Essen. . Vom Vorhofflimmern über andere Rhythmusstörungen bis zum Schlaganfallrisiko – vier Herzspezialisten aus unserer Region beantworten die wichtigsten Fragen rund um die Herzgesundheit. Ein Fazit: Das Vorhofflimmern muss kein lebenslanges Problem sein, das womöglich am Ende noch einen Schlaganfall verursacht. Es gibt Medikamente und Operationsmethoden.

Harmlos oder lebensbedrohlich? Wenn das Herz Probleme macht, liegt diese Frage nahe. Am Gesundheitstelefon dieser Zeitung haben sich vier Herzspezialisten aus der Region viel Zeit genommen, um Fragen der Leser zu beantworten: Prof. Jan Gummert aus Bad Oeynhausen, Dr. Andreas Kleemann aus Ratingen, Professor Thomas Budde aus Essen und Professor Hans-Joachim Trappe aus Herne.

Einer der Schwerpunkte gehörte den Herzrhythmusstörungen. Aber auch andere Herzgeschichten wurden besprochen. Leider ist nicht jeder Anrufer durchgekommen. Deshalb hier einige wichtige Themen aus der Sprechstunde in der Zusammenfassung.

Und noch etwas: Wer vergeblich gewählt hat, bekommt bei der Herzstiftung in Frankfurt an jedem ersten Mittwoch im Monat zwischen 18 und 20 Uhr die Möglichkeit, sich von einem Herzspezialisten beraten zu lassen: (069) 95 51 28-200.

Was hat Vorhofflimmern mit einem Schlaganfall zu tun?

Es kommt oft vor, dass Menschen von einem Schlaganfall getroffen werden, weil sie an Vorhofflimmern leiden, also an einer weit verbeiteten Form der Herzrhythmusstörung. Unbehandelt und ohne die schützende Wirkung gerinnungshemmender Medikamente, sind sie dem Schlaganfall ausgesetzt. Jedes Jahr verursacht Vorhofflimmern 30 000 Schlaganfälle deutschlandweit.

Woran erkennt man als Laie ein Vorhofflimmern?

Es ist schwierig, denn das Tückische ist, dass es bei der Hälfte aller Patienten ohne Beschwerden auftritt. Das gilt verstärkt für ältere Patienten. Mit dem Alter steigt das Risiko, betroffen zu werden. Bei den Über-60-Jährigen liegt die Häufigkeit bei vier bis sechs Prozent, bei den Über-80-Jährigen bei bis zu 16 Prozent. Vorhofflimmern zeichnet sich meist dadurch aus, dass das Herz völlig außer Takt gerät. Es schlägt chaotisch und rast mit einem Puls von bis zu 160 Schlägen pro Minute. Wenn der Puls regelmäßig gemessen wird, können Auffälligkeiten des Herzschlags früh entdeckt und abgeklärt werden.

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Vor einer Weile ist das Vorhofflimmern bei mir mit einer Ablation beseitigt worden. Jetzt geht es wieder los. Wie kann das sein?

Bei einer Ablation werden mit einem Kathetereingriff am Herzmuskelgewebe die Erregungsherde und/oder Weiterleitungswege des Vorhofflimmerns verödet. Nach einem ersten Eingriff sind 75 bis 80 Prozent der Patienten dauerhaft versorgt. Doch es kann sein, dass sich einige der verödeten Punkte wieder erholen. Dann sollte an diesen Stellen noch einmal nachgearbeitet werden. Ich würde Ihnen zu einem zweiten Eingriff raten, um wirklich Ruhe zu haben.

Seit längerer Zeit treten bei mir Herzrhythmusstörungen auf. Ein Arzt hat festgestellt, dass mein Herzmuskel wahrscheinlich angeboren verdickt ist. Was soll ich tun?

Wenn Sie eine angeborene Verdickung des Herzmuskels haben, sollte man in diesem Fall etwas unternehmen. Stellen Sie sich den Herzmuskel als einen Gummibalg vor, der mit überschüssigem Gummi gefüllt ist. Da bleibt wenig Spielraum zum Pumpen. Man sollte also Platz schaffen, damit das Herz wieder ordentlich arbeiten kann. Bei einem verdickten Herzmuskel kann mit Hilfe von Kathetern Alkohol injiziert werden, der Teile des überschüssigen Gewebes zerstört. Sie sollten sich für einen Eingriff eine Fachklinik suchen, die etliche dieser Fälle behandelt. Neuerdings gibt es auch Verfahren, bei denen mit Hilfe von Kathetern überschüssige Anteile des Herzmuskels weggeschnitten werden. Ich schließe mich der Meinung Ihrer Ärzte an und empfehle in Ihrem Fall die Alkohol-Methode.

Ich leide unter Herzrhythmusstörungen und bin von meinem Arzt mit Medikamenten eingestellt worden. Neuerdings schwankt mein Blutdruck sehr stark. Das erschreckt mich.

Dass der Blutdruck schwankt, ist völlig normal. Nur allzu extrem sollten die Werte nicht liegen. Ich schlage vor, dass Sie bei Ihrem Hausarzt eine 24-Stunden-Blutdruckmessung machen lassen. Aufrund dieser Ergebnisse kann der Arzt entscheiden, ob bei Ihren Medikamenten etwas umgestellt werden muss.

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Immer wieder bemerke ich Herzrhythmusstörungen. Aber ausgerechnet dann, wenn mein Arzt ein EKG macht, tauchen die Störungen nicht auf. Was soll ich jetzt machen?

So wie Sie es schildern, handelt es sich um einzelne Aussetzer, die wahrscheinlich harmlos sind. Sie sollten aber bei einem Kardiologen ein Langzeit-EKG machen lassen, am besten über sieben Tage. Damit können Aussetzer besser erfasst werden. Falls hinter den Rhythmusstörungen ein Vorhofflimmern steckt, müssen Sie mit einem gerinnungshemmenden Medikament wie Marcumar behandelt werden, damit es nicht zu einem Schlaganfall kommt.

Ich bin vorbelastet. Vor zwei Jahren habe ich einen Herzschrittmacher und Stents bekommen. Eigentlich bin ich zufrieden, aber im Bett bekomme ich häufig Herzrasen. Bin ich schlaganfallgefährdet? Beim Kardiologen habe ich einen Termin zur Ultraschalluntersuchung, allerdings erst im März.

März ist viel zu spät. Wenn Sie so lange auf einen Termin warten müssen, sollten Sie sich einen anderen Arzt suchen oder notfalls direkt ins Krankenhaus gehen. Es muss schnell abgeklärt werden, ob Sie unter Vorhofflimmern leiden und ob ein Schlaganfallrisiko besteht.

Nach einem Herzinfarkt habe ich vor vier Jahren Stents eingesetzt bekommen. Nun ist bei einer Routinekontrolle eine leichte Verkalkung einer Herzklappe festgestellt worden. Muss ich mir Sorgen machen?

Die Verhärtung einer Herzklappe ist erst einmal nichts Schlimmes. Sie kann sich aber so weit verändern, dass die Klappe nicht mehr sauber schließt und eine Undichtigkeit entsteht. Oder dass sich die Klappe nicht mehr richtig öffnet. Deshalb wird empfohlen, regelmäßig einen Kardiologen draufschauen zu lassen, mindestens ein Mal im Jahr. Es dauert aber meistens viele Jahre, bis aus der Veränderung ein Befund entsteht, der behandelt werden muss.

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Regelmäßig bekomme ich (79, weiblich) Probleme mit Vorhofflimmern. Zuletzt zwei Tage fast dauerhaft. Sollte ich blutverdünnende Medikamente nehmen?

Es gibt eine Risikoskala für Schlaganfälle und auf der haben Sie bereits zwei Punkte: einen für das Alter, einen weiteren für das Geschlecht. Der Rat, Medikamente zu nehmen, ist also richtig. Eine Möglichkeit wäre Marcumar, dabei muss allerdings regelmäßig mit einem Bluttest die Gerinnungsaktivität kontrolliert werden. Es gibt heute neue Gerinnungshemmer, bei denen diese Werte nicht ständig gemessen werden müssen. Für alle diese gerinnungshemmenden Medikamente gilt aber, dass das Vorhofflimmern dadurch nicht abgestellt wird, sondern nur das Schlaganfallrisiko eingedämmt wird. Mit einer Katheterablation im Krankenhaus könnte das Vorhofflimmern eventuell beseitigt werden. Sie sollten diese Möglichkeiten mit Ihrem Kardiologen besprechen.

Ab und zu spüre ich ein Kribbeln im Arm, in etwa so wie Ameisen. Das hält oft nur zwei Minuten an. Kann es vom Herzen kommen?

Verschiedene Ursachen kommen in Frage. Das Kribbeln kann von der Halswirbelsäule verursacht werden und in den Arm ausstrahlen. Oder Sie könnten nachts auf dem Arm gelegen haben. Aber auch eine Herzerkrankung kann der Auslöser sein. Wenn Sie unter Belastung eine Zunahme des Kribbelns spüren, spricht das eher für das Herz. Wenn es bei einer Veränderung Ihrer Körperhaltung besser wird, spricht es eher gegen das Herz. Sie sollten das mit Hilfe eines Belastungs-EKG abklären lassen.

Meine Mutter ist 81 und soll an der Hüfte operiert werden. Die OP ist wichtig, da sie sonst im Rollstuhl landen würde. Allerdings nimmt sie seit einem Infarkt Herzmedikamente. Sie hat Stents eingesetzt bekommen und leidet unter Bluthochdruck. Ist eine Hüft-OP nicht zu riskant?

Die Hüft-OP würde ich angehen, sonst geht zu viel Lebensqualität verloren. Aber es ist wichtig, dass sich ein Kardiologe vor dem Eingriff das Herz ganz genau anschaut und Risiken ausschließt. Seien Sie sicher: Das wird der Narkosearzt vor einer Operation ohnehin verlangen. Allein eine Verkalkung würde übrigens keine Probleme machen.