London. .

Das Klimaphänomen El Nino erhöht das Risiko für Bürgerkriege in bestimmten tropischen Ländern. Das haben US-amerikanische Forscher herausgefunden. Mit diesem Wissen könnte man sich künftig besser auf drohende Konflikte vorbereiten.

Bürgerkriege und gesellschaftliche Konflikte werden nicht nur von der Politik, sondern offenbar auch von natürlichen Klimaschwankungen beeinflusst: Alle drei bis sieben Jahre bringt das pazifische Klimaphänomen El Nino (übersetzt: das Christkind) vielen tropischen Regionen mehr Hitze und weniger Regen. In solchen Jahren verdoppelt sich die Wahrscheinlichkeit, dass in diesen Ländern ein Bürgerkrieg ausbricht. Das zeigt eine Studie US-amerikanischer Forscher.

Bei rund einem Fünftel aller bewaffneten Konflikte seit 1950 habe das fachsprachlich als El Nino Southern Oszillation (ENSO) bezeichnete Klimaphänomen vermutlich eine Rolle gespielt, berichten die Wissenschaftler im Fachmagazin „Nature“ (DOI:10.1038/nature10311).

Beispiele für den Einfluss von Klimaveränderungen auf gesellschaftliche Entwicklungen gab es bisher nur aus der ferneren Vergangenheit. So wird der Niedergang der Mayakultur in Mittelamerika vor rund 2800 Jahren mit einem trockener und heißer werdenden Klima in Verbindung gebracht. Auch die ägyptische Hochkultur erlebte 2130 vor Christus einen herben Einschnitt, den Forscher als klimabedingt werten.

Klima hat Einfluss auf gesellschaftliche Konflikte

Solche Zusammenhänge belegen die Wissenschaftler nun erstmals auch für die Neuzeit. „Diese Studie zeigt ein systematisches Muster, in dem das globale Klima Konflikte beeinflusst - und dies in der heutigen Zeit“, sagt Hauptautor Solomon Hsiang von der Columbia University. Das Wissen um dieses Muster könne möglicherweise dazu beitragen, sich besser auf die drohende Eskalation von Konflikten vorzubereiten - beispielsweise in Form von humanitärer Hilfe. Inwieweit auch andere Klimaphänomene und vor allem der Klimawandel heute gesellschaftliche Konflikte beeinflussen, müsse aber noch weiter erforscht werden.

„Wir wollen damit nicht sagen, dass das Klima unser Schicksal bestimmt“, sagt Ko-Autor Mark Cane vom Earth Observatory der Columbia University in New York, „aber dies liefert zwingende Belege dafür, dass das Klima einen messbaren Einfluss darauf hat, wie sehr Menschen kämpfen.“ Natürlich sei das Klima dabei nicht der alleinige Einflussfaktor. Auch Politik, Wirtschaft und andere Dinge spielten eine Rolle. „Wenn es soziale Ungleichheit gibt, die Menschen arm sind und es unterschwellige Spannungen gibt, dann kann das Klima dort den K.O.-Schlag liefern“, sagt Hsiang.

Zwar ermögliche die Studie es noch nicht, individuelle Konflikte eindeutig als klimabedingt einzustufen. Dennoch gebe es zwei Länder, Peru und den Süd-Sudan, deren Entwicklung „einem aus den Daten entgegenspringt“, berichtet Hsiang. So eskalierte in Peru im Jahr 1982 der Konflikt zwischen der Regierung und der Organisation „Leuchtender Pfad“ und löste einen 20 Jahre dauernden, blutigen Bürgerkrieg aus. Damals herrschte auch ein besonders starker El Nino. Dieser habe vor allem in den Bergen Perus zu Missernten geführt und könnte so den Konflikt angeheizt haben. „Wenn die Ernten ausfallen, greifen die Leute zur Waffe, einfach um zu überleben“, sagt Hsiang.

Rund 90 tropische Länder betroffen

Für ihre Studie analysierten die Wissenschaftler Klimadaten aus den Jahren 1950 bis 2004. Sie verglichen die Anzahl der neu ausbrechenden Konflikte in El-Nino-Jahren mit Jahren, in denen der Klimazyklus sein anderes Extrem erreichte, den La-Nina-Zustand. In rund 90 tropischen Ländern sei dieser Umschwung zwischen warm-trockenen El-Nino-Jahren und kühl-feuchten La-Nina-Jahren deutlich spürbar, sagen die Forscher.

Nur in diesen Ländern habe sich die Wahrscheinlichkeit für einen Konflikt in El-Nino-Jahren von drei auf sechs Prozent verdoppelt. In den restlichen, von diesem Klimazyklus unbeeinflussten Ländern bleibe die Wahrscheinlichkeit dagegen stabil bei zwei Prozent. Verfälschungen durch Altersstruktur, Einkommensentwicklung, Landwirtschaft oder Verstädterung schlossen die Wissenschaftler durch entsprechende Kontrolltests aus. (dapd)