Berlin. . Die FDP will sich noch vor der Bundestagswahl als Steuersenkungspartei profilieren. Sie fordert die schrittweise Abschaffung des “Soli“, der heute nur noch zum geringsten Teil in den Aufbau der fünf neuen Bundesländer fließt. Doch Kanzlerin Merkel und ihr Finanzminister sind strikt dagegen.
Die Koalition kommt im Streit um den Solidaritätszuschlag nicht zur Ruhe. Die FDP will sich kurz vor der Bundestagswahl doch wieder als Steuersenkungspartei profilieren – und untermauert ihre Forderung nach einer Abschaffung des Soli jetzt mit einem Drei-Stufen-Plan: Danach könnten schon Anfang 2014 vor allem kleinere und mittlere Einkommen entlastet werden, Ende 2017 wäre ganz Schluss mit dem Steueraufschlag.
Doch Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) wies die Forderungen am Wochenende harsch zurück: Der Soli sei Teil des Solidarpakts, der bis Ende 2019 laufe und nicht vorzeitig gekündigt werde. Die Diskussion sei daher „unzeitgemäß“. Schäuble schloss eine Entscheidung für die gesamte nächste Wahlperiode bis 2017 aus, die Frage betreffe erst „den übernächsten Bundestag.“
Ein Affront gegen die Liberalen
Ein Affront gegen die Liberalen. Was anfangs aussah wie ein Spiel mit verteilten Rollen, das der FDP erst zur Profilierung und dann zum Sprung über die Fünf-Prozent-Hürde verhelfen soll, bekommt nun eine Eigendynamik: Der erste massive Koalitionskonflikt stünde schon fest, sollte Schwarz-Gelb bei der Bundestagswahl wieder die Mehrheit bekommen. Führende FDP-Politiker haben klargemacht, dass die Liberalen einen Koalitionsvertrag nur unterzeichnen, wenn darin eine Entlastung der Bürger festgeschrieben ist.
Weil die rot-grüne Mehrheit im Bundesrat vieles blockieren kann, läuft alles auf den Soli hinaus – nur den könne Schwarz-Gelb allein, ohne Bundesrat, abschaffen, mahnt FDP-Vize Holger Zastrow. 14 Milliarden Euro nimmt der Bund in diesem Jahr durch den unbefristeten Solidaritätszuschlag von 5,5 Prozent auf die Einkommen- und Körperschaftsteuer ein, doch nur knapp 10 Milliarden gehen noch in den Aufbau Ost, den ursprünglichen Verwendungszweck.
FDP will ab 2014 den Soli über Freigrenzen senken
Den Rest streicht der Bund für sich ein, von heute bis 2019 wird sich diese Extra-Einnahme auf 65 Milliarden Euro summieren. Wenn 2019 der Solidarpakt ausläuft, will die FDP den Soli deshalb abgeschafft haben.
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Mit ihrem Stufen-Plan legen sich die Liberalen fest: Schon Anfang 2014 würde demnach die Steuer-Freigrenze beim Soli massiv erhöht, Arbeitnehmer mit weniger als 50.000 Euro Jahresbrutto müssten keinen Steueraufschlag mehr zahlen. 2016 würde der Steuersatz von 5,5 auf 2,5 Prozent gesenkt, zum 1. Januar 2018 wäre ganz Schluss.
Besserverdienende würden doch besonders profitieren
Kein Zweifel, die FDP sucht ein Wahlkampf-Thema. Die vorgezogene Entlastung kleiner Einkommen soll die Zustimmung erhöhen, aber die Liberalen verschweigen, dass vom Soli-Aus am Ende Besserverdienende naturgemäß doch besonders profitieren würden. Auch in der FDP erwartet niemand, dass das Konzept genau so umgesetzt wird. Aber der Graben zur Union, deren teure Wahlversprechen mit Steuersenkungen kaum in Einklang zu bringen sind, wird tiefer.
Schäuble beruhigt zwar: „Der Soli ist keine Frage, an der die Fortsetzung von Schwarz-Gelb scheitern würde.“ Doch der Finanzminister verbaut der FDP schon jeden Spielraum. Er weiß, dass die Kanzlerin hinter ihm steht: Angela Merkel hat klargestellt, dass der Steuerzuschlag auch über 2019 hinaus beibehalten werden soll. Statt nur in den Aufbau Ost würden die Milliarden dann in die deutschlandweite Investitionsförderung fließen, so Merkel. In der Union ist diese Position umstritten, der Wirtschaftsflügel will eine dauerhafte Abgabe verhindern.
Doch die Kanzlerin hat die SPD auf ihrer Seite, auch die will den Soli unbegrenzt beibehalten. Kanzlerkandidat Peer Steinbrück wünscht sich von Merkel aber Klartext: „Die Verlängerung des Soli ist eine Steuererhöhung für alle“, erklärt der SPD-Politiker. „Warum sagt Frau Merkel das nicht?“