Berlin. . Mediziner können in geförderten Seminaren lernen, wie sie sich am Markt behaupten können, indem sie Leistungen verkaufen, die Patienten nicht brauchen. Krankenkassen und Politiker fordern nun das Ende der vom Amt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle genehmigten Finanzspritze.
Darf es denn eine Bach-Blütentherapie sein? Eine spezielle Darmspülung vielleicht? Oder eine Eigenbluttherapie bei Sehnenreizung? Jedes Jahr kassieren Ärzte von ihren Patienten 1,5 Milliarden Euro, indem sie ihnen Individuelle Gesundheitsleistungen (IGeL) verkaufen. Doch viele Untersuchungen haben sich als überflüssig erwiesen. Deshalb bezahlen die Krankenkassen diese Leistungen auch nicht.
Nun ist herausgekommen, dass ausgerechnet die Bundesregierung Marketingseminare fördert, in denen die Mediziner lernen, IGeL-Angebote zu verkaufen. Dies geschieht auf Basis von Richtlinien über die „Förderung unternehmerischen Know-hows für kleinere und mittlere Unternehmen sowie Freie Berufe“. Unterstützt werden dabei „Maßnahmen der Verkaufsoptimierung“, sofern das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) grünes Licht gibt. Auch Ärzte müssten sich am Markt behaupten, begründete eine Sprecherin aus dem Wirtschaftsministerium am Montag die Förderpraxis, die nun überprüft werden soll. Eine Sprecherin des Bundesgesundheitsministeriums verwies auf den Verhaltenskodex für Ärzte zum Umgang mit den Leistungen. Die Patienten müssten informiert werden und wissen, dass sie die Kosten selbst tragen.
Auch Fehldiagnosen möglich
Sowohl der Spitzenverband der Krankenkassen als auch Politiker von Koalition und Opposition forderten am Montag, die Marketinghilfen umgehend zu stoppen. Denn die Leistungen sind umstritten. Nur ein Beispiel: Der vaginale Ultraschall zur Früherkennung von Eierstockkrebs etwa gehört zu den häufig verkauften Leistungen. Das Portal IGeL-Monitor vom Medizinischen Dienst der Krankenkassen bewertet den Ultraschall als „negativ“, weil er auch Fehldiagnosen liefern könne. Der Berufsverband der Frauenärzte kontert, nicht alle Veränderungen an der Gebärmutter seien ertastbar.