygiene-Ampel“ im Internet starten.

„In circa 30 Prozent aller von uns untersuchten Proben waren Mehrfachrückstände nachweisbar“, berichtet Peter Baumann, Pestizid-Experte beim Chemischen Lebensmitteluntersuchungsamt der Stadt Dortmund. „In Erdbeeren, Trauben, Zitrusfrüchten, Grünkohl und Salatarten kann der Anteil an Proben mit Mehrfachrückständen auch über 60 Prozent liegen.“ Häufig werden Fungizide gegen Pilzbefall nachgewiesen. Weil aber meist für die einzelnen Gifte die Grenzwerte eingehalten werden, können die Lebensmittel unbeanstandet in den Handel gelangen.

Mehrere Handelsketten fordern bereits jetzt von ihren Lieferanten, dass die Ware Rückstände von maximal drei bis fünf Pestiziden haben darf. Baumann hält allerdings einen gesetzlichen Summen-Höchstwert für notwendig.

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Die Politik zögert noch – weil unklar sei, wie Pestizid-Kombinationen sich gegenseitig beeinflussen und möglicherweise zu gesundheitlichen Risiken führen können. Die Landwirtschaft will zunächst eine Studie der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit abwarten. Greenpeace schlägt einen Vorsorge-Höchstwert vor: Die Summe aller Pestizide auf Obst und Gemüse dürfe 0,03 Milligramm nicht überschreiten. Dieser Wert würde häufig überschritten.

Desinfektionsmittel belasten Früchte

Auch Rückstände von Desinfektionsmitteln sind zunehmend auf Früchten zu finden – eine Folge gestiegener Hygiene-Anforderungen nach der Belastung mit Ehec-Keimen. Eine Belastung von Bio-Kräutern mit dem Desinfektionsmittel DDAC war allerdings vermutlich Folge krimineller Machenschaften der Herstellerfirma.

NRW-Verbraucherschutzminister Johannes Remmel kündigte im Gespräch mit unserer Zeitung an, die Zahl der Lebensmittelkontrollen weiter zu erhöhen. Weil auf Bundesebene rechtliche Voraussetzungen für eine Hygiene-Ampel fehlen, will NRW ab September eine Internet-Datenbank starten. Dort werden Überschreitungen von Grenzwerten sowie Verstöße gegen Hygiene- und Kennzeichnungsvorschriften veröffentlicht, wenn gleichzeitig ein Bußgeld von mindestens 350 Euro zu erwarten ist.