London. Durch den Klimawandel wird sich das Risikogebiet für die von der Tsetsefliege übertragene Schlafkrankheit verschieben, prognostizieren US-amerikanische Forscher. Dadurch würden bis zu 77 Millionen Menschen zusätzlich von der Infektionskrankheit bedroht sein, die bis zum Tod führen kann.
Durch den Klimawandel könnten zukünftig bis zu 77 Millionen Menschen zusätzlich von der afrikanischen Schlafkrankheit bedroht sein. Denn das Risikogebiet für diese von Tsetsefliegen übertragene Infektionskrankheit werde sich durch die globale Erwärmung stark verschieben, prognostizieren US-amerikanische Forscher im Fachmagazin "Interface". So verlagere sich das Risikogebiet im Osten Afrikas um 60 Prozent weiter nach Süden in dicht besiedelte Hochlandgebiete.
"Diese Verschiebung wird bis zum Jahr 2090 die Gesundheit von zusätzlichen 46 bis 77 Millionen Menschen gefährden", sagt Erstautor Sean Moore von den Centers for Disease Control and Prevention (CDC) in Fort Collins. (DOI:10.1098/rsif.2011.0654) Die afrikanische Schlafkrankheit wird durch einzellige Parasiten, die sogenannten Trypanosomen, ausgelöst und über blutsaugende Tsetsefliegen auf Tiere und Menschen übertragen. Jährlich erkranken nach Angaben der Forscher in Afrika 70.000 Menschen an der mit hohen Fieber und Nervenschädigungen verbundenen Infektion, die zum Tod führen kann.
60 Millionen Menschen bereits bedroht
Rund 60 Millionen Menschen im Süden Afrikas seien bereits heute von der Krankheit bedroht. "Die Schlafkrankheit gilt als eine der zwölf Infektionskrankheiten, die sich durch den Klimawandel weiter ausbreiten könnten", sagen die Wissenschaftler. Wie sich eine Erwärmung, wie sie bis zum Ende dieses Jahrhunderts prognostiziert wird, auf den Erreger und die Überträgerfliegen auswirkt, habe man nun mit Hilfe eines Modells untersucht. Die neu gewonnenen Informationen seien wichtig für die Menschen und Gesundheitsbehörden in den zukünftig betroffenen Gebieten. "Sie zeigen aber auch, dass solche Modellierungen essenziell sind, um den Effekt des Klimas auf das Krankheitsrisiko besser zu verstehen", schreiben Moore und seine Kollegen.
Modell auf andere Krankheiten übertragbar
Das hier eingesetzte Modell könne nun auch für andere Infektionskrankheiten eingesetzt werden. Für ihre Studie hatten die Forscher die Verbreitung der ostafrikanischen Schlafkrankheit untersucht. Sie wird durch die Erreger-Unterart Trypanosoma brucei rhodesiense ausgelöst und kann innerhalb weniger Monate zum Tod der infizierten Patienten führen. Die in West- und Zentralafrika verbreitete Variante der Schlafkrankheit verläuft dagegen deutlich langsamer und kann erst nach Jahren in Erscheinung treten. Nach Angaben der CDC ereignen sich heute 95 Prozent der Krankheitsfälle durch die ostafrikanische Schlafkrankheit in Tansania, Uganda, Malawi und Sambia. Dieses Risikogebiet werde sich zukünftig nach Süden bis nach Südafrika hinein ausdehnen, sagen die Forscher. Im Norden entstünden dafür Lücken im bisherigen Verbreitungsgebiet.
Temperatur begrenzt Verbreitung
Entscheidend für die Verteilung des Erregers und der übertragenden Tsetsefliegen sei vor allem die Temperatur. "Unser Modell sagt voraus, dass sich die Schlafkrankheit in Gebieten mit einer mittleren Jahrestemperatur von 20,7 bis 26,1 Grad Celsius besonders gut halten kann", schreiben die Forscher. Die von Klimaforschern prognostizierte Erwärmung um 1,1 bis 6,4 Grad bis zum Ende des Jahrhunderts ermögliche es dem Erreger, sich in einige bisher zu kalte Gebiete auszubreiten, sagen Moore und seine Kollegen. Die Modellierung bedeute aber auch eine Entwarnung für einige bisher betroffenen Gebiete. So würden unter anderem Teile Südwest-Äthiopiens schon in den kommenden Jahrzehnten zu heiß für den Erreger und die meisten Tsetsefliegen. Auch der bisherige Epidemieherd South Luangwa Valley in Sambia liege ab dem Jahr 2055 wahrscheinlich nicht mehr in der Gefahrenzone. (dapd)