Brüssel. . Es gibt kein Recht auf ein Kind aus dem Reagenzglas, hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg am Donnerstag entschieden. Geklagt hatten zwei Ehepaare aus Österreich, die mit Hilfe von gespendeten Eizellen ein Kind bekommen wollten.
Für kinderlose Paare in Europa dürfte das Urteil eine Enttäuschung sein: Ein Staat darf die Fortpflanzung im Labor, mit gespendetem Sperma oder fremden Eizellen, verbieten. Das entschied der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg am Donnerstag. Im konkreten Fall hatten zwei unfruchtbare Ehepaare aus Österreich geklagt.
Nur durch eine Befruchtung im Labor hätten die Frauen ein Kind zur Welt bringen können, das mit einem der beiden Elternteile verwandt ist. Die Entscheidung hat auch Auswirkungen auf Deutschland, weil die Rechtslage hier jener im südlichen Nachbarland sehr ähnlich ist.
Eizellen dürfen nicht gespendet werden
„Die deutsche Rechtslage ist hier zwischen den Zeilen bestätigt worden“, sagt der Berliner Anwalt Udo von Langsdorff, Spezialist für Medizinrecht. Wie in Österreich nämlich ist hierzulande die Spermaspende erlaubt – allerdings nur, wenn der fremde Samen der Frau eingepflanzt wird.
Eine Befruchtung im Labor schließt das Embryonenschutzgesetz aus. Eizellen hingegen dürfen nicht gespendet werden. Dies soll verhindern, dass ein Kind zwei Mütter hat, argumentierte die Bundesregierung in einer Stellungnahme zum aktuellen Fall.
Ausbeutung und Designer-Babys
Wenn eine Frau ein Kind austrage, das aus einer fremden Eizelle hervorgegangen sei, könne dies zu allerlei psychologischen Problemen für das Kind führen, zudem sei die Entnahme der Eizellen bei einer Spenderin ein riskanter Eingriff, so die Experten der Bundesregierung.
Die österreichische Regierung fürchtet zudem, die Eizellspende könne zur wirtschaftlichen Ausbeutung der Spenderin führen. Die Zeugung im Reagenzglas mit fremdem Sperma oder fremden Eizellen könne ferner die Zucht von Designer-Babys befördern.
Keine einheitliche Gesetzeslage in Europa
Erlaubt ist in Österreich wie in Deutschland die Entnahme, Befruchtung und Wieder-Einpflanzung eigener weiblicher Eizellen. Ebenfalls zugelassen ist in beiden Ländern die Befruchtung mit Spender-Sperma, dies allerdings nur im Körper der Frau. Diese Regelung sei widersprüchlich, hatten die beiden Klägerpaare moniert. Doch während die Kammer (die erste Instanz des EGMR) ihnen im April 2010 Recht gab, kassierte die Große Kammer das Urteil. Der Richterspruch vom Donnerstag ist bindend.
Ein Staat dürfe enge Vorgaben machen zur künstlichen Befruchtung, befanden die Richter. Denn von einer einheitlichen Gesetzeslage zur Samen- und Eizellspende könne in den 47 europäischen Staaten, für die die Rechtsprechung des EGMR gilt, keine Rede sein. Zwar gebe es einen Trend, die Spende zur Befruchtung im Labor zu erlauben.
Großzügiger Ermessensspielraum
Angesichts des raschen wissenschaftlichen Fortschritts sei dies jedoch allenfalls eine vorübergehende Entwicklung. Der Gesetzgeber könne deshalb von einem großzügigen Ermessensspielraum Gebrauch machen. Zudem stelle Österreich Paaren wenig Hürden in den Weg, die Befruchtungskliniken im Ausland nutzen.
Geklagt hatten zwei verheiratete Paare aus Österreich, beide können auf natürlichem Weg keine Kinder bekommen. Beim Ehepaar H. sind beide Partner unfruchtbar, Frau H.s Körper bildet allerdings Eizellen. Beim Ehepaar G. produziert der Mann Sperma. Beide wollten deshalb fremde Eizellen bzw. fremdes Sperma im Labor befruchten lassen. (Aktenzeichen: 57813/00)