Rostock/Essen. .

Eine 29-Jährige darf mit dem Samen ihres toten Ehemannes schwanger werden. Das hat das Oberlandesgericht Rostock entschieden. Eine Klinik muss mehrere Eizellen an Ines S. herausgeben, die noch vor dem Tod ihres Mannes künstlich befruchtet worden waren.

Zwei Jahre lang hat Ines S. vor Gericht darum gekämpft, ein Baby von ihrem toten Ehemann zu bekommen. Nun gab das Oberlandesgericht Rostock der 29-Jährigen Recht: Eine Klinik muss mehrere künstlich befruchtete Eizellen an Ines S. herausgeben.

Das Paar lässt im Jahr 2008 neun befruchtete Eizellen einlagern. Kurz darauf stirbt der Mann bei einem Motorradunfall. Ines S. will dennoch schwanger werden. Sie möchte, dass „ein Stück meines Mannes“ in dem Kind weiterlebt. Doch die Ärzte lassen die Nutzung der Eizellen nicht zu und begründen dies mit dem Em­bryonenschutzgesetz. Da­rin steht, dass die künstliche Befruchtung mit dem Samen eines Toten verboten ist.

„Die Eizellen sind doch schon vor dem tödlichen Unfall befruchtet worden“, sagte die Anwältin von Ines S. Die Richter folgten in zweiter Instanz diesem Argument.

Juristen plädieren für befristete Lagerung

„Dieses Urteil ist nicht abwegig. Ich finde es gut, dass die Rechte der Mutter mit berücksichtigt wurden. Allerdings lässt das Embryonenschutzgesetz in diesem Fall gar keine eindeutige Beurteilung zu“, sagt der Jurist Jochen Taupitz, Mitglied des Deutschen Ethikrates. „Die Frage ist, ob es eine Befruchtung gegeben hat oder nicht. Und das ist reine Auslegungssache“, so der Professor.

Sabine Kliesch, Reproduktionsmedizinerin an der Uni-Klinik Münster, bestätigt das: „Wir reden hier über so genannte Vorkerne. Das sind früheste Formen einer befruchteten Zelle. Zu diesem Zeitpunkt ist Leben noch nicht eindeutig entstanden“, erklärt Klisch. Die Mediziner seien sogar vom Gesetzgeber gehalten, die Vorkerne so früh wie möglich einzufrieren. Maximal drei Tage dürfen die Zellen kultiviert werden, dann ruhen sie bei minus 180 Grad in flüssigem Stickstoff. Haltbarkeit: unbegrenzt.

Jurist Jochen Taupitz meint, dass man in Deutschland die Lagerung dieser Eizellen befristen sollte: „Man könnte damit noch nach Jahrzehnten ein Kind reifen lassen. Damit würde sogar die Generationengrenze überschritten. In Österreich ist die Lagerung zum Beispiel auf ein Jahr begrenzt.“

Sabine Kliesch erinnert daran, dass es viele Männer gibt, die ihre Spermien einfrieren lassen. „Hier ist die Rechtslage im Gegensatz zu dem Fall von Ines S. aber eindeutig: Spermien dürfen nicht mehr verwendet werden, wenn der Mann stirbt. Der Lagerungsvertrag mit der Klinik endet mit dem Tod.“

Ines S. will sich die Eizellen nun legal in einer polnischen Klinik einpflanzen lassen.