Berlin. . IGeL-Leistungen, die Patienten selbst zahlen müssen, sind ein Milliarden-Geschäft für die Ärzte. Doch manche dieser Untersuchungen gelten zumindest als fragwürdig. Zu diesem Schluss kommt der IGeL-Monitor, den die Krankenkassen ins Internet gestellt haben.

Für die Mediziner sind sie ein Milliardengeschäft – und für die Patienten teuer und oftmals unnötig. 1,5 Milliarden Euro geben die Bürger pro Jahr für Individuelle Gesundheits-Leistungen (IGeL) beim Arzt aus, die die Kassen nicht bezahlen.

Eingeführt wurden sie in den 90-er Jahren. Kostensenkungen im Gesundheitssystem drückten die Einkommen der Ärzte, die IGeL-Dienste sollten die Verluste auffangen. Seitdem ist der Markt explodiert. Aus 90 Leistungen sind bis zu 350 geworden. Ein neues Portal „www.igel-monitor.de“ zeigt nun, welche IGeL nützlich sind und welche nicht. Es liefert eine Übersicht über Studien und führt durchschnittliche Preisspannen auf.

"Es gibt keine IGeL-Leistung, die notwendig ist", sagt ein Gesundheitsökonom

Doch der Präsident der Bundesärztekammer, Frank-Ulrich Montgomery, hält die Bewertungen für „methodisch fragwürdig“ und verweist auf die „lückenhafte Datenbasis“. Die Wirksamkeit müsse „vor dem Hintergrund des individuellen Behandlungsfalls betrachtet werden“, sagte Montgomery dieser Mediengruppe.

„Es gibt keine IGeL-Leistung, die notwendig ist“, kontert der Gesundheitsökonom Gerd Glaeske. Die Patienten sollten sehr zurückhaltend sein, wenn sie eine Extraleistung angeboten bekämen und eine Zweitmeinung einholen.

„Tendenziell positiv“

Diese Leistungen sind laut IGeL-Monitor „tendenziell positiv“:
Akupunktur zur Migräneprophylaxe: Sie soll vor Migräneschüben schützen und Schmerzen lindern. Studien haben ergeben, dass Akupunktur ebenso hilfreich sein kann wie Medikamente. Glaeske sieht den generellen Nutzen – wie auch bei anderen IGeL – nicht als erwiesen an. Kosten: 25 bis 60 Euro je Sitzung plus Beratung.
Lichttherapie gegen Winterdepression: Sie kostet sieben bis 13 Euro je Sitzung. Einige Untersuchungen kommen zu dem Schluss, dass die Therapie depressive Beschwerden besser lindert als eine Scheinbehandlung.

„Unklar“

Hier ist der Nutzen laut IGeL-Monitor „unklar“:
Bach-Blütentherapie: Sie soll seelische Störungen und organische Krankheiten beheben. Studien besagen, dass die bis zu 200 Euro teure Therapie nicht besser wirkt als eine Placebo-Behandlung.
Biofeedback-Therapie bei Migräne: Die Entspannungs-technik soll Migräne lindern, indem Patienten lernen, unbewusste Körpervorgänge zu steuern – so dass etwa die Blutgefäße enger werden. Tests haben ergeben, dass die Therapie gleichviel nützt wie eine Placebo-Behandlung. Sie kostet acht bis 20 Euro je Sitzung.

„Tendenziell negativ“

Diese IGeL sind „tendenziell negativ“:
Augeninnendruck-Messung zur Früherkennung des Grünen Stars: Sie ist eine der häufigsten IGeL und kostet zehn bis 22 Euro. Studien warnen, dass man mit der Messung den Grünen Star nicht zuverlässig vorhersagen oder diagnostizieren kann. Falsche Befunde können zu unnötigen Untersuchungen und Behandlungen führen. Glaeske hält sie allenfalls im Einzelfall für sinnvoll. Der Bundesverband der Augenärzte hat sich davon distanziert – falls sie ohne weitere Tests angeboten wird.
PSA-Test: Diese häufig verkaufte IGeL für 28 bis 45 Euro soll Prostatakrebs früh erkennen. Manche Studien halten den Test für nützlich, andere nicht. Alle Erhebungen warnen aber vor unnötigen Behandlungen mit teils erheblichen Risiken.

„Negativ“

Diese IGeL gelten laut Monitor als „negativ“:
Ultraschall der Eierstöcke: Der Test für neun bis 22 Euro soll Krebs früh erkennen. Eine Studie von 2011 hat ergeben, dass mit Ultraschalltest gleich viele Frauen an Eierstockkrebs sterben wie ohne. Zudem seien Frauen durch Fehlalarm beunruhigt und gesunde Eierstöcke entfernt worden.
Toxoplasmose-Test bei Schwangeren: Er kostet 14 bis 16 Euro und soll prüfen, ob sich werdende Mütter mit dem Erreger der Toxoplasmose infiziert haben. Dieser kann den Fötus schwer schädigen. Doch ein erster Test zieht weitere nach sich. Gegebenenfalls eine Fruchtwasseruntersuchung. Sie kann zu Fehlgeburten führen.

Der IGeL-Monitor ist ein Angebot der Krankenkassen. Er hat 24 Leistungen überprüft. Davon stuft er den Nutzen bei zwei Angeboten als „tendenziell positiv“ ein, bei jeweils sieben als „unklar“ oder „tendenziell negativ“ und bei vier als „negativ“. Zu einigen IGeL gibt es keine Einordnung.