Essen. Die größte Impfaktion in der Geschichte der Bundesrepublik ist angelaufen. Allerdings meldeten viele Praxen aus NRW am Montag geringes Interesse für die Immunisierung gegen Schweinegrippe. Experten riefen zur Teilnahme auf und warnten zugleich vor den Folgen von Impfmüdigkeit.

In NRW hat die Massenimpfung gegen die Schweinegrippe begonnen. Landesgesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) sagte auf WDR 5, er wolle niemanden überreden, sich impfen zu lassen. Die Impfung sei aber sinnvoll. Für besonders wichtig hält es der Minister, dass zuerst die Mitarbeiter in Krankenhäusern und Arztpraxen davor geschützt werden, sich und Patienten anzustecken. Eine Impfpflicht gibt es aber nicht.

Der Minister hatte bereits in der vergangenen Woche die Sicherheit und Verträglichkeit des für NRW georderten Impfstoffs Pandemrix betont. «Impfstoffe unterliegen der Zulassungspflicht nach dem Arzneimittelgesetz und müssen ein Zulassungsverfahren durchlaufen», sagte er. «Darin werden neben der pharmazeutischen Qualität die Wirksamkeit und Unbedenklichkeit überprüft - und das gilt ausdrücklich auch für den aktuellen Impfstoff, der am 1. Oktober zugelassen wurde.» Nur «sehr selten» gebe es Nebenwirkungen.

«Das Land hat eine flächendeckende Versorgung mit den Kommunen zusammen vorbereitet», sagte der Minister. Außerdem seien Informationen über die kostenpflichtige Hotline der Landesregierung unter der Nummer 0180 - 3 100 210 sowie im Internet erhältlich.

Auch die Ärztekammer Westfalen-Lippe empfiehlt die Impfung. «Noch breitet sich die neue Influenza in Deutschland nicht so schnell aus wie in anderen Ländern. Durch eine rasche Impfung besteht die Möglichkeit, die Ausbreitung einzudämmen. Durch weiteres Abwarten würde dieser Zeitvorteil verspielt», sagte der Präsident der Kammer, Theodor Windhorst.

Impfaktion läuft schleppend an

Die größte Impfaktion in der Geschichte der Bundesrepublik ist vielerorts nur schleppend angelaufen. Vor allem in den bevölkerungsreichsten Bundesländern Nordrhein-Westfalen und Bayern meldeten viele Praxen am Montag geringes Interesse für die Immunisierung gegen Schweinegrippe. Zwar waren zumeist vor allem Berufsgruppen wie Ärzte, Schwestern, Rettungskräfte und Polizisten zu der freiwilligen Aktion aufgerufen. In einigen Ländern konnten sich aber bereits alle Patienten impfen lassen.

Bis Mitte der Woche soll die Impfung im ganzen Bundesgebiet angelaufen sein. Nach dem sogenannten Schlüsselpersonal kommen auch chronisch Kranke und dann jeder andere Impfwillige an die Reihe. Experten riefen zur Teilnahme auf und warnten zugleich vor den Folgen von Impfmüdigkeit.

In der nordrhein-westfälischen Landeshauptstadt Düsseldorf hielt sich die Impfbereitschaft in Grenzen. An der zentralen Stelle des Gesundheitsamtes waren nur wenige Feuerwehrleute, Polizisten und Mitarbeiter der Rettungsdienste zu sehen. Vor allem ältere Menschen steuerten die Impfräume des Amtes an. «Der Impfstoff ist da, also schicken wir auch niemanden weg», sagte Stadtsprecher Michael Bergmann.

Experten raten eindringlich zur Teilnahme

Experten riefen erneut eindringlich dazu auf, an der Aktion teilzunehmen. «Wir raten durchaus zur Impfung, denn es ist nicht abzusehen, wie stark sich die Grippe entwickelt», sagte der Regensburger Medizinprofessor Wolfgang Jilg, der auch Mitglied der Ständigen Impfkommission ist, dem Bayerischen Rundfunk.

Die geplante bundesweite Immunisierung hatte schon vor Beginn für großen Wirbel gesorgt: Hintergrund sind Wirkstoffverstärker, die die Spritze weniger verträglich machen können als normale Influenza-Impfungen. Außerdem wurde bekannt, dass die Bundesregierung für Spitzenpolitiker, hohe Bundesbeamte und Soldaten einen Impfstoff bestellt hat, der anders als der für die Normalbevölkerung keine Verstärker enthält.

Der Berufsverband Deutscher Internisten warnte vor den Folgen einer generellen Impfmüdigkeit. Verbandspräsident Wolfgang Wesiack warf der Regierung ungeschicktes Vorgehen vor, mit dem sehr viel Vertrauen in der Bevölkerung verspielt worden sei: «Das kann ein Millionen-Flop werden», warnte er. (ap/ddp)