Bonn. Einem anderen Menschen zu sagen, dass es für ihn keine Hoffnung mehr gibt, fällt selbst erfahrenen Ärzten oft nicht leicht. Um den richtigen Umgang mit den Patienten in einer solchen Situation zu erlernen, lässt die Uni Bonn ihre Medizinstudenten mit erfahrenen Schauspielern üben.

Günter Otterski geht es schlecht, sehr schlecht. Sein Lungenkrebs ist austherapiert. So bezeichnen es die Ärzte, wenn sie dem Patienten nicht mehr helfen können. Ein schwerer Schritt für den jungen Arzt, der nun mit ihm darüber sprechen muss. Die Situation wirkt realistisch, ist aber nur gespielt. Die Uni-Klinik in Bonn setzt seit wenigen Wochen Schauspieler ein. Mit ihrer Hilfe sollen die Studenten im siebten bis achten Semester schwierige Arzt-Patienten-Gespräche trainieren. Die Studenten sind begeistert von dem Angebot.

Für Pia Festersen ist diese Art des Kommunikationstrainings Neuland. "Wir haben zwar in der Vergangenheit auch Gesprächstrainings gehabt, aber die Patientenrolle haben immer Kommilitonen übernommen", sagt sie. Schauspieler seien wesentlich besser. "Einige spielen ihre Rolle so echt, dass man den Eindruck hat, sie sind jetzt wirklich betroffen", ergänzt die Studentin.

Studenten geben ihren Kommilitonen ein Feedback

Auch für Student Sven Funke ist die Situation sichtlich neu. Schauspieler Günter Otterski bricht auf seinem Stuhl zusammen, als Funke im weißen Kittel den Raum betritt. In der Szene hat er vor drei Tagen erfahren, dass man nun nichts mehr für ihn tun kann. Funke soll mit ihm das weitere Vorgehen besprechen.

Einfühlsam hört der Student zu, redet ruhig und langsam mit dem Patienten. Es entstehen Pausen. Otterski hustet, bekommt Atemnot. Funke legt beruhigend seine Hand auf den Arm. Zeitweise wirkt er ratlos. "Die Situation ist eine ganz andere, als ich sie mir zuvor zurecht gelegt habe", sagt Funke anschließend. Theorie und Praxis sind eben doch etwas ganz anderes.

Erst kurz vor dem Gespräch erhält er die Situationsbeschreibung. Ganz so wie im Klinikalltag. Denn später haben sie auch nur wenige Minuten, um sich einen Überblick über die Krankengeschichte der Patienten zu verschaffen. Das anschließende Feedback der Kommilitonen fällt trotzdem ganz gut aus. Nur Otterski hat noch einen Tipp für Funke: "Ich hätte mir gewünscht, dass er stärker auf meine Situation eingegangen wäre und mir erklärt, was ich jetzt tun könnte."

In insgesamt sechs unterschiedliche Rollen schlüpfen die insgesamt 15 Darsteller, um mit Medizinstudenten die schwierigen Patientengespräche zu üben. "Die besondere Herausforderung liegt zum einen in der menschlich sehr schweren Situation der Patientenrolle, zum anderen in der Balance zwischen Professionalität und Anteilnahme auf Seiten der Arztrolle", sagt Felix Grützner, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Palliativmedizin.

Ehrenamtliches Engagement

Als Koordinator ist er unter anderem zuständig für Casting, Besetzung und "Spielpläne". Die Darsteller kommen aus der Seniorentheatergruppe "Bühnengeister", der studentischen Schauspielgruppe "S.U.B.-Kultur" an der Universität Bonn sowie der Statisterie der Oper Bonn, oder sie sind Ehrenamtliche des Ambulanten Palliativdienstes des Malteser-Krankenhauses Bonn/Rhein-Sieg.

Die Motivation ihres ehrenamtlichen Engagements ist, dass die angehenden Ärzte sich später nicht - wie heute häufig Realität - schwierigen Gesprächen durch eine professionell-distanzierte Haltung entziehen. Auch andere Unikliniken setzen schon länger Schauspieler als Trainingspartner ein. Heidelberg war die erste Klinik. In NRW sind es unter anderen Münster und Köln, die für die Simulation auf professionelle Darsteller setzen. (dapd)