Neuenrade.

Wir schreiben den 3. August 1975. In dem Logbuch des Schwimmmeisters des Neuenrader Freibads im Friedrichstal hält er alle relevanten Daten des Tages fest – auch die Zahlen der Besucher. Unglaubliche 7800 Badegäste strömen an diesem Tag in die Badeanstalt. Zahlen, von denen die Betreiber heutzutage nur träumen dürfen.

Bernhard Rüschenberg hat am Samstagvormittag die Verantwortung. Er zählt zu den DLRG-Kräften, die die beiden festangestellten Schwimmmeister regelmäßig unterstützen. Der Rentner kann sich noch gut an die glorreichen Zeiten erinnern als die Freibäder Publikumsmagneten waren und die Menschen regelmäßig zu Tausenden anlockten. „Da war von dem Grün der Wiese nichts mehr zu sehen und im Becken mussten wir selbst das Springen von den Startblöcken verbieten, so voll war es. Mit fünf Leuten haben wir uns um die Aufsicht gekümmert“, sagt der 2. Vorsitzende der DLRG, während er die überschaubare Anzahl an Badegästen mühelos im Blick hat – trotz guten Wetters. „Eigentlich schade, dass nicht mehr Menschen kommen. Wir haben so ein wunderbares Bad“, sagt er.

Die Poolparty im Juli war als Werbeaktion gedacht und hat Wirkung gezeigt. Am Veranstaltungstag strömten rund 1000 Besucher durch den Eingang, tags drauf kamen nochmals 1200 – einer der Rekordtage der Neuzeit.

In einem modernen Freibad gibt es eine Vielzahl von Aufgaben abzuarbeiten. Die beiden „Hauptamtlichen“, Andrea Kendziora-Kühn und Andreas Schönenberg, teilen sich die beiden Hauptaufgabengebiete. Er kümmert sich um die Technik, sie ist für das Organisatorische verantwortlich. Die regelmäßige Prüfung der Wasserqualität kann aber auch Bernhard Rüschenberg durchführen. Drei mal am Tag werden zum Beispiel der Chlorgehalt geprüft, der ph-Wert bestimmt und die Temperatur gemessen. „Heute Mittag sind es 26,4 Grad. 24 Grad sind das Minimum. Man merkt heute die Sonneneinstrahlung“, weiß der Lebensretter, der seinem Namen schon alle Ehre gemacht hat. Es war das Jahr 1968, daran kann sich Bernhard Rüschenberg noch genau entsinnen. Das Bad war gut besucht. Ein Jugendlicher, der nicht schwimmen konnte, hielt sich im Nichtschwimmerbereich auf. Er spielte Ball mit Freunden – bis das Spielgerät in den Bereich für Schwimmer abdriftete. Er unterschätzte die Tiefe und sank auf den Boden. Rüschenberg reagierte schnell, rettete dem jungen Menschen das Leben. „Das war ein Jahr nachdem ich den Leistungsschein erworben hatte“, fügt er hinzu. Seitdem sind schlimmere Vorfälle ausgeblieben. „Wir müssen mal einen Splitter entfernen oder ein Pflaster auf eine Schürfwunde kleben. Das hält sich alles in Grenzen“, weiß der Verantwortliche in Weiß zu berichten, der seit über 40 Jahren „Dienst im Neuenrader Freibad schiebt“.

Überhaupt verhalten sich die Besucher sehr zivilisiert. „Ermahnungen kommen schon mal vor. Klar, die jungen Leute wollen sich austoben. 50 bis 60 mal am Tag muss man dann schon mal etwas sagen. Aber im Großen und Ganzen läuft alles sehr ruhig ab. Hausverbote, Alkoholexzesse oder Randale kennen wir hier nicht“, erklärt Rüschenberg.

In den Medien war kürzlich zu lesen, dass die DLRG mit Nachwuchssorgen zu kämpfen hat. Die Neuenrader kennen dieses Problem noch nicht. Die Stadt steht hinter der Neuenrader DLRG und fördert die Arbeit der Ortsgruppe. Das Gespenst „Freibadschließung“, das in anderen Gemeinden die Runde macht, ist in der Hönnestadt noch nicht gesichtet worden. Neuenrade steht voll und ganz hinter seinem attraktiven Bad, das eigentlich viel mehr Besucher verdient hat. „Das Bad liegt wunderbar. Wir haben ebene Liegewiesen und den ganzen Tag lang Sonne – und eines der wenigen 50-Meter-Becken in der Region“, fasst Rüschenberg die Besonderheiten zusammen.