Gelsenkirchen.
Das Marienhospital in Ückendorf veranstaltet einwöchige Kurse für junge Diabetiker. Die Kinder lernen hier den Umgang mit ihrer Krankheit im Alltag.
Eine große Tapete liegt auf dem Tisch in der Kinderklinik des Marienhospitals. Darauf ist ein Mensch mit bunten Organen gemalt. „Lea, was ist denn das Grüne da?“, fragt Assistenzärztin Nadine Grossmüller. „Der Magen“, sagt das kleine Mädchen. Richtig. „Und was ist das Gelbe?“, fragt Grossmüller weiter. „Die Bauchspeicheldrüse“, antwortet Nils. Auch richtig. „Und was macht die?“, fragt die Ärztin weiter. „Bei uns ist die kaputt“, sagt Lukas. Wieder richtig. Aber eigentlich müsste sie Insulin herstellen. Nils, Lea, Lukas und die sieben anderen Kinder haben eins gemeinsam - sie sind alle an Diabetes erkrankt.
Sie alle sind Teilnehmer des einwöchigen Ferien-Workshops für junge Diabetiker in der Ückendorfer Kinderklinik. Ferien im Krankenhaus? Klingt komisch, ist aber so. Denn obwohl die Kinder viel über Diabetes lernen, haben sie doch auch eine Menge Spaß. Ein abwechslungsreiches Freizeitprogramm von Sport zu Spielen bis hin zum Kinobesuch gibt das Gefühl von einer Ferienfreizeit mit Gleichgesinnten – nur eben im Krankenhaus. Denn die Krankheit selbst wird nie vernachlässigt. „Die Kinder sollen den eigenständigen Umgang mit der Krankheit üben“, sagt Assistenzärztin Nadine Grossmüller. Sie leitet das Angebot zusammen mit Oberarzt Dr. Matthias Papsch und Kinderpsychologin Cordula Drießen.
Angebot auch für Eltern
Es gehe hauptsächlich darum, den Kindern die Theorie nahezubringen. Sie sollen verstehen lernen, warum sie sich vor jedem Essen den Blutzuckerspiegel messen und Insulin spritzen müssen. „In einer Gruppe mit Leidensgenossen fällt es den Kindern auch viel leichter damit umzugehen“, sagt sie. Zudem sei es wichtig, dass die Kinder die Notwendigkeit verstehen und auch zu Hause auf ihren Blutzucker achten.
Die ganzen Ferien über werden diese Workshops angeboten. Jeweils von Montag bis Freitag werden die Kindergruppen im Krankenhaus betreut. Auch für die Eltern sei das Angebot sehr gut. „Sie haben hier die Möglichkeit, die Kinder mal loszulassen und sich nicht ständig um ihre Krankheit sorgen zu müssen“, sagt Grossmüller. Dabei ist es natürlich ein Vorteil, dass die Kinder hier professionell versorgt werden.
Auch altersgerecht werden die Kinder betreut. „Je nach dem unterscheiden sich natürlich die Themen“, sagt Drießen und Grossmüller ergänzt: „Mit älteren Kindern reden wir mehr über ihre beruflichen Möglichkeiten und Folgeerkrankungen, während wir bei den jüngeren Grundlagen spielerisch vermitteln.“
Krankheit automatisch in den Alltag einbinden
Wie schnell die Kinder ihre Krankheit automatisch in den Alltag einbinden, zeigen viele kleine Situationen: Wie selbstverständlich holt Philipp sich kurz vor dem Essen sein Etui, das seinen Blutzuckermesser und die Insulin-Spritze enthält. Auf großen Karten werden dann die Werte eingetragen - das Essen wird auf den Wert abgestimmt. Alle machen sofort mit, denn eben haben sie gelernt, wie gefährlich es ist, wenn sie sich Insulin spritzen und nichts essen. „Da kann man ohnmächtig werden“, sagt Halil.
Eine ergänzende Schulung wie diese hält Oberarzt Papsch für sehr sinnvoll. „Aber natürlich überdenken wir das Konzept auch jedes Jahr neu - prüfen, was man verbessern könnte“, sagt er. Die Teilnehmer sind allesamt Patienten der Kinderklinik. Viele von ihnen kommen jedes Jahr zur Schulung. „Für manche ist es wirklich wie eine Ferienreise“, sagt Grossmüller.