Düsseldorf. . Gesundheitsministerin Barbara Steffens (Grüne) ist alarmiert über Entwicklung der Krankheit. Fast jeder zweite Erwachsene ist mindestens einmal im Leben psychisch krank.

Immer mehr Menschen in NRW müssen wegen Depressionen oder anderen psychischen Erkrankungen in Kliniken behandelt werden. Gesundheitsministerin Barbara Steffens (Grüne) warnte gegenüber unserer Zeitung vor einer „alarmierenden Entwicklung“. Durch Stress und krank machende Überforderung werde inzwischen fast jeder zweite Erwachsene mindestens einmal im Leben psychisch krank.

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Von Alina Reichhardt und Laura Réthy

Auf Grund der Zunahme der Depressionen stockt NRW das Angebot in psychiatrischen Tageskliniken und stationären Einrichtungen im neuen Krankenhausplan um 2200 Plätze auf 20 300 Plätze auf. Ziel ist die wohnortnahe Versorgung unter Einbeziehung niedergelassener Fachärzte. Bundesweit ist die Patientenzahl in Psychiatrien in den letzten zehn Jahren um mehr als 20 Prozent auf über 850 000 behandelte Fälle im Jahr angewachsen. Damit zählen Depressionen zu den großen Volkskrankheiten. Die durchschnittliche stationäre Behandlungsdauer: 33 Tage.

Steffens kritisierte, dass immer mehr Menschen fast permanent online seien. „Das Gesundheitssystem kann die Entwicklung allein nicht stoppen“, sagte sie. Nur durch eine Rückkehr zu einem gesünderen Leben könne der Trend umgekehrt werden.

NRW arbeitet an einem Landespsychatrieplan 

Mit drastischen Zahlen und Fakten hat Gesundheitsministerin Barbara Steffens (Grüne) ihre Warnung vor einer alarmierenden Zunahme von Depressionen untermauert. „Das Problem wird immer drängender“, mahnte sie gestern.
- Der Anteil der NRW-Bürger, die aufgrund psychischer Störungen nicht oder nur eingeschränkt arbeitsfähig sind, stieg in den letzten zwölf Jahren um 56 Prozent.
- Im Durchschnitt war jede Erwerbsperson in NRW im letzten Jahr 2,8 Tage krank wegen Depressionen oder Belastungsstörungen.
- Bei jedem fünften Kind zwischen 3 und 17 Jahren wurden Hinweise auf eine psychische Störung festgestellt.
- Der Anteil der Kinder und Jugendlichen, denen Psychopharmaka verordnet wurden, stieg in sieben Jahren um fast 40 Prozent.

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Laut Bundestherapeutenkammer müssen Menschen mit seelischen Leiden im Schnitt drei Monate auf ein Erstgespräch mit dem Therapeuten warten – bis zur eigentlichen Therapie dauert es meist sogar sechs Monate. NRW arbeitet an einem Landespsychiatrieplan, um eine bessere Abstimmung zwischen stationären und ambulanten Behandlungsangeboten zu erzielen. So sollen Wartezeiten auf die fachärztliche Behandlung und Psychotherapie verkürzt und Reha-Maßnahmen eingebunden werden.

Zusätzliche Angebote

„Wir müssen bei der Suche nach den Ursachen für psychische Erkrankungen künftig viel stärker die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen in den Blick nehmen“, forderte Steffens. Oft lägen in der ständigen Beschleunigung die Gründe für die krank machende Überforderung.

Eine zusätzliche Herausforderung sieht Steffens darin, für traumatisierte Flüchtlinge psychosoziale und therapeutische Hilfen sicherzustellen. „Im Bereich der stationären Versorgung hoch traumatisierter Flüchtlinge sind die Angebote nicht ausreichend“, räumte die Ministerin ein. „Wir brauchen Therapeuten, die die Muttersprache der Flüchtlinge beherrschen.“ Extra- Angebote soll es in psychosozialen Zentren unter anderem in Düsseldorf und Bochum geben.