Essen. .

Immer mehr Kinder kommen in den beiden spezialisierten Kliniken zur Welt. Das Huyssens-Stift schloss nun seine Geburtsabteilung, weil es seine Ansprüche an Qualität und Wirtschaftlichkeit auf Dauer nicht einlöse könne.

Immer mehr werdende Mütter vertrauen sich den beiden großen Kliniken mit angeschlossenem Perinatalzentrum an. Diese Abteilungen sind speziell auf Frühgeburten und die Versorgung von kranken Neugeborenen eingestellt.

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Von DerWesten

„Die Frauen setzen auf Sicherheit“, sagt etwa der Geschäftsführer der Kliniken Essen-Mitte, Horst Defren. Das Huyssens-Stift habe die Geburtsabteilung daher nun geschlossen, obwohl die Zahl der Geburten 2010 sogar leicht angestiegen war. „Mit gut 400 Geburten können wir dauerhaft nicht unsere Ansprüche an Qualität und Wirtschaftlichkeit einlösen, zumal wenn es im Nachbar-Krankenhaus fast 2000 Geburten und ein Perinatalzentrum gibt.“

Gemeint ist das Elisabeth-Krankenhaus, das 2010 einen leichten Rückgang der Geburten von 1797 auf 1724 verzeichnete. Eine Schwankung, die sich wohl auch durch die Renovierung der Station erklären lasse, glaubt Sprecherin Anja Steinhoff. „Wir bleiben das geburtenstärkste Haus in der Stadt.“ Das liege auch am gestiegenen Alter der Erstgebärenden: „Die Frauen etablieren sich erst beruflich und bekommen ihre Kinder später – dann spielt der Sicherheitsgedanke eine größere Rolle.“

Ein OP-Team steht rund um die Uhr bereit

Das bestätigt auch Markus Schmidt, der die Abteilung Geburtshilfe und Perinatalmedizin am Uniklinikum leitet – mit 1088 Geburten die Nummer zwei der nunmehr noch fünf Essener Geburtskliniken. „Bei uns steht rund um die Uhr ein komplettes OP-Team bereit, wir haben die Kinderintensivstation und unglaublich große Erfahrung mit Frühchen.“ Den Einwand, dass nur etwa drei Prozent der werdenden Mütter ein Perinatalzentrum benötigen, lässt Schmidt nicht gelten. „Das ist wie mit dem Sicherheitsgurt im Auto: Den brauchen Sie vielleicht nie im Leben, aber es ist beruhigend, ihn zu haben.“

Keineswegs wolle er den drei kleineren Geburtsabteilungen im St. Josef-Krankenhaus, im Marienhospital sowie im Alfried-Krupp-Krankenhaus ihre Daseinsberechtigung absprechen, aber gewisse „Verdichtungstendenzen“ ließen sich nicht leugnen.

Schwangere gelten als wandelndes Risiko

Mit der Schließung ihrer Geburtsabteilung haben die Kliniken Essen-Mitte darauf bereits reagiert; sie wollen laut Defren in Zukunft noch mehr ihr Profil im Bereich Onkologie schärfen. Im Katholischen Krankenhaus St. Josef in Werden, das auch „nur“ um die 400 Geburten verzeichnet, hofft man dagegen auf Wachstum. Mit dem Markenzeichen „stillfreundliches Krankenhaus“ erreiche man Frauen aller Altersklassen, sagt Sprecherin Kathinka Siebke. „Die Frau von Jean Pütz hat einen weiten Weg in Kauf genommen, um bei uns zu gebären - und die war über 40.“ Wer unbedingt eine Intensivstation neben dem Kreißsaal brauche, habe wohl eine „eher sorgenvolle Haltung“ zur Geburt.

Ähnliches beobachtet Regina May vom Hebammenzentrum. Während die Zahl der Hausgeburten auf einem geringen, aber konstanten Niveau liege, gebe es einen starken Trend zu großen Kliniken. „Leider wird vor allem Schwangeren über 35 eingeredet, sie seien ein wandelndes Risiko. Wir wollen ihnen Optimismus vermitteln.“