Haldern. . Die NRZ stellt nochmal alle Bands des Festivals vor. Und zwar eingebaut im Zeitplan. Eine kleine Entscheidungshilfe für den persönlichen Zeitplan.

Luke Sital-Singh (Kirche, Donnerstag, 16-16.45 Uhr): Die beeindruckende Stimme ist sein Kapital. Der englische Singer-Songwriter steht für malerische Herz-Schmerz-Melodien, voller Pathos, Drama und Gänsehautpotenzial. Allerdings bleibt er auch innerhalb des typischen Rahmens dieser musikalischen Gattung. Überraschungen sind nicht zu erwarten. Ein Album hat Sital-Singh noch nicht veröffentlicht, aber zwei EPs. Der aktuellste Tonträger ist „Old Flint“ vom April 2013. Musik für: stille Genießer. Erlebnispotenzial: 3/5 Sterne.

Lubomyr Melnyk (Kirche, Donnerstag, 17.15-18 Uhr): Episch lange Piano-Stücke – na, da passt der gebürtige Ukrainer und heutige Kanadier ideal in die St. Georg-Kirche. Auch Streicher finden ihren Platz in den hoch-emotionalen Melodien. Das ist dann eher Pop im allerweitesten Sinne. Aber dennoch eine Kunst, der man sich nicht verschließen sollten. Musik für: Klassikfreunde. Erlebnispotenzial: 2/5 Sterne.

This Is The Kit (Spiegelzelt, Donnerstag, 17.30-18.15 Uhr): Die britische Folk-Gruppe ist für die sanften Klänge zu haben. Frontfrau Kate Stables spielt unkonventionell, impulsiv und entlockt dem Banjo ein geradezu glockenhaftes Klangvolumen. Der Bläser- oder Streicherhintergrund verleiht dem Klangbild etwas Erhabenes, wenn die Wahlpariserin ihre Texte mehr flüstert als singt. Seit 2003 besteht die Band, die zwei Alben veröffentlicht hat; zuletzt 2012 „Wriggle out the Restless“. Musik zum: Runterfahren des Pulses. Erlebnispotenzial: 3/5 Sterne.

Helmut (Haldern Pop Bar, Donnerstag, 18-18.45 Uhr): Über diese Formation ist noch nicht so viel bekannt. Aber sie haben eine gleichnamige EP (kurzer Tonträger) veröffentlicht mit vier Stücken. Ruhige Melodien, die sich progressiv hineinsteigern. Es ist aber auch zu lesen, dass sie Elektro-Elemente in ihre Stücke einfließen lassen. Und Loops kommen auch vor. Musik zum: komplett neu entdecken. Erlebnispotenzial: 2/5 Sterne.

Jherek Bischoff (Kirche, Donnerstag, 18.30-19.15 Uhr): Der korrekt gescheitelte US-Komponist aus Seattle schreibt vor allem Filmmusik und Tanzchoreografien. Sein Debütalbum „Composed“ zeigt die ganze Bandbreite seines Talents – mit Streichern und Bläsern orchestrierte Popsongs, die vor Dramatik nur so pulsieren. Etliche Gastmusiker singen auf dem Tonträger. Allerdings wirken die Stücke auch in den instrumentalen Passagen gut. Mal sehen, wie das beim Haldern Pop klingt. Musik fürs: filmische Kopfkino. Erlebnispotenzial: 3/5 Sterne.

Mikal Cronin (Spiegelzelt, Donnerstag, 18.30-19.15 Uhr): Es gibt ihn noch – den Garage Rock. Der US-Tausendsassa war schon in etlichen Bands aktiv, in den vergangenen Jahren dann mit einer Band unter seinem Namen. Auf dem in diesem Jahr erschienen Album „MCII“ klingen die Gitarren dann auch entsprechend rotzig wie früher. Die Melodien sind aber durchaus harmoniedürstend – das ist ein schöner Konterpunkt zu dem Saitenspiel. Musik zum: Rocken wie früher. Erlebnispotenzial: 3/5 Sterne.

Asgeir Trausti (Pop Bar, Donnerstag, 19.15-20 Uhr): Der Isländer singt in seiner Muttersprache. Also entweder Wörterbuch einpacken oder einfach auf die poppigen Folk-Melodien und die helle Charakterstimme einlassen. Denn die Emotionen vermittelt der Künstler von starker Bühnenpräsenz in einer universalen Sprache. Komplexe Arrangements mit Piano, Bläsern und Texten des Vaters Einar Georg Einarsson sind auf dem Debütalbum „Dýrð í dauðaþögn“ von 2012 zu hören. Musik für: Gefühlsreisende. Erlebnispotenzial: 3/5 Sterne.

Florian Ostertag (Spiegelzelt, Donnerstag, 19.30-20.15 Uhr): Ob er tatsächlich eine Schreibmaschine mit auf die Bühne bringt? In dem Video „Maria Sessions“ lässt sich der Schwabe jedenfalls von dem „Schlaginstrument“ begleiten. Hat was. Es kommt aber nicht wie bei einer Bürokraft auf Anschläge pro Minute an. Entschleunigte Melodien, sanfter Gesang und leise Töne sind in erster Linie das Ding des Liedermachers. Aber er weiß auch Emotionen zu übermitteln. Musik für: diejenigen, die sich Zeit für musikalische Reisen nehmen. Erlebnispotenzial: 3/5 Sterne.

Stargaze with André de Ridder (Kirche, Donnerstag, 19.45-20.30 Uhr): Das Künstlerkollektiv, mitgegründet vom Dirigenten de Ridder, ist Think Tank, Netzwerk und ein Pool klassisch ausgebildeter Musiker mit ausgeprägten Erfahrungen in der Gegenwartsmusik. Genre-Grenzen werden überschritten, ja, geradezu erforscht. Außerdem wird es hochkarätige Gäste geben. Musik für: diejenigen, die Überraschungen lieben. Erlebnispotenzial: 4/5 Sterne.

We Were Promised Jetpacks (Biergartenbühne, Donnerstag, 20.30-21.15 Uhr): Ein Akzent verschwindet oft im Gesang – nicht bei diesen Schotten. Zum Glück! Denn allein schon aus der sprachlichen Warte, lohnt sich dieser Auftritt. Doch das Quartett aus Edinburgh um Sänger Adam Thompson besticht auch musikalisch. Sie spielen erfrischend gradlinigen Indie-Rock, der auch rhythmisch mitreißt. Am Donnerstag auf der Biergartenbühne wird die seit 2009 bestehende Formation rocken. Musik zum: Mitgehen! Und für Sprachwissenschaftler... Erlebnispotenzial: 4/5 Sterne.

Rival Consoles (Haldern Pop Bar, Donnerstag, 21-21-45 Uhr): Hinter dem Pseudonym steckt Ryan Lee West, der komplett Computer generierte Sounds menschlich gestaltet, zugleich in ihrer Wirkung verstärket und so einer Kategorisierung in der zeitgenössischen elektronischen Musik entgegen wirken. Als Rival Consoles kombiniert knallharte Beats mit eingängigen Popmelodien, klassische Theorie mit Dance. Musik für: Fans von extravagantem Elektro. Erlebnispotenzial: 3/5 Sterne.

Julia Holter (Spiegelzelt, Donnerstag, 21.30-22.15 Uhr): Erst kurz nach dem diesjährigen Haldern Pop Festival erscheint das dritte Album „Loud City Song“ der US-Multi-Instrumentalistin. Auf den Vorgängern ist experimentelle Ambient-Musik zu hören. Ihre sphärischen Klangteppiche sind dabei eher keine Ohrwürmer, vielmehr hinterlassen sie Gefühlsstempel in der Erinnerung. Die engelhafte Stimme der Holter soll – so ist zu hören – live sehr gut funktionieren. Musik für: Augen-zu-Genießer. Erlebnispotenzial: 3/5 Sterne.

Suuns (Biergartenbühne, Donnerstag, 22.30-23.15 Uhr): Die Musik der Kanadier würde jedem abgefahrenen Psycho-Thriller gut zu Gesicht stehen. Nach ihrem beeindruckenden Auftritt im Spiegelzelt 2011, hat die Band diesmal die Stücke des 2013 erschienenen Albums „Images Du Futur“ im Repertoire. Sie haben ihren sphärischen Elektro-Rock weiterentwickelt. Musik für: die düstere Seite des Zuhörers. Erlebnispotenzial: 5/5 Sterne.

John Grant (Spiegelzelt, Donnerstag, 23.30-0.15 Uhr): Ja, ein wenig hat sich der US-Künstler neu erfunden. Wer das in diesem Jahr erschienene Album „Pale Green Ghost“ hört, findet zum Teil einen anderen John Grant vor, als der, der 2011 ein hervorragendes nächtliches Konzert beim Haldern Pop bot. Die erhabenen Pop-Hymnen – getragen von seinem überwältigendem Gesang – gibt’s noch, aber jetzt mogeln sich da gewiefte Elektro-Pop-Stücke ins Gesamtkunstwerk. Beeindruckend. Musik für: den drogenfreien Rausch. Erlebnispotenzial: 5/5 Sterne.

Gold Panda (Biergarten, Donnerstag, 0.20-1.30 Uhr): Der Engländer ist mit seinen atmosphärischen Elektro-Klängen sicher eher für spätere Stunden gedacht. Nichts zum Mitsingen – es gibt ja auch keinen Gesang, aber der DJ lädt zum sanft Mitwippen ein. Die minimalistischen Klänge laden aber auch zum Chillen ein. Musik für: die Momente, in denen man sich nicht konzentrieren möchte. Erlebnispotenzial: 2/5 Sterne.

Das Programm am Freitag 

Renate Granate (Haldern Pop Bar, Freitag, 12.45-13.10 Uhr): Laut und provokativ – so sieht sich das Trio vom Niederrhein. Ihre Musik klingt nach verwaschenem Indie, auch mal nach röhrigem Punk. Das neue Album, das noch keinen Namen hat, soll erwachsener klingen. Wer sich die Jungs live anschauen will, braucht keinen Schnickschnack zu erwarten, heißt es auf ihrer Homepage. Musik zum: schnörkellos rocken. Erlebnispotenzial: 2/5 Sterne.

Ben Caplan (Haldern Pop Bar, Freitag, 13.45-14.30 Uhr): Der bärtige Kanadier hinterließ bereits einen bleibenden Eindruck bei einem Konzert in der Pop Bar durch seinen rauchig-leidenschaftlichen Gesang. Zu Hören gibt es fröhliche, manchmal melodramatische Folksongs, Gypsy Punk, Gospels und Shanties mit Blues-, Jazz- und Kletzmer-Zitaten. Der Meister spielt Banjo, Gitarre, Melodica und Klavier. Der Weg in den Ortskern lohnt in jedem Fall. Musik für: die Freunde echter Alleinunterhalter. Erlebnispotenzial: 4/5 Sterne.

Pascal Finkenauer (Hauptbühne, Freitag, 15-15.30 Uhr): Musik zwischen Punk und Chanson – ja, das geht. Wortstarke deutschsprachige Texte, raffinierte Kleinigkeiten in den Kompositionen und vor allem diese geniale Stimme machen den Reiz der Musik aus. Der Mainzer ist einer der Künstler, der das Sprungbrett Haldern Pop Bar bei einem Konzert genutzt hat. Musik zum: Eisbrechen am Freitagmittag. Erlebnispotenzial: 4/5 Sterne.

Douglas Dare (Tonstudio Keusgen, Freitag, 15-15.45 Uhr): Das wird ein intimes Konzert. Der Singer-Songwriter aus England begann 2008 Lieder zu schreiben, nachdem er sich an der Uni Liverpool für ein Studium der Popmusik eingeschrieben hatte. Sein voluminöser und bewegender Gesang, Texte, die sich aus eigenen Gedichten speisen, sowie ein sehr reifer Stil verleihen seinen klavierbegleiteten Songs eine Abgeklärtheit, die keinen erst 22-jährigen Künstler vermuten lässt. Musik zum: Entschleunigen. Erlebnispotenzial: 3/5 Sterne.

Bear’s Den (Spiegelzelt, Freitag, 15.25-16.10 Uhr): Die Londoner zelebrieren herzlichen Folk und Alternative-Country. Sie haben sich im Vorprogramm einiger Folk-Größen bewiesen. Aber bisher haben sie nur die EP „Agape“ veröffentlicht. Diese ist emotional satt beladen, voller ergreifender Melodien und mehrstimmigem Gesang. Andrew Davie’s Texte und Stimme präsentieren sich dabei wunderbar fragil und von reifem Timbre. Musik für: alle, die bei Banjo nicht an einen Schokoriegel denken. Erlebnispotenzial: 4/5 Sterne.

Ja, Panik (Hauptbühne, Freitag, 15.50-16.30 Uhr): Das österreichische Quintett setzt auf gradlinigen Rock mit philosophisch-gesellschaftskritischer Poesie – gerne auch mit typischem Akzent. Vier Alben hat die Gruppe bereits auf dem Buckel, der letzte Tonträger mit dem sperrigen Titel „Dmd Kiu Lidt“ erschien 2011 – das steht übrigens für „Die Manifestation des Kapitalismus in unserem Leben ist die Traurigkeit“ – wie erwähnt: gesellschaftskritisch. Musik zum: a) Rocken ohne Umwege oder b) über die Texte nachdenken. Erlebnispotenzial: 3/5 Sterne.

Sam Amidon
Sam Amidon © NRZ

Sam Amidon (Spiegelzelt, Freitag, 16.30-17.15 Uhr): Der US-Folk-Sänger stammt aus einer Musiker-Familie und hat in diesem Jahr mit „Bright Sunny South“ sein siebtes Album veröffentlicht. Die Mittel sind schlicht und dennoch überzeugend. Eine angenehme Stimme, eine Gitarre (gerne auch mal eine Banjo oder alternativ eine Fiddel) und eine Idee für eine schöne Melodie. Minimalistische Melodien, die wie eine weitläufige Landschaft wirken. Musik für: entspannte Leisetreter. Erlebnispotenzial: 2/5 Sterne.

Die Goldenen Zitronen (Hauptbühne, Freitag, 16.55-17.40 Uhr): Die Hamburger starteten 1984 als Punkband, ihre Musik darf heute eher als Avantgarde bezeichnet werden. Zwischendurch waren elektronische Einflüsse oder Krautrock zu hören. Aber ihre gesellschaftskritischen Texte aus einer links(radikalen) Warte haben sie sich erhalten. Die renitenten Anti-Kapitalisten verweigern sich jeder Kooperation mit der verhassten Musikindustrie und lehnten mehrere große Angebote ab. Sicher eine Band, die viele andere Musiker beeinflusst hat. Musik für: den gesellschaftlichen Aufschrei. Erlebnispotenzial: 4/5 Sterne.

Balthazar (Spiegelzelt, Freitag, 17.40-18.25 Uhr): Wenn es den Belgiern gelingt, die Finesse ihres zweiten Albums „Rats“ auf die Bühne zu übertragen, dann wird es ein großartiges Konzert. Findig-sanfte Gitarrenmelodien mit vollmundigen Bläsern und extravaganten, nie aufdringlichen Rhythmen – das Album geht runter wie ein gutes Glas Whiskey, dass im Bauch ein wohlig-warmes Gefühl erzeugt. Herrlich, wie das Quintett mit minimalen Wendungen Gefühlslagen der Lieder verändert. Jedes Lied hat etwas Unvergessliches. Musik für: Whiskey-Launen. Erlebnispotenzial: 4/5 Sterne.

Lee Fields & The Expressions (Hauptbühne, Freitag, 18.10-19 Uhr): Noch eine Soul-Legende. Im Vorjahr zeigten Charles Bradley & His Extraordinaires, dass der Soul der 60er in Haldern Freunde hat. Und seit den 60ern schreibt dieser Lee Fields tatsächlich schon Soul-Musik. Da muss man nichts neu erfinden. Entweder man hat den Soul oder man hat ihn nicht. Musik für: diejenigen, die den Soul im Blut haben. Erlebnispotenzial: 3/5 Sterne.

Allah-Las (Spiegelzelt, Freitag, 19-19.45 Uhr): Das kalifornische Quartett bietet seit 1964... Nein, aber so klingen sie. Retro-Rock’n’Roll der 60er und 70er. Das bisher einzige Album, das ebenfalls „Allah-Las“ heißt, hat den Klang der Zeit, die Atmosphäre, das Handwerk – sie brauchen sich vor den Originalen nicht zu verstecken. Die Kompositionen mögen zwar alle ähnlich klingen, aber wer einmal den Groove gefunden hat, kann sich ihm kaum noch entziehen. Musik für: diejenigen, die die elterliche Plattensammlung lieben. Erlebnispotenzial: 4/5 Sterne.

Tom Odell (Hauptbühne, Freitag, 19.30-20.20 Uhr): Mit Spannung wird der Auftritt des jungen Engländers erwartet, der mit dem Gänsehaut-Hit „Another Love“ die Massen bewegt – nicht erst seit der Telekom-Werbung. Das backfrische erste Album „Long Way Down“ bietet noch mehr dieser emotionalen Pop-Perlen. Auch die Folge-Singles „Hold On“ und „Can’t Pretend“ schmecken nach mehr. Die zerbrechliche und zugleich kraftvolle Stimme steht im Mittelpunkt der radiotauglichen Lieder. Musik für: Freunde echter Pop-Hymnen. Erlebnispotenzial: 5/5 Sterne.

Connan Mockasin (Spiegelzelt, Freitag, 20.20-21.05 Uhr): Psychedelischer geht’s kaum. Was der Neuseeländer bietet, erinnert an eine gewisse Rockmusik der 60er-Jahre. Damals waren viele Drogen im Spiel. Wenn er das mit klarem Kopf komponiert, dann Respekt! Die sphärischen – manchmal exzessiven – Klänge wären auch für manch eine Filmmusik sehr gut geeignet. Die Gitarren wabern umher, der typische Orgel-Sound von damals fehlt auch nicht. Musik zum: Hinweg schweben. Erlebnispotenzial: 2/5 Sterne.

Villagers (Hauptbühne, Freitag, 20.50-21.55 Uhr): Der gemeine Haldern Pop-Fan wird sich über diese Rückkehr besonders freuen. Die Band um den kreativen Frontmann Conor O’Brien war eine der Entdeckungen beim Festival 2010. Die Stimme des Iren ist der Wahnsinn. So delikat und doch kraftvoll. Das 2013 veröffentlichte Album „Awayland“ bleibt auf der Linie pfiffiger Pop-Folk-Melodien im Stile eines Singersongwriters. Musik zum: Vergessen des Alltages. Erlebnispotenzial: 5/5 Sterne.

The Strypes (Spiegelzelt, Freitag, 21.55-22.40 Uhr): Dieses blutjunge irische Quartett – im Schnitt 15 Jahre alt – veröffentlicht sein Debütalbum erst im September. Die seit 2011 bestehende Rhytm‘n’Blues-Band hat sich mit explosiven Live-Auftritten Freunde gemacht. Sie sehen aus wie die Beatles, spielen aber in einem röhrigen Retrosound unter anderem Klassiker zum Beispiel von Chuck Berry oder Bo Diddley. Musik zum: Retrorocken. Erlebnispotenzial: 4/5 Sterne.

Sophie Hunger (Hauptbühne, Freitag, 22.25-23-55 Uhr): Die Schweizerin war die (!) Überraschung des Haldern Pop 2010. Es war ein riesiger Auftritt auf der Hauptbühne. Das Publikum machte sich selbst ein Bild, erwärmte sich für das Konzert und war am Ende Feuer und Flamme. Ihre Musik ist vielseitig: Indie-Rock, Folk, aber auch jazzige Stücke sind dabei. Sie lässt sich nicht eingrenzen. Ist auch multilingual. Sophie Hunger kann es ruhig , aber auch kraftvoll. Sie kann es brav, aber auch frech. Musik für: Chanson-Rock’n’Roller. Erlebnispotenzial: 5/5 Sterne.

These New Puritans (Spiegelzelt, Freitag, 23.40-0.25 Uhr): Wesentlich ruhiger ist die britische Artrockband auf dem neuen Album „Fields & Reeds“ geworden. Auf den beiden Vorgänger-Tonträgern war das Quartett um die Zwillinge Jack und George Barnett eher rockig-experimentell. Die neuen Stücke sind atmosphärischer. Das Konzert beim Haldern Pop muss in seiner Dramaturgie genossen werden. Musik für: diejenigen, die ungern kommerzielles Radio hören. Erlebnispotenzial: 4/5 Sterne.

James (Hauptbühne, Freitag, 0.05-1.30 Uhr): Die 1981 in Manchester gegründete Band hat alle Höhen und Tiefen der Branche hinter sich. Drogen-Exzesse in den 80ern, Erfolg vor allem in den 90ern, Streitereien, ein Comback 2007. In jedem Fall hat die Gruppe dem Zuhörer viele Pop-Rock-Hymnen beschert. Hits wie „Sit down“ sind vielleicht einem breiten Publikum nicht namentlich bekannt, aber viele werden beim Konzert denken: „Ach, das ist von denen!“ Zweifelsohne ist James eine Wunschband für viele. Musik zum: Zelebrieren alter Klassiker. Erlebnispotenzial: 5/5 Sterne.

Owen Pallett (Spiegelzelt, Freitag, 1.30-2.15 Uhr): Der Kanadier war unter dem Namen Final Fantasy bereits beim Haldern Pop und ist Teil der Live-Band von Arcade Fire. Der Geiger, Keyboarder, Komponist und Sänger hat etliche Orchesterarrangements für Größen wie R.E.M. oder Linkin Park geschrieben. Pallett’s zarte Melodien ummanteln seine helle Stimme. Musik für: orchestrale Uferwechsel. Erlebnispotenzial: 3/5 Sterne.

Das Programm am Samstag 
Metz.
Metz. © NRZ

Metz (Spiegelzelt, Freitag, 2.45-3.30 Uhr): Nichts für Weicheier ist der derbe Noise-Rock dieser kanadischen Formation – sie sind mitreißend, ungeschliffen, dreckig, aber vor allem laut, echt laut, verdammt laut, ohrenbetäubend laut. Zum Schutz der Gesundheit also auf keinen Fall die Ohrstöpsel vergessen. Der Zuhörer wird sich nach diesem Konzert zur Entspannung womöglich dann doch einen Singsongwriter wünschen. Musik für: Hartgesottene. Erlebnispotenzial 3/5 Sterne.

Orchestre Miniature In The Park (Samstag, Marktplatz Rees, 10.30-11 Uhr; Marktplatz Haldern, 12-12.30 Uhr; Festivalgelände, 19.10-19.40 Uhr): Die vielköpfige Band bietet vor allem Coverstücke, was also eine Ausnahme beim Festival darstellt. Sie spielen auf Miniatur- und Kinder-Instrumenten Lieder, in denen die Begriffe „Sonne“ oder „Sommer“ vorkommen. Oft in ganz eigenen Interpretationen. Musik für: Wandervögel. Erlebnispotenzial: 3/5 Sterne.

Death Letters (Pop Bar, Samstag, 12.45-13.30 Uhr): Die jungen niederländischen Männer Duende Ariza Lora (19) und Victor Brandt (18) spielen schwitzigen Rock, öligen Blues mit ein paar Tropfen Punk. Live lassen sie es sicher krachen. Die Kombination Gitarre/Schlagzeug erinnert zwangsläufig an The White Stripes, die in jüngster Vergangenheit diesen Stil salonfähig machten. Musik zum: Abrocken ohne Bedingungen. Erlebnispotenzial. 3/5 Sterne.

Trümmer (Hauptbühne, Samstag, 13.30-14.10 Uhr): Das Hamburger Trio konnte beim Rock im Saal im Januar in Haldern nicht wirklich überzeugen. Sehr laut, wenig melodiös, ungeschliffen klang es. Ihre Texte strotzten vor Gesellschaftskritik. Das große Geheimnis – online war die Band bisher unsichtbar – lüftet sich langsam. Die erste Single ist raus und überrascht: „In all diesen Nächten“ klingt versöhnlicher und deutet Potenzial an. Womöglich zahlt sich Haldern Pops Vertrauen doch aus. Musik für: Freunde früher Blumfeld- oder Kante-Stücke. Erlebnispotenzial: 3/5 Sterne.

Buke & Gase (Spiegelzelt, Samstag, 14.10-14.50 Uhr): Das New Yorker Duo baut sich seine Instrumente gerne selbst. Buke bezieht sich auf eine sechsseitige umgebaute Bariton-Ukulele; Gase auf ein Bass/Gitarre-Hybrid-Instrument. Und in der Tat prägt das etwas andere Gitarrenspiel ihren coolen Rocksound, der nicht verrät, dass da nur zwei Musiker spielen. Ihr Takt, alles andere als gradlinig und berechenbar, sorgt für Herzklabaster. Die Stimmungslage erinnert an The Kills und ein bisschen PJ Harvey ist auch drin. Musik für: Um-die-Ecke-Rocker. Erlebnispotenzial: 4/5 Sterne.

Duologue (Hauptbühne, Samstag, 14.35-15.15 Uhr): Das aktuelle Album „Song & Dance“ dürfte für das Londoner Quintett auf die nächste Ebene im Kanon der Popkultur hieven. 13 Jahre nach der Veröffentlichung von Radiohead’s Album „Kid A!“ hat der Zeitgeist die Vorreiter endgültig eingeholt. Die Protagonisten heißen Duologue. Sie verbinden krachende Gitarren mit kniffeligen Elektro-Elementen – und das in kompositorisch anspruchsvoller Eleganz. Die Musik lässt den Zuhörer auch bei vielfachem Hören immer wieder Neues entdecken. Musik für: Klang-Expeditionen. Erlebnispotenzial: 5/5 Sterne.

Dan Croll (Spiegelzelt, Samstag, 15.15-16 Uhr): Ein Beinbruch stoppte die Rugby-Karriere des 22-jährigen Engländers. Mit einem Kunstakademie-Abschluss und als persönlicher Schützling von Sir Paul McCartney repräsentiert Croll eine neue Garde aus Liverpool. Seine Debütsingle „From Nowhere“ kam aus dem Nichts, schlug ein wie eine Bombe, lief nonstop im Radio. Ältere Stücke entstanden noch mit Djembe, Maracas, Orgel und Kontrabass, heute klingt die Musik elektronischer, aber stets poppig. Musik für: moderne Popper. Erlebnispotenzial: 3/5 Sterne.

Ebbot Lundberg mit Trummor & Orgel (Hauptbühne, Samstag, 15.40-16.25 Uhr): The Soundtrack Of Our Lives sind (gern gehörte) Geschichte. Doch die Stimme verstummt noch lange nicht. Der Schwede Ebbot Lundberg kommt erneut nach Haldern. Diesmal mit Trummor & Orgel. Mit dem Duo war Lundberg auch noch zu „Soundtrack-Zeiten“ hin und wieder unterwegs. Der Name ist zum Teil Programm: Orgelklänge mit Lundbergs unverkennbarer, beeindruckender Stimme. Musik für: die harmoniesüchtigen Träumer. Erlebnispotenzial: 4/5 Sterne.

Anna von Hausswolff (Spiegelzelt, Samstag, 16.25-17.10 Uhr): Die Schwedin verweigert sich weiterhin standhaft dem Kommerz und überrascht auf ihrem letzten Album „Ceremony“ (2012) mit geradezu barocker Pop-Opulenz. Auf dem Tonträger kombiniert die zarte Sängerin und Komponistin charismatisch ihr ehrfurchtgebietendes, atmosphärisches Orgelspiel mit erstaunlicher Stimmgewalt. Die 26-jährige und ihre fünf Mitmusiker können ein nachhaltig beeindrucktes Publikum zurücklassen. Musik für: auditive Körpermassagen. Erlebnispotenzial: 4/5 Sterne.

Kettcar (Hauptbühne, Samstag, 16.55-17.50 Uhr): Die Hamburger Band ist in Deutschland eine etablierte Marke. Die rauchige Stimme von Marcus Wiebusch klingt wie keine zweite. Der Stil ist seit 2002 der gleiche geblieben: deutschsprachiger, gesellschaftskritischer, nachdenklicher Gitarrenpop. „Das ist Konsens“, findet nicht nur Festivalchef Stefan Reichmann. Die Band gründete übrigens 2002 mit Grand Hotel van Cleef ihr eigenes Label – dies hat heute einen guten Namen. Musik für: niemanden gar nicht und für alle ein bisschen! Erlebnispotenzial: 4/5 Sterne.

DakhaBrakha (Spiegelzelt, Samstag, 17.50-18.35 Uhr): In der Ukraine haben sie Kultstatus. Regisseur Vladyslav Troitskiy zieht mit Sack und Pack über die Dörfer und sammelt uralte Lieder, die er dann mit seinem Theaterensemble zeitgenössisch verarbeitet. Die in alte Trachten und bizarr anmutenden Pelzmützen kostümierte Band präsentiert, seltsamen Ritualen gleich, mehrstimmigen Gesang zu wehmütig klagendem Harmonikasound. Inspiriert ist die Musik von Folkmotiven aus der Ukraine, Arabien, Bulgarien und Ungarn. Auch hypnotische afrikanische Rhythmen kommen vor. Musik für: die exotische Neugier. Erlebnispotenzial: 4/5 Sterne.

Local Natives
Local Natives © NRZ

Local Natives (Hauptbühne, Samstag, 18.15-19.10 Uhr): Orchestraler Indie-Rock, bei dem auch die leisen Töne unterstrichen werden, darf von der kalifornischen Band erwartet werden. Die Musik ist geprägt durch eine sanfte Stimme, sanfte Gitarren und Keyboards, aber voluminöse, teils hyperaktive Rhythmen. Das aktuelle Album „Hummingbird“ ist in diesem Jahr in den USA auf Platz zwölf der Albumcharts gelandet – das ist respektabel für eine Indie-Band. Musik zum: in der Sonne mitwippen. Erlebnispotenzial: 3/5 Sterne.

Rubik (Spiegelzelt, Samstag, 19.10-19.55 Uhr): Diese Finnen sind Grenzgänger. Zwischen intim und elefantös. Zwischen melodisch und krachig. Es ist eine spannende Form von Indie, Pop und Rock, die das Quartett erzeugt. In der Heavy Metal-geprägten finnischen Szene schafften sie es, sich durchzusetzen. Ihre Melodien bleiben schnell im Ohr. Und das auf ganz unterschiedlichem Weg. Musik für: Allrounder. Erlebnispotenzial: 4/5 Sterne.

Alabama Shakes (Hauptbühne, Samstag, 19.40-20.40 Uhr): Der Präsenz einer Brittany Howard wird sich niemand entziehen können. Und wollen. Sie ist eine unheimlich gefühlvolle Sängerin mit der maximalen Soulkraft. Die US-Southern-Rock-Band lässt sich vom Retro-Soul inspirieren. Vom herzzerreißenden Titelsong ihres aktuellen Albums „Boys & Girls“ bis hin zu Stompern wie „Rise to the Sun“ beweist der bluesige Southernrock ein von ihren Idolen geerbtes Gefühl für heißen Groove. Musik um: Das Blut in Wallung zu bringen. Erlebnispotenzial: 4/5 Sterne.

Denis Jones (Spiegelzelt, Samstag, 20.40-21.25 Uhr): „Red + Yellow =“ ist das zweite Album von Denis Jones aus Manchester. Aber vor allem live erweist er sich als Meister in der Beherrschung der Technik. Ein Mann, eine Klang-Wand. Sein Blues-Folk-Tronica hat aber auch neben den vielen Reglern und Knöpfen Raum für eine Gitarre. Und auch die kann er spielen. Musik für: das neue Projekt „Haldern forscht“. Erlebnispotenzial: 3/5 Sterne.

Glen Hansard (Hauptbühne, Samstag, 21.10-22.10 Uhr): Für berührende Momente könnte der Auftritt des Iren sorgen. Seine Stimme ist atemberaubend, vor allem dann, wenn er mal richtig die Emotionen fließen lässt. Dazu die gefühlvollen Melodien – mit leichten Folk-Einflüssen –, der gemeine Haldern Pop-Fan wird sich wiederfinden. Hansard hat Solo bisher nur 2012 das Album „Rhythm & Repose“ veröffentlicht, war aber viele Jahre mit The Frames und auch The Swell Season aktiv. Musik für: die ewigen Melancholiker. Erlebnispotenzial: 3/5 Sterne.

Half Moon Run (Spiegelzelt, Samstag, 21.55-22.40 Uhr): Wenn man die junge kanadische Band tatsächlich als Indie-Rocker bezeichnen will, dann bewegen sie sich aber am sanften Ende. Die Stimme von Sänger Devon Portielje sticht heraus, hat einen eigenen Fluss, der sich sehr gut ins raffinierte Gitarrenspiel eingliedert. Dazu setzen Half Moon Run die Hintergrundstimmen geschickt ein und geizen nicht mit kompositorischen Feinheiten. Als Beispiel dient die Single „Full Circle“. Musik für: aufmerksame Geduldige. Erlebnispotenzial: 4/5 Sterne.

Regina Spektor (Hauptbühne, Samstag, 22.40-0.00 Uhr): Die Sängerin und Pianistin stammt aus einer russisch-jüdischen Familie, die in die USA auswanderte. Klar, das Piano spielt eine gewichtige Rolle. Auch ihre verspielte Stimme. Aber vor allem ihre unberechenbaren Kompositionen definieren ihren Klang. Mal mit Akzent, mal ohne, oft erzählerisch. Mal fröhlich, mal nachdenklich. Radiotauglich? Das ist ihr offenkundig egal. Ob’s auf der Hauptbühne wirkt? Mal sehen. Musik für: tiefsinnige Querdenker. Erlebnispotenzial: 3/5 Sterne.

The Staves (Spiegelzelt, Samstag, 23.30-0.15 Uhr): Emily, Jessica und Camilla Staveley-Taylor sind drei Schwestern aus England. Ihre stimmliche Harmonie ist also durch die Gene gegeben. Entsprechend steht der Gesang ihrer nachdenklich-melodiösen Stücke im Fokus. Gitarre und Ukulele dienen der Untermalung. Eine Folk-Marke ist unverkennbar. „Dead, Born & Grow“ (2012) ist ihr bisher einziges Album neben drei kurzen Tonträgern (EPs) und einer Live-CD. Musik für: Leute, die gerne an Lippen hängen. Erlebnispotenzial: 4/5 Sterne.

Efterklang (Hauptbühne, Samstag, 0.30-1.30 Uhr): 2012 erschien ihr mittlerweile viertes Album „Piramida“, für das die Band die verlassene russische Siedlung „Piramida“ auf Spitzbergen besuchte. Sie brachten Soundnotizen mit und bespielten den vielleicht nördlichsten Konzertflügel der Welt. Die Dänen, die zum Teil in Berlin leben, lieben für ihren detailverliebten Post-Rock und orchestralen Pop den großen Aufschlag: Für „Tripper“ und „Parades“ buchte die Band 30 Gastmusiker. Musik als: Konzentrationsübung. Erlebnispotenzial: 3/5 Sterne.

Käpt’n Peng & Die Tenkakel von Delphi (Spiegelzelt, Samstag, 1-1.45 Uhr): Erfrischend neuer HipHop mit funky Rhythmen und einem Kontrabass, der für Herzrhythmus-Störungen sorgen kann. Dennoch ist das Zuhören eher gesundheitsfördernd, denn schädlich. Keine Frage, diese Berliner Formation wird das Spiegelzelt zum Kochen bringen. Übrigens: Hinter Peng verbirgt sich der Schauspieler Robert Gwisdek. Musik zur: Befriedigung der Funk-Seele. Erlebnispotenzial. 5/5 Sterne.

Brandt Brauer Frick (Spiegelzelt, Samstag, 2.15-3 Uhr): Das namensgebende Trio aus Berlin schafft es, die abstrackte Klangwelt des Technos, um die Greifbarkeit zu erweitern. Auf einmal wirkt Techno gar nicht oberflächlich. Der Zuhörer schmeckt die einzelnen orchestralen Instrumente, die tatsächlich zum Einsatz kommen, um eigentlich elektronische Musik zu schaffen. Das aktuelle Album „Miami“ kommt natürlich ohne Gesang aus – hier sprechen echte Instrumente. Musik für: einstige Techno-Verwehrer. Erlebnispotenzial: 4/5 Sterne.