Berlin. Das Klischee über die leichtfertige Jugend ist weit verbreitet. Doch in einer Studie der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung kommen Jugendliche in Sachen Sexualverhalten gut weg: Das “erste Mal“ erleben sie immer später, meist in einer Beziehung - und sie verhüten auch besser als früher.
Das "erste Mal" erleben Jugendliche in Deutschland immer später: Von den 17-jährigen Mädchen hatten einer Studie der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) zufolge 66 Prozent eine sexuelle Beziehung, bei den Jungen waren es 65 Prozent. 2005 war der Anteil zumindest bei den Mädchen deutlich höher. Ein Interview mit BZgA-Direktorin Elisabeth Pott.
Das Ergebnis der Studie widerspricht ja dem Klischee der leichtfertigen Jugend....?
Elisabeth Pott: Ganz richtig. Heutzutage erlebt der ganz große Teil der Jugendlichen das erste Mal in einer festen Beziehung. Wir haben in unsern Aufklärungskampagnen immer betont, dass es ganz wichtig ist, sich nicht unter Druck setzen zu lassen. Wichtig ist es, einen Partner zu finden, mit dem man das wirklich erleben möchte, den richtigen Zeitpunkt zu finden und sicherzustellen, dass auch Verhütungsmittel verfügbar sind. Wir sind sehr froh, dass dies eine positive Entwicklung genommen hat.
Die Jugendlichen verhüten auch besser als früher. Nur acht Prozent gaben an, beim ersten Mal keine Verhütungsmittel genommen zu haben. Vor 30 Jahren waren es bei den Mädchen noch 20 Prozent und bei den Jungen sogar 29 Prozent. Woran könnte das liegen?
Pott: Eine wichtige Rolle spielt neben der Verstärkung der Sexualaufklärung durch die BZgA seit 1993 auch die Kampagne zur Aufklärung über Aids und das entsprechende Schutzverhalten. Für die Jugendlichen heute ist das Kondom ein weitgehend normaler Hygieneartikel geworden, der als Schutz vor einer ungewollten Schwangerschaft und als Schutz vor einer HIV-Ansteckung eingesetzt wird. Dementsprechend hat sich das Schutzverhalten kontinuierlich verbessert, und die Zahl der Teenagerschwangerschaften ist in Deutschland sehr niedrig.
In der Studie wurden auch Jugendliche mit Migrationshintergrund erfasst. Sie verhüten im Vergleich zu Altersgenossenschaften seltener. Liegt das an einem informationsmangel?
Pott: Auch bei Jugendlichen mit Migrationshintergrund hat sich das Verhütungsverhalten im Vergleich zu früher verbessert. Wir erleben im Moment auch, dass wir mit unseren Aufklärungskampagnen diese Jugendlichen viel besser erreichen, zum Teil auch dank der Möglichkeiten des Internets. Vor allem bei Jungen mit Migrationshintergrund ist das Internet mit großem Abstand das wichtigste Informationsmittel. Deshalb arbeiten wir kontinuierlich daran, Informationsmaterialien, auch für die Schule, zu erarbeiten, die beiden Jugendlichen wirklich ankommen. (dapd)