Offenbach/Stuttgart. Nicht alle Raucher verschlingen ihre Zigaretten mit Genuss. Viele wünschen sich, von ihrer Sucht loszukommen und endlich Nichtraucher zu werden. Doch welche Strategie hilft wirklich beim Aufhören mit dem Rauchen?

40 Zigaretten pro Tag, das war ganz normal für den Stuttgarter Stefan Back. Der Diplom-Kaufmann durchlief die klassische Raucherkarriere: Mit 16 die erste Kippe mit Kumpels, dann erhöhte sich langsam, aber stetig die Dosis, 22 Jahre lang: "Irgendwann rauchte ich zwei Schachteln am Tag". Aufhören wollte Back das erste Mal mit ungefähr 30 Jahren: "Aber ich bin immer an den Entzugserscheinungen gescheitert." Der Anblick einer schwarzen Raucherlunge in der Ausstellung "Körperwelten" ist dann das Zünglein an der Waage: "Ich fühlte mich beim Anblick dieser Lunge wie der größte Idiot der Welt, wusste, dass ich Nichtraucher werden muss!" Die Zigaretten wandern sofort in den Müll. Und bleiben dort. Seit über zehn Jahren ist Back rauchfrei. Vier Büchern hat er seither über sein persönliches Mentalprogramm zur Rauchentwöhnung geschrieben. Backs wichtigste Botschaft: "Es ist viel einfacher mit dem Rauchen aufzuhören, als viele denken!"

Wer nicht mehr rauchen will, ist für jede Hilfe dankbar. Kein Wunder, dass es auf dem Büchermarkt nur so von Erfolgsmethoden à la "Endlich Nichtraucher" bis "Rauchfrei in fünf Stunden" wimmelt. Stefan Back hält nicht viel von diesen Expertenstrategien: "Das größte Hindernis beim Aufhören ist die Angst davor." Und die können einem auch 100 Experten nicht nehmen, glaubt Back: "Der Schlüssel zum Erfolg liegt in jedem selbst."

Auch der Offenbacher Diplom-Psychologe Stefan Baier, der Nichtraucher-Seminare nach dem Rauchfrei-Konzept der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BzgA) anbietet, weiß, dass nicht jede Methode auch für jeden Menschen passend sein muss: "Es gibt keinen Goldstandard in der Nikotinentwöhnung, jeder muss den für sich besten Weg selbst erarbeiten und umsetzen."

Klarer Schnitt hat beste Erfolgsaussichten

Kurz nach Silvester sind wieder viele Raucher motiviert, der Zigarette abzuschwören. Doch diese "Neujahrsvorsätze" sind nur schwer zu realisieren, weiß Baier: "Bevor das Projekt "Nichtraucher 2012" angegangen wird, empfehle ich, genau zu überlegen, wie die Entwöhnung am besten gelingen kann." Wann ist der beste Zeitpunkt dafür? Wann muss ich mit Entzugserscheinungen rechnen? Wie gehe ich damit um? Höre ich direkt auf oder entwöhne ich mich ganz langsam?

So könne zum Beispiel bei sehr starken Rauchern eine schrittweise Reduktion sinnvoll sein, rät der Psychologe: "Allerdings dürfen die erlaubten Zigaretten dann nicht nur als Belohnung für Zigaretten eingesetzt werden, auf die vorher verzichtet wurde." Der klare Schnitt, also der Rauchstopp von heute auf morgen, habe bessere Erfolgsaussichten. "Das ist in den ersten Tagen oft hart, wird dann aber stetig besser." Bei starken Entzugserscheinungen können in den ersten vier bis sechs Wochen auch Nikotinersatzmittel, zum Beispiel Kaugummis, Spray oder Pflaster, entlasten.

So funktioniert die E-Zigarette

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    Manche rauchen in Stresssituationen besonders viel, andere eher in Gesellschaft oder zur Entspannung: "Es ist wichtig, die eigenen Gewohnheiten unter die Lupe zu nehmen, damit man entsprechend reagieren kann", sagt Baier. Was hilft mir beim Stress im Job? Wie verhalte ich mich auf der nächsten Party? Oder bei der Tasse Kaffee nach dem Essen? Auslöser für das Verlangen, sogenannte Trigger, gebe es genug, sagt der Psychologe: "Gerade in der Anfangszeit der Entwöhnung ist das Schmachten nach einer Zigarette ständig präsent." Die heiße Phase des Verlangens dauere im Schnitt immer jeweils drei bis fünf Minuten. Die müsse man durchhalten, indem man sich ablenkt, raus geht oder Sport macht. Zwei Wochen dauere die "harte Phase" der körperlichen Entzugserscheinungen, zu denen Nervosität, Kopfschmerzen oder Schlafprobleme gehören. "Seien Sie auf jeden Tag stolz, den Sie ohne Zigarette schaffen", sagt Baier.

    Gemeinsam stärker

    Auch der ehemalige Kettenraucher Back schwört darauf, die schwierigen Momente mit positiven Bestärkungen zu umschiffen: "Machen Sie sich immer wieder klar, wie toll es ist, Nichtraucher zu sein. Es hat nur Vorteile!"

    Psychologe Baier rät, sich auch durch andere bestärken zu lassen: "Suchen Sie sich einen Verbündeten, einen Nichtraucher-Partner oder eine Gruppe, die gemeinsam aufhört. Wenn man mit Gleichgesinnten über das starke Verlangen sprechen kann, hilft das ungemein."

    Wenn das große Schmachten doch wieder kommt, sollte der Kopf ganz rational bleiben, rät Baier: "Fragen Sie sich im Stillen, ob Sie nach den ganzen erfolgreichen Tagen jetzt wirklich aufgeben wollen." Ein klares Nein helfe dann, den inneren Dialog mit dem Schweinhund abzukürzen beziehungsweise zu beenden.

    "Stellen Sie sich auch ihren Ängsten", empfiehlt Back, zum Beispiel der Angst, zuzunehmen oder ohne Zigarette nur noch ein halber Mensch zu sein. Sein Tipp: "Denken Sie nicht an die Ewigkeit, sondern planen Sie Tag für Tag." Wer sich immer wieder bewusst sage "Nein, diese Zigarette möchte ich nicht rauchen" hangele sich von einem Erfolg zum nächsten, sagt Baier: "Solange, bis er immer mehr vergisst, wie wichtig Rauchen einmal war." (dapd)