Düsseldorf/Berlin. . Typ 2 Diabetes lässt sich oft lange ohne Medikamente behandeln. Vor allem Gewichtsabnahme und Bewegung können die Erkrankung in der Frühphase zum Verschwinden bringen, so Michael Roden vom Deutschen Diabetes Zentrum in Düsseldorf.
Eltern, Nachbarn, gute Freunde: Fast jeder kennt mittlerweile irgendjemanden, der Diabetes Typ 2 hat. Sie betrifft vorwiegend Männer und Frauen ab dem 50sten Lebensjahr. Hinter der Erkrankung stecken oft falsche Ernährungsgewohnheiten und Übergewicht: "Diabetes ist in vielen Fällen ein Wohlstandssyndrom", sagt Michael Roden, Direktor des Deutschen Diabetes Zentrums in Düsseldorf.
Doch es gibt gute Nachrichten: Selbst bei jahrelangen falschen und ungesunden Gewohnheiten kann die Stoffwechselerkrankung noch aufgefangen werden, vorausgesetzt man reißt das Ruder rechtzeitig herum: "Typ 2 Diabetes lässt sich oft lange ohne Medikamente behandeln. Vor allem Gewichtsabnahme und Bewegung können die Erkrankung in der Frühphase zum Verschwinden bringen", sagt Roden. Auch neue Ernährungsgewohnheiten sind wichtig.
Rechtzeitiges Reagieren ist wichtig
Diabetes Typ 2 kommt auf leisen Sohlen: "Die Betroffenen merken oft jahrelang überhaupt nichts von ihrer Erkrankung", sagt der Diabetologe. Die Diagnose beim Arzt wird oft nur zufällig gestellt, zum Beispiel weil aufgrund einer Grippe Urin oder Blut untersucht wurde.
Allerdings sollten gerade Menschen mit Übergewicht und Diabetes-Häufigkeit in der Familie, sich regelmäßig beim Arzt checken lassen: "Viele neigen dazu, das Risiko auf die leichte Schulter zu nehmen, aber unentdeckt oder unbehandelt, ist Diabetes Selbstmord auf Raten." Wer betroffen ist, sollte auf keinen Fall den Kopf in den Sand stecken, rät der Mediziner: "Man kann viel gegen die Stoffwechselerkrankung tun und die Lebensqualität dadurch auch insgesamt erhöhen."
Keine Selbstversuche ohne ärztliche Kontrolle
Früher war mit der Diagnose Diabetes klar, dass die Küchen- und Kochregeln ab sofort sehr kompliziert werden. Diabetiker mussten Broteinheiten zählen und sich an minutiös geplante Essenszeiten und -häufigkeiten halten. "Das gibt es heute nicht mehr", sagt Michaela Berger, stellvertretende Vorsitzende der Organisation "diabetesDE" in Berlin. Die Ernährungsberaterin ist selbst Diabetikerin und macht Betroffenen Mut: "Für Diabetiker gelten heute genau die gleichen Ernährungsempfehlungen wie für stoffwechselgesunde Menschen.
Mit einer ausgewogenen, gesunden Ernährungsweise können Diabetiker es schaffen, ihren Blutzuckerspiegel wieder ins Lot zu bringen." Allerdings sollte eine medikamentenfreie Behandlung in jedem Fall ärztlich begleitet werden, betont der Mediziner Roden: "Es muss sichergestellt sein, dass die Lebensstiländerung allein ausreichend ist."
Leben mit Diabetes
Zu den Kontrolluntersuchungen gehöre sowohl die tägliche Blutzuckermessung, die von den Betroffenen selbst getätigt werden kann, aber auch die Langzeitzuckermessung in der ärztlichen Praxis, für die eine Blutabnahme erforderlich ist. Auch bei Diabetikern, die bereits Medikamente nehmen, könne es nachträglich möglich sein, die Medikamente herunterzufahren: "Auch das darf aber nur unter ärztlicher Kontrolle und engmaschiger Blutzuckerspiegelüberprüfung stattfinden", warnt der Experte.
Die erfolgreiche Medizin heißt Konsequenz
Ein bisschen Sport, ein bisschen Abnehmen, ein bisschen gesünder essen - so einfach ist es leider nicht. "Wer wirklich ohne Medikamente leben will, muss den Lebensstil konsequent und vor allem nachhaltig verändern", betont Berger. Gerade beim Thema Ernährung ist das aber nicht ganz einfach, schließlich hat man viele lieb gewonnene Ernährungsgewohnheiten. Auch wissen viele Menschen gar nicht, wie viel Zucker oder Fett in bestimmten Lieblings-Lebensmitteln steckt, weiß die Expertin.
Drei Mahlzeiten stünden auf dem Plan: viel Gemüse, wenig und mageres Fleisch, öfter mal Fisch, Süßes und fruchtzuckerreiches Obst nur als Ausnahme und in Maßen: "Grundsätzlich kann man sich an die Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung halten", sagt Berger. Wer aber erfährt, dass zehn Weintrauben den gleichen Zuckerinhalt wie zwei Kiwis haben, man für den Energieabbau eines Stückes Apfelkuchen sechs Kilometer laufen müsste oder mit zwei Leberwurstbroten bereits der Tagesbedarf an Fett überschritten ist, ahnt, dass es komplizierter wird. Die Expertin empfiehlt deshalb eine Ernährungsberatung.
Auch Sport und Bewegung gehören ins Programm
Beim Walken oder Joggen kommt der Stoffwechsel in Gang; Herz- und Kreislauf werden angeregt: Von diesen gesundheitsfördernden Aspekten profitieren Diabetiker ganz besonders. "Sport verbessert den Traubenzuckereinstrom in die Zellen unabhängig vom Insulin und reduziert so den Blutzuckerspiegel", sagt Mediziner Roden. "Um die Insulinwirkung und den Blutzucker ausreichend zu verbessern, müssen Diabetiker regelmäßig die Sportschuhe schnüren."
Mindestens dreimal pro Woche für 30-60 Minuten bei mindestens 60 Prozent der maximalen Belastbarkeit sind erforderlich. Allerdings müsste diesem sportiven Programm eine ärztliche Begutachtung und Beratung vorangehen, rät Roden: "Nicht alle Menschen mit oder ohne Diabetes sind gesundheitlich und körperlich für ein solches Programm geeignet." (dapd)