Paris. . Der Skandal um billige Brustimplantate der Firma PIP ist noch in aller Munde, da kündigt sich schon ein weiterer Medizinskandal an. Hüftprothesen der Firma DePuy Orthopaedics setzen bei Reibung metallene Ionen im Körper frei, die Wirkungsweise dieser Ionen im menschlichen Körper ist bisher nicht erforscht. Der Mutterkonzern Johnson & Johnson wusste um das Gesundheitsrisiko, Patienten wurden jedoch nicht informiert.

Nach der Affäre um Billig-Brustimplantate aus Frankreich zeichnet sich womöglich ein neuer Gesundheitsskandal ab. Berichten der angesehenen Fachzeitschrift "British Medical Journal" (BMJ) vom Dienstag zufolge wurden weltweit hunderttausenden Patienten künstliche Hüften eingesetzt, die möglicherweise giftige Schwermetalle absondern.

Der Pariser "Figaro" berichtete, Hüftprothesen der Firma DePuy Orthopaedics, einer Tochter des amerikanischen Herstellers Johnson & Johnson, seien in den USA und Australien bereits im Jahre 2009 vom Markt genommen worden. In Frankreich hingegen seien sie bis Juli 2010 weiterhin verwendet worden.

Kein Zulassungsverfahren für Medizinprodukte

Der Skandal um die Hüftprothesen vom Typ ASR wäre fast unbemerkt geblieben, schreibt der "Figaro". Er sei nur ans Licht gekommen, weil Johnson & Johnson drei Milliarden Dollar für anstehende Prozesse vorgesehen habe. Wie Brustimplantate gelten auch Hüftprothesen als Medizinprodukte, die im Gegensatz zu Arzneimitteln in der EU keinem Zulassungsverfahren unterworfen sind.

Die fraglichen ASR-Prothesen enthalten zwei Metallschichten und gelten als widerstandsfähiger als künstliche Hüften aus Keramik. Ihr Nachteil ist, dass bei Reibungen der Gelenke metallene Ionen freigesetzt werden. Zudem mussten Patienten mit diesen Prothesen häufiger nachoperiert werden.

Gesundheitsrisiko war bekannt

Dem "British Medical Journal" zufolge kamen die Prothesen auf den Markt, obwohl bislang unklar ist, welche Auswirkungen die metallenen Ionen auf den Körper haben. Eine solche Ungewissheit wäre bei einem Arzneimittel nicht hingenommen worden, monierte die Fachzeitschrift. Vielen Patienten sei weltweit "echter Schaden" zugefügt worden, schreibt die Chefredakteurin der Fachzeitschrift, Fiona Godlee. Den Herstellern und Gesundheitsbehörden sei das Risiko bekannt gewesen, sie hätten die Patienten aber nicht informiert.

Nach dem Skandal um Brustimplantate aus Billig-Silikon, die möglicherweise krebserregend sind, hatte die EU-Kommission strengere Auflagen für Medizinprodukte angekündigt. Im Europaparlament wurde der Ruf nach einem Zulassungsverfahren und schärferen Kontrollen zumindest für Produkte laut, die in den Körper eingepflanzt werden. (afp)

  • Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte widerspricht im Gespräch mit DerWesten dieser Darstellung der Nachrichtenagentur afp. Hier geht es zum vollständigen Text mit der Stellungnahme.