Oberhausen/Essen. . Die Leber, das zentrale innere Organ unseres Körpers ist lebenswichtig. Deshalb gelten erhöhte Leberwerte auf jeden Fall als Warnsignal. Wir erklären, wer zu einer der Risikogruppen zählt und welche Möglichkeiten jeder selbst in der Hand hat, sein Erkrankungsrisiko zu senken. Denn wenn nur noch eine Spenderleber helfen kann, sieht es alles andere als gut aus: Spenderorgane sind rar.

An flotten Sprüchen zu diesem Organ mangelt es nicht: „Wo früher meine Leber war, ist heute eine Minibar!“ Darüber wird am Stammtisch gelacht, doch der Hintergrund stimmt nachdenklich. Denn tatsächlich zählt die Fettleber, die durch zu viel Alkohol und ungesunde Ernährung entsteht, zu den häufigsten Erkrankungen. Das ist ein Thema des Deutschen Lebertags am 20. November, zu dessen Referenten Professor Claus Niederau, Gastroenterologe (Experte für den Magen-Darm-Trakt) sowie Chefarzt der Klinik für Innere Medizin am Katholischen Klinikum Oberhausen gehört.

Warum ist die Leber so ein wichtiges Organ?

„Ohne eine funktionierende Leber kann der Mensch nicht leben“, sagt Prof. Claus Niederau. Innerhalb dieses Organs werden viele Substanzen im Körper auf-, um- und abgebaut. Die Leber speichert unter anderem wichtige Vitamine, Eiweiße, Zucker, Schwermetalle. Sie entgiftet den Körper und ist entscheidend an der Regulation des Wasser- und Hormonhaushaltes beteiligt.

Welchen Einfluss haben Alkohol und Ernährung auf sie?

Zu viel Alkohol sowie eine einseitige Ernährung mit Übergewicht lassen eine sogenannte Fettleber entstehen. Man findet sie laut Niederau in Europa bei 15 bis 30 Prozent der Bevölkerung und bei rund der Hälfte aller Diabetiker. Die nicht-alkoholische Fettleber wird als NAFLD (Non-Alcoholic-Fatty-Liver-Disease) bezeichnet. Das bedeutet: eine reine Leberverfettung mit einem Risiko für Diabetes und Gefäßerkrankungen. Rund zehn Prozent aller Fettleberpatienten leiden zusätzlich unter Entzündungen und Fibrose (Vermehrung von Bindegewebsfasern) – man spricht dann von einer nicht-alkoholischen Steatohepatitis (NASH).

Ein ähnliches Bild sieht man bei der alkoholischen Steatohepatitis (ASH). Experte Niederau: „Die NASH- und ASH-Patienten haben ein Risiko für die Entwicklung von Leberzirrhose und bösartigen Tumoren. Bei der NASH hängt dieses Risiko vom Ausmaß des Übergewichts, von der Entstehung eines Typ 2 Diabetes und von genetischen Faktoren ab.“

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Welche Lebererkrankungen gibt es noch?

Neben der Fettleber zählen Hepatitis B oder C zu den wichtigen chronischen Erkrankungen dieses Organs. Darunter leiden in Deutschland mindestens jeweils 300 000 Menschen, so die Schätzung von Experten. Hepatitis C ist laut der Deutschen Leberhilfe eine Entzündung, die durch ein Virus verursacht wird, das man über infiziertes Blut bekommen kann, wenn dieses in die Blutbahn eindringt. Häufige Infektionsquellen waren infizierte Blutprodukte vor 1991, heute sind es verschmutzte Nadeln bei Drogenabhängigen oder andere scharfkantige Instrumente wie gemeinsam benutzte Rasierklingen. Auf diese Weise kann auch das Hepatitis B-Virus übertragen werden, mit dem man sich laut der Leberhilfe auch über Sexualverkehr anstecken kann – oder es wird von der infizierten Mutter auf ihr Neugeborenes übertragen. Rund 5000 Menschen erkranken zudem jedes Jahr neu in Deutschland an Leberkrebs, Tendenz stei­gend.

Gibt es Risikogruppen?

In Deutschland werden Kinder in der Regel gegen Hepatitis B geimpft – das war bei vielen Migranten aus Ländern, in denen Hepatitis B und C häufig auftreten, nicht der Fall. Deshalb empfehlen auch Fachleute des Robert-Koch-Instituts, diese Risikogruppen mithilfe von Bluttests zu überprüfen, zu impfen (gegen Hepatitis B, weil es gegen Hepatitis C noch keine Impfung gibt) und Betroffene zu behandeln, damit sie Angehörige und Freunde nicht anstecken. Auch wer drogenabhängig ist oder war oder vor 1990 Transfusionen von Blut oder Blutprodukten erhielt, trägt ein erhöhtes Risiko.

Wie erkennt man Leberleiden?

„Es dauert Jahre, bis sich schwere Schäden entwickeln – und viele Menschen verspüren in dieser Zeit wenig, fühlen sich höchstens müde“, sagt Professor Claus Niederau. Ein gefährliches Phänomen, denn für die erfolgreiche Behandlung ist eine frühe Diagnose wichtig. Deshalb lautet die Empfehlung der Leberhilfe, die Leberwerte beim Hausarzt testen zu lassen und es nicht auf die leichte Schulter zu nehmen, wenn diese erhöht sind. „Das bedeutet, dass die Zellen verstärkt Enzyme – GOT und GPT genannt – freisetzen, was ein Anzeichen für eine Entzündung ist“, erklärt der Leberexperte. Es gelte, die Hintergründe abzuklären – dazu kann ein Facharzt wie ein Gastroenterologe oder Internist befragt werden.

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Wie werden sie behandelt?

Bei einer Fettleber helfen laut Claus Niederau keine Medikamente – nur weitgehender Alkoholverzicht, eine Ernährungsumstellung und Sport sowie weitere Maßnahmen gegen einen bestehenden Diabetes und Übergewicht. Die Behandlung der Hepatitis B richtet sich nach der Virusmenge im Blut sowie nach der Ausprägung von Entzündung und Vernarbung (Fibrose). Der Experte führt aus: „Mithilfe neuer Medikamente kann man heute fast jeden Patienten mit Hepatitis B ohne wesentliche Nebenwirkungen behandeln; es gelingt aber meist nicht, das Virus zu eliminieren, so dass eine langfristige Therapie notwendig ist.“ Im Gegensatz dazu könne Hepatitis C erfolgreicher behandelt werden – jetzt sogar ohne die Nebenwirkungen, die bisher auf das Gegenmittel Interferon zurückzuführen waren. Diese Therapie kostet derzeit rund 80 000 Euro und wird deshalb heftig mit den Krankenkassen diskutiert. Niederau: „Der Preis relativiert sich, wenn man bedenkt, dass 90 Prozent aller Patienten geheilt werden können.“ Ist die Leberfunktion hingegen ein für alle Mal geschädigt, hilft nur noch eine Transplantation. Der Experte fügt an: „In Deutschland stehen jedoch zu wenige Organe zur Verfügung, so dass viele Patienten auf der Warteliste sterben.“

Lebertag und Co.: Wo es weitere Infos gibt

Wer seine Leber schützen will, sollte auf die richtige Ernährung achten, das heißt eine mediterrane Kost mit viel Obst und Gemüse. Prof. Claus Niederau: „Bei Gesunden ist ein Glas Wein oder eine Flasche Bier unproblematisch; Patienten mit Lebererkrankungen sollten hingegen keinen Alkohol trinken.“

Weitere Informationen rund um die Leber gibt es bei den Veranstaltungen des Deutschen Lebertags am 20. November. Aktionen in Ihrer Nähe unter www.lebertag.org.

Die Deutsche Leberhilfe ist bundesweit tätig und hat sich als Informationsschnittstelle zwischen Ärzten und Leberpatienten etabliert: www.leberhilfe.org. Mehr über Lebererkrankungen erfahren Sie auf www.deutsche-leberstiftung.de.