Berlin/Köln. . In Norddeutschland ist eine weitere Frau an den Folgen einer Infektion mit dem gefährlichen Darmkeim Ehec gestorben. Unterdessen suchen Experten weiter nach der Herkunft des Erregers. Die NRW-Landesregierung ordnete einen Importstopp für spanische Gurken an.
Der gefährliche EHEC-Erreger hat in Deutschland ein weiteres Todesopfer gefordert. Eine ältere Frau aus Cuxhaven sei am Freitagmorgen in einem Bremer Krankenhaus gestorben, sagte der Sprecher des Gesundheitsministeriums in Hannover, Thomas Spieker. Bei der Frau des Jahrgangs 1934 war eine Infektion labordiagnostisch nachgewiesen worden, sie litt an der schweren Darminfektion, dem sogenannten Hämolytisch-Urämischen Syndrom (HUS).
Zudem wurde inzwischen bei einem schon bekannten Todesfall der tödliche Erreger nachgewiesen. Es handelte sich um einen 38-jährigen Hamburger, der am Dienstag tot in seiner Wohnung gefunden worden war. Damit gibt es bundesweit bislang sechs Todesfälle, die mit EHEC in Verbindung gebracht werden. In fünf Fällen wurde der Zusammenhang bestätigt, in einem Fall steht die Bestätigung noch aus.
Spurensuche geht weiter
Unterdessen geht die Spurensuche nach der Herkunft des gefährlichen Keimes weiter. Nachdem bereits am Donnerstag drei von vier belasteten Salatgurken nach Spanien zurückverfolgt werden konnten, deuten Hinweise bei der vierten positiv getesteten Gurke auf Lieferwege aus den Niederlanden hin. Die Ermittlungen diesbezüglich liefen noch, sodass bislang kein Unternehmen benannt werden könne, hieß es bei der Hamburger Gesundheitsbehörde.
Zwischen den Betrieben, aus denen die Ehec-belasteten Gurken stammten, und der Hamburger Gesundheitsbehörde entwickelte sich derweil ein Streit um die Kontaminationsursache. Hersteller Pepino Bio Frunet sagte, die Gurken seien auf dem Weg nach Deutschland verunreinigt worden. Während des Transport seien die Gurken heruntergefallen. Die Hamburger Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks (SPD) wies diese Anschuldigungen zurück: "Dass die belasteten Gurken von einer einzigen Palette stammten, die durch ein Umkippen verseucht wurden, können wir aufgrund der Probenentnahme an unterschiedlichen Stellen ausschließen", sagte sie. Auch könne Ware von einer einzigen Palette unmöglich zu EHEC-Primär-Infektionen mit diesem Ausmaß führen.
NRW-Landesregierung setzt auf Import-Stopp
Im Kampf gegen die Ehec-Secuhe setzt die NRW-Landesregierung jetzt auf einen Import-Stopp für spanische Gurken. Am Freitag wurde ein Erlass veröffentlicht, demzufolge nur noch solche Gurken aus Spanien verkauft, vertrieben und verarbeitet werden dürfen, die "zweifelsfrei" nicht mit Ehec-Keimen belastet sind. Da ein solches Testat etwa fünf Tage dauert, entspricht die Regelung de facto einem Import-Stopp. Kantinen, Gaststätten und Imbisse sollten zur Sicherheit vorerst darauf verzichten, Rohkost anzubieten.
Der Präsident des Robert-Koch-Instituts (RKI), Reinhard Burger, hat unterdessen noch keine Entwarnung vor dem Ehec-Erreger gegeben. "Der Ausbruch geht weiter, von gestern auf heute sind 60 neue HUS-Fälle - also schwere Verläufe der Ehec-Infektion - dazugekommen", sagte Burger am Freitag dem ARD-"Morgenmagazin". Es müssten jetzt weiterhin die Infektionsketten aufgeklärt werden, um zu sehen, von welchem Lebensmittel der Erreger stamme und in welchem Bereich der Produktion, der Auslieferung oder der Verpackung der Erreger auf das Lebensmittel gekommen sei.
Bauernpräsident Gerd Sonnleitner will angesichts der mit Ehec verseuchten Gurken aus Spanien schärfere Regeln für Importgemüse. „Wir fordern, dass es in der EU einheitliche Standards gibt. Diese Regeln müssen auch für Drittländer gelten, die zu uns liefern“, sagte Sonnleitner der in Düsseldorf erscheinenden „Rheinischen Post“.
„Importe werden lascher geprüft“
Er fügte hinzu: „Bei uns herrschen sehr strenge Regeln und über die gesamte Kette wird kontrolliert, was wir akzeptieren und für richtig halten. Importe werden leider wesentlich lascher geprüft.“ Wenn etwas passiere wie nun im Fall der Ehec-Erreger, dann seien die deutschen Bauern auch die Leidtragenden, weil es eine generelle Zurückhaltung der Verbraucher gebe.
Zugleich warf Sonnleitner dem Robert-Koch-Institut missverständliche Empfehlungen nach der Entdeckung von Ehec-Keimen an spanischen Salatgurken vor. Die Empfehlung des RKI, kein Gemüse aus Norddeutschland zu kaufen, sei für die Bauern verheerend gewesen, sagte er der „Berliner Zeitung“.
Jeder, der nur ein bisschen Ahnung von der Natur habe, wisse, dass es in Norddeutschland in dieser Jahreszeit keine Freilandgurken und Tomaten gibt. „Die konnten also gar nicht mit Gülle in Berührung kommen“, erklärte er. Der Bauernverband rechne mit „massiven Ausfällen“ für die Gemüsebauern. (afp/dapd)