Castrop-Rauxel. . Klaus Baumert bekam 2009 ein Spenderherz. Dankbar, leben zu dürfen, hat der Castrop-Rauxeler gemeinsam mit dem herztransplantierten Viersener Stephan van der Zee am Herzzentrum der Essener Uniklinik eine Selbsthilfegruppe gegründet. Für Menschen, die auf ein neues Organ warten oder es gerade bekommen haben.

Vor wenigen Wochen, am 3. Januar, hat er seinen dritten Geburtstag gefeiert. „Ganz alleine mit meiner Frau. Ich wollte einfach meine Ruhe haben.“ Vor drei Jahren, am 3. Januar, begann Klaus Baumerts zweites Leben. In der Essener Universitätsklinik wurde dem Schwerkranken ein Spenderherz eingepflanzt. Eine Rettung aus höchster Not, an die der Mann aus Castrop-Rauxel schon nicht mehr geglaubt hatte.

Damals nahm er sich vor: „Wenn das hier gut geht, helfe ich anderen.“ Klaus Baumert hielt Wort und gründete am Westdeutschen Herzzentrum der Uniklinik zusammen mit dem herztransplantierten Viersener Stephan van der Zee eine Selbsthilfegruppe für Menschen, die auf ein neues Organ warten oder dieses gerade bekommen haben.

„Ich darf leben, weil ein anderer einmal entschieden hat, im Falle seines Todes seine Organe zu spenden“, sagt der 64-jährige vierfache Großvater. Wer sein Retter war, wird er nie erfahren. Denn Organspenden sind anonym. Und Baumert, der will das auch gar nicht wissen. „Für mich ist das mein neues Organ, das mich am Leben erhält. Ich glaube nicht daran, dass im Herzen die Seele eines Menschen sitzt.“ Dann fügt der Rentner leise hinzu: „Ohne meine Frau, meine Familie, hätte ich das aber alles gar nicht überstanden.“

Eine verschleppte Erkältung

Früher war Klaus Baumert als Montage-Leiter für ein Hattinger Unternehmen häufig im Ausland, führte ein interessantes Leben, das er liebte. Krank gemacht, so stellten Ärzte später fest, hat ihn wohl eine verschleppte Erkältung, die dem großen, stattlichen Mann eine Herzmuskelentzündung einbrockte. 2003 wurde er wegen Herzrhythmus-Störungen behandelt und „medikamentös eingestellt“. Ab 2007 ging es Baumert schlechter. „Ich war ständig müde. Das Herz war damals schon mehr angegriffen, als ich dachte.“

Am 14. Juni 2008 dann der Zusammenbruch, Herzkammerflimmern, Lebensgefahr. Im Krankenhaus pflanzte man ihm einen Defibrillator ein, der mit Hilfe von Elektroschocks lebensbedrohende Herzrhythmus-Störungen beenden kann. Im August 2008 wurde Klaus Baumert auf die Intensivstation des Westdeutschen Herzzentrums an der Essener Uniklinik verlegt. Und kam sofort auf die Liste derer, die ein neues Herz benötigen. Der immer schwächer werdende Mann ging davon aus, „dass ich die Wartezeit auf das Organ nicht überleben würde“.

Am 3. Januar 2009 stand plötzlich die Stationsärztin lächelnd vor seinem Bett, sagte: „Ich glaube, wir haben da was für Sie.“ Viereinhalb Stunden dauerte die Operation, die Baumerts Leben rettete. Sein Körper akzeptierte das neue Herz. „Nach vier Wochen konnte ich ohne Hilfe laufen und ging in die Reha. Ein herrliches Gefühl.“

„Eine zweite Chance bekomme ich nicht“

Heute muss der Castrop-Rauxeler täglich 20 bis 25 Tabletten einnehmen. Auf Medikamente wird er immer angewiesen sein. Baumert trinkt keinen Alkohol mehr. Hygiene wird in seiner Familie ganz groß geschrieben. Er isst nur, „was man kochen, braten oder schälen kann“, greift zum Mundschutz, wenn er auf viele Menschen trifft. „Ich darf mir nichts einfangen. Denn eine zweite Chance bekomme ich nicht.“

Dass es sich lohnt, um das Leben zu kämpfen, ist seine Botschaft und die seines Freundes Stephan van der Zee und der von ihnen gegründeten Selbsthilfegruppe „Herz WG“, die derzeit in den Verein IG Herz e.V. umgewandelt wird. Die Männer wollen Leidensgenossen und deren Angehörigen Mut machen, ihnen die Ängste vor und nach einer Transplantation nehmen, ihnen mit Rat und Tat zur Seite stehen. An jedem ersten Montag im Monat laden Baumert und Van der Zee zu einem Treffen in den Hörsaal des Essener Herzzentrums ein, machen in der Klinik auch Besuche am Krankenbett.

Die Gespräche drehen sich fast immer wieder um das große Thema Angst. „Die Menschen haben Angst, kein Spenderorgan zu bekommen, sterben zu müssen, sie haben auch Angst vor der Operation.“ Die Ärzte sprechen Baumert und Van der Zee an, wenn sie meinen, dass diese als selbst Transplantierte einen Patienten erreichen können, der sich ihnen gegenüber verschließt.

Der Mann mit der neuen Lunge

„Wir waren gerade bei einem Mann, der eine Lunge bekommen hat. Er lag im Bett, wollte nicht aufstehen, obwohl er dazu in der Lage gewesen wäre. Es war wohl eine psychische Sache“, sagt Baumert. Nach dem Besuch saß der Patient zumindest im Krankenbett. „Und das war doch schon was.“

12 000 Menschen warten in Deutschland derzeit auf einen Lebensretter, ein neues Organ. „Um ehrlich zu sein, hatte ich früher keinen Organspendeausweis. Heute schon“, erzählt Baumert. Der 64-Jährige akzeptiert, wenn einer sagt, so einen Ausweis, den möchte ich nicht in der Tasche haben. „Nur sollte sich jeder entscheiden – für ein Ja oder ein Nein.“

  • Die Selbsthilfegruppe erreicht man über Klaus Baumert ( 0176/41 270 601) und Stephan van der Zee ( 0176/34 920 027). Per Mail: herz2@versanet.de. Weitere Infos im Netz: www.die-herz-wg.de. Fragen rund ums Thema Organspende werden montags bis freitags von 9 bis 18 Uhr an der kostenlosen Hotline: 0800/90 40 400 der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO) beantwortet. Umfassende Informationen zum Thema findet man auf den Internetseiten der DSO: www.dso.de; www.fuers-leben.de