Herdecke/Essen. . Der fünfzigste Geburtstag ist ein Anlass für Zwischenbilanzen und Kurskorrekturen – auch in der Gesundheit. Ärzte raten, Vorsorgeuntersuchungen ernst zu nehmen. Vor allem, wenn es um Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Krebs geht. Die wichtigsten Checks beim Arzt im Überblick.

Die Baby-Boomer feiern runden Geburtstag. 1,4 Millionen Kinder wurden 1964 geboren, mehr als je zuvor oder danach in Deutschland. Derzeit sind es laut dem Statistischen Bundesamt gerade einmal 670 000 Geburten jährlich (Zahlen von 2012). Wer jetzt oder in den nächsten Jahren fünfzig wird, gehört zu den geburtenstarken Jahrgängen. Ein solcher Geburtstag ist mit einem Moment der Besinnung verbunden – die kommenden Jahre möchte man bei bester Gesundheit verbringen. Wie dieses Ziel erreicht werden kann, das verraten Experten.

Ein stressiger Tag und danach ein weinseliger Abend – was man als Zwanzigjähriger noch locker verkraftet hat, das spürt der Fünfzigjährige anders: Am nächsten Morgen pocht der Kopf, man fühlt sich zermürbt. „Die Erholungszeiten dauern länger“, sagt der Kardiologe und Internist Professor Dietrich Baumgart, der das Zentrum für individualisierte Medizin „Preventicum“ in Essen und Düsseldorf leitet. Eine repräsentative Befragung des Landeszentrums Gesundheit NRW unter der Baby-Boomer-Generation bringt es an den Tag: Mehr als jeder Dritte (knapp 38 Prozent) gibt an, unter mindestens einer chronischen Erkrankung zu leiden.

Signale des Körpers

Ärger im Job und ein voller Terminkalender, hinzu kommen Sorgen in der Familie: Solche Belastungen wirken sich nicht selten körperlich aus. „Es ist ähnlich wie bei einem Auto, das in die Jahre kommt – da kann man auch nicht immer Vollgas geben und glauben, alles bleibt wie am ersten Tag“, vergleicht Baumgart.

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Signale des Körpers werden oft erst beim Arzt richtig gedeutet: Veränderungen an den Herzkranzgefäßen können sich zeigen oder der Blutdruck steigt, zunächst oft unmerklich. Darmpolypen, die erste Vorboten von Krebs sein können, wachsen meist ohne dass man sie spürt.

Den Standort bestimmen

Der 50. Geburtstag ist aus Sicht der Mediziner ein guter Moment, um den Standort zu bestimmen – zunächst in einem Selbstcheck. „Wie fühle ich mich? Was ist wirklich wichtig in meinem Leben und was könnte ich streichen?“, das sind Fragen, die Baumgart dafür empfiehlt.

„Man muss nicht auf jeder Hochzeit tanzen, sich nicht jeden Termin zumuten“, sagt der Kardiologe, der auch einen Blick auf die Gesundheitsgeschichten der Familie seiner Patienten wirft: „Jemand, dessen engste Verwandte von einer schweren Krankheit betroffen waren oder sind, der trägt ein genetisch bedingtes Risiko für eine ähnliche Erkrankung.“

Zum „TÜV“ beim Hausarzt

Die Krankheiten innerhalb der Familie sollten nach dem Selbstcheck auch ein Thema sein, wenn man dann einen „TÜV/Vorsorge“-Termin beim Hausarzt macht.

„Er kann ein spezielles Augenmerk darauf legen, beispielsweise ein Lungenscreening machen, wenn der Vater an Lungenkrebs gestorben ist“, sagt Baumgart. Zu einer internistischen Basis-Untersuchung, die folgen sollte, gehören für ihn ein Blutbild, ein EKG des Herzens, eine Ultraschalluntersuchung des Bauchraums, des Herzens, der Halsschlagader sowie der Schilddrüse, ebenso ein Belastungs-EKG.

„Allein aus der Untersuchung des Blutes und der Organstrukturen lassen sich viele Schlüsse ziehen – zum Beispiel über die Leberwerte oder darüber, ob die Schilddrüse Knoten hat und die Herzklappen noch richtig funktionieren“, erklärt der Essener Internist.

Konsequenzen ziehen

Nach dem Vorsorgetermin weiß man mehr über seinen Gesundheitszustand – und kann Konsequenzen ziehen. Das Vermeiden von Stress ist für Dr. Jakob Gruber, Leitender Oberarzt Innere Medizin und Leitender Arzt Kardiologie am Gemeinschaftskrankenhaus Herdecke, dabei ein wichtiges Beispiel: „Werden dauerhaft Stresshormone freigesetzt, wird das Nervensystem überreizt.

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Das kann zur Folge haben, dass Gefäßablagerungen entstehen und der Blutdruck steigt. Typische Volkskrankheiten wie Bluthochdruck, Rückenschmerzen oder Magen-Darm-Erkrankungen können folgen. Man muss also lernen, mit permanenten Belastungen und Stressmomenten umzugehen oder diese erst gar nicht entstehen lassen – zum Beispiel mithilfe von Outdoor-Sportarten.“

Den Kurs korrigieren

Übergewicht und damit einhergehend oft auch Diabetes sind ein weiteres Thema, das zunehmend Menschen ab 50 betrifft: 5,5 Prozent der Baby-Boomer geben an, dass bei ihnen bereits eine Diabetes-Erkrankung diagnostiziert wurde. „Die Stoffwechselkraft nimmt mit den Jahren ab – es ist dann nicht mehr gleichgültig, welche Lebensmittel auf den Tisch kommen, sondern man sollte überlegen: Vertrage ich es und tue ich mir damit etwas Gutes?“, appelliert Baumgart an die Eigenverantwortung.

Der Vorsorgeexperte macht Mut: „Die Voraussetzungen, die Rente vital zu genießen, sind für die jetzt Fünfzigjährigen gut wie nie. Selbst Krebserkrankungen können wir inzwischen erfolgreich behandeln – wenn sie oder ihre Vorboten durch gezielte Prävention früh erkannt werden.“

Herz-Kreislauf-Erkrankungen

Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind die häufigste Todesursache. Das Risiko für Menschen ab 50 steigt. Der Herdecker Arzt Jakob Gruber sagt: „Diese Erkrankungen lassen sich besonders gut durch den Lebensstil beeinflussen.“

Wie das funktioniert, lernen Patienten in der sogenannten Herdecker Herzschule – dort geht es um Bewegung, Herzsport, Ernährung und Ausgeglichenheit. „Hier lernen die Patienten auch, wie man mit Stress, beruflichen sowie privaten Belastungen, richtig umgehen kann“, sagt Gruber. Mehr Infos dazu im Internet unter www.gemeinschaftskrankenhaus.de, Unterpunkte: Fachabteilungen, Kardiologie, Herzschule.