London. Viele Schwangere können daheim ebenso sicher entbinden wie im Kreißsaal. Dies geht aus einer neuen Studie aus England vor. Die Ergebnisse könnten Schwangeren künftig eine bessere Hilfe für die Entscheidung sein. Ein erhöhtes Risiko für Komplikationen haben aber zum Beispiel Erstgebärende.

Eine Hebamme in heimischer Atmosphäre statt der Geburt im Kreißsaal: Für viele Schwangere sollte dies nach einer neuen Studie aus England problemlos möglich sein. Frauen ohne erhöhtem Risiko sollte deshalb nach Ansicht der Autoren freigestellt sein, eine Entbindung im Geburtshaus oder zu Hause zu wählen. Zur Vorsicht wird allerdings bei Erstgebärenden geraten. "Ich würde nie sagen, dass Frauen hier oder dort gebären sollten, aber ich hoffe, dass die Frauen jetzt eine bessere Grundlage für eine informierte Entscheidung erhalten haben", sagt Peter Brocklehurst, Leiter des Instituts für Frauengesundheit am Krankenhaus des University College in London. "Die Geburt ist kein abnormaler Vorgang, es ist ein physiologischer Vorgang", betont Brocklehurst, einer der Autoren der im "British Medical Journal" (BMJ) veröffentlichten Studie.

Wenn es keine Komplikationen in der Schwangerschaft und bei der Geburt gebe, dann sei in der Regel auch kein gezieltes ärztliches Eingreifen nötig. Seiner Einschätzung zufolge sollten rund 50 Prozent der schwangeren Frauen in England frei wählen können, wo sie ihr Kind zur Welt bringen wollen. Derzeit entbinden mehr als 90 Prozent der Engländerinnen im Krankenhaus. In Deutschland sind die Zahlen noch höher. Mehr als 98 Prozent der Geburten erfolgen nach Angaben des Deutschen Hebammenverbandes (DHV) in der Klinik.

Den Frauen die Entscheidung überlassen

Entbindungen in Geburtshäusern und zu Hause kamen in den Jahren von 1999 und 2009 auf Werte zwischen 1,32 und 1,83 Prozent. "Es geht darum, den Frauen die Entscheidung zu überlassen", sagt Autorin Mary Newburn von der britischen Elternorganisation NCT. In von Hebammen geführten Einrichtungen in England herrsche ein gemütlicheres Klima und mehr Privatsphäre. Die Studie umfasste Daten von fast 65.000 Schwangeren aus den Jahren zwischen 2008 und 2010. Fast 20.000 Frauen entbanden im Krankenhaus, knapp 17.000 zu Hause, gut 11.000 in Geburtshaus-ähnlichen Einrichtungen und fast 17.000 in von Hebammen geleiteten Einrichtungen, die an Kliniken angeschlossen sind.

Zeichensprache für Babys

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    Alle Teilnehmerinnen waren als Schwangere mit geringem Risiko eingestuft. Ausgeschlossen waren Frauen, bei denen ein geplanter Kaiserschnitt anstand, und Frauen mit Mehrlingsschwangerschaften. Das Ergebnis: Bei Schwangerschaften ohne erhöhtes Risiko gab es kaum Unterschiede angesichts möglicher Komplikationen während der Geburt. Bei Erstgebärenden sah das Bild allerdings anders aus. Hier kam es bei Hausgeburten in 9,3 von 1.000 Fällen zu schweren Komplikationen wie Hirnschäden oder Lungenproblemen der Babys oder gar Totgeburten.

    Pilotprojekt in Hessen

    In Krankenhäusern wurden solche Probleme in 5,3 von 1.000 Fällen gemeldet. Viele der Frauen mussten während ihrer geplanten Hausgeburt in eine Klinik gebracht werden. Größtmögliche Sicherheit und im Notfall schnelles ärztliches Eingreifen sprechen für das Krankenhaus. Wer allerdings eine unkomplizierte Geburt erwartet und Wert auf ein entspannteres Geburtserlebnis legt, darf sich von der Studie ermutigt sehen. Ein Pilotprojekt in Hessen bestätigt nach Angaben des DHV, dass das Angebot außerklinischer Geburten in solchen Fällen durchaus mithalten kann.

    In von Hebammen geleiteten Einrichtungen konnten demnach Mutter und Kind häufiger gemeinsam entlassen werden, es kam seltener zu mütterlichen Dammverletzungen, es wurden weniger Medikamente eingesetzt, und die Gebärpositionen variierten mehr. "Das Ergebnis verdeutlicht den hohen Sicherheitsstandard in den Geburtshäusern, zeigt aber auch, dass eine gekonnte Nichtintervention durch Hebammen sich positiv auf das gesundheitliche Wohlergehen von Müttern und Kindern auswirkt", erklärte DHV-Präsidentin Martina Klenk. Wichtig jedoch, darauf weisen die Fachleute hin, ist eine gründliche Risiko-Selektion vor der Entscheidung über den Geburtsort. (ap)

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