Münster. Das könnte teuer werden für die Liberalen: Der NRW-Verfassungsgerichtshof hat entschieden, dass eine ihrer Briefkampagnen beim letzten Wahlkampf nicht sauber finanziert war - es seien Steuermittel für Parteienwerbung eingesetzt worden. Nun droht ein Strafgeld.
Eine Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes NRW setzt die FDP unter Druck. Es geht um eine mögliche illegale Finanzierung des letzten Landtagswahlkampfs. Nach Ansicht des Gerichtshofes in Münster überschritt eine Briefkampagne der FDP-Bundestagsfraktion im nordrhein-westfälischen Wahlkampf 2012 „die verfassungsrechtlich vorgegebene Grenze zwischen der zulässigen Öffentlichkeitsarbeit einer Fraktion und der unzulässigen Parteienwerbung“. Für die Partei kann die Causa möglicherweise teuer werden.
Damals hatte der Chef der FDP-Fraktion im Bundestag, Rainer Brüderle, in einem zweiseitigen Brief an ausgesuchte Mittelstands-Haushalte in NRW für den Schuldenabbau geworben. Für die Liberalen in Nordrhein-Westfalen war der Kampf gegen Staatsschulden allerdings das Kernthema ihres damaligen Wahlkampfes: „Auf Schuldenbergen können keine Kinder spielen.“ Finanziert wurde der Brief aus der Kasse der Bundestagsfraktion – und zwar mit Steuergeld.
Das Verfassungsgericht NRW erklärt nun, die FDP-Bundestagsfraktion habe mit dieser Briefkampagne gegen das vom Bundesverfassungsgericht geforderte „Mäßigungsgebot in der Vorwahlzeit“ verstoßen. Zwar hätten die Werbebotschaften der Bundes-FDP „auch einen Bezug zur parlamentarischen Arbeit der Bundestagsfraktion“ aufgewiesen und verzichteten auf „ausdrückliche Wahlwerbung für die anstehenden Landtagswahlen“.
„Gezielt im Wahlkampf eingesetzt“
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Der werbende Effekt für die FDP sei aber nicht lediglich als „notwendige Folge der Öffentlichkeitsarbeit“ in Kauf genommen worden, „sondern sogar gezielt für den Landtagswahlkampf eingesetzt worden“. Das ergebe sich schon aus der Verwendung „wahlkampftypischer“ Werbeformen der Bundestagsfraktion „ohne akuten Anlass auf Bundesebene“ ausgerechnet in der heißen Phase des Wahlkampfes an Rhein und Ruhr.
FDP schweigt zu den Kosten
Darüber hinaus habe aber die FDP-Bundestagsfraktion aus ihrem breiten Themenspektrum ausgerechnet das Thema „Schuldenabbau“ herausgegriffen, das im Wahlkampf der FDP in NRW „eine zentrale Rolle“ gespielt habe. Fazit des Gerichtes: „Damit wurden die in das Kleid der Öffentlichkeitsarbeit einer Fraktion gehüllten Werbebotschaften für den NRW-Landtagswahlkampf instrumentalisiert.“
Die Entscheidung des Münsteraner Verfassungsgerichtshofes kann für die FDP unter Umständen harte Konsequenzen haben. Der Bundesrechnungshof prüft derzeit die Öffentlichkeitsarbeit der Bundestagsfraktionen. Eine Prüfung des Brüderle-Briefes könnte im nächsten Schritt folgen. Sollte der Bundesrechnungshof dann unter anderem auf Basis des Urteils feststellen, dass die Bundestagsfraktion der FDP mit dem Brief Steuergeld zweckentfremdet hat, könnte dies dazu führen, dass die Bundestagsverwaltung missbräuchlich eingesetztes Geld von der Partei zurückfordern kann.
Wie hoch die Strafzahlung ausfallen könnte, ist völlig offen. Denn bis heute verschweigt die FDP-Fraktion im Bundestag – auch auf wiederholte Nachfrage –, wie viel Steuergeld sie für die Werbekampagne per Post ausgegeben hat. Genauso wenig sagte die Partei zur genauen Zahl der seinerzeit versendeten Briefe oder dazu, wie teuer die ausgesuchten Adressen waren, an die die Briefe verschickt wurden.
Rainer Brüderle selbst und mit ihm die FDP hält die umstrittene Briefaktion für rechtens, wie von der FDP beauftragte Rechtsanwälte erklärten.