Lüdenscheid.

Drückend lastete die Sommerhitze im Roten Saal des Kulturhauses. Und auch das Thema sorgte an diesem Abend nicht eben für unbeschwerte Leichtigkeit. Dafür ist seine gesellschaftliche Relevanz zu groß, dafür sehen sich inzwischen zu viele Menschen wirtschaftlich abgehängt. „Frohes Schaffen?! Über den Wert der Arbeit“ – diesen Titel hatte die SPD der Diskussion im Kulturhaus gegeben.

Was sich zunächst etwas trocken anhörte, hatte es dabei in sich. Denn es ging um Dumping-Löhne, um aufgeweichte Tarifbindung, um Mindestlöhne und soziale Gerechtigkeit. Um Brisantes also. Die Debatte fand im Zuge der SPD-Reihe „Bundestagsfraktion vor Ort“ statt.

Eingeladen hatten die SPD-Bundestagsabgeordnete Petra Crone und ihr Parlamentskollege Willi Brase. Mit auf dem Podium: der heimische Gewerkschafter Bernd Schildknecht und Professor Gerhard Bosch von der Universität Duisburg-Essen.

Niedriglohnsektor bietet keine wirklichen Chancen

Dem Soziologen blieb es auch vorbehalten, mit einem kurzen Referat Impulse für die nachfolgende Debatte zu liefern. Seine Kurzanalyse der Situation der deutschen Arbeitswelt: „Das Gerechtigkeitsgefühl ist verletzt, die soziale Schieflage unübersehbar.“ Dafür schob Bosch auch gleich ein Beispiel nach: „In Frankreich und Belgien etwa gibt es einen Mindestlohn von neun Euro pro Stunde. In Deutschland kriegen Beschäftigte mitunter sechs Euro oder weniger.“

Dabei, so Bosch, böte der Niedriglohnsektor – anders als von der Politik behauptet – keine wirklichen Wechselchancen in bessere Arbeitsverhältnisse. Die Worte des Professors: „Geringverdiener sind ja häufig qualifiziert, aber einen Übergang in gute Jobs gibt es kaum. Im Gegenteil, schlecht bezahlte Arbeit verfestigt sich.“

Die Gründe für die wirtschaftliche Misere vieler Menschen sieht Bosch in der Aufweichung der Tarifbindung durch die Arbeitgeber, in schwächelnden Gewerkschaften, in der Privatisierung und in der Abschaffung der Arbeitslosenhilfe.

Lohngleichheit für Männer und Frauen

Konsequenterweise fordert Bosch denn auch nicht nur die Einführung von Mindestlöhnen, sondern auch sichere Tarifverträge für die Beschäftigten und vor allem keine freiwillige, sondern eine verpflichtende Tarifbindung für die Arbeitgeber. Mit anderen Worten: Unternehmen sollen nicht einfach mehr durch Austritt aus den Arbeitgeberverbänden die Tarifbindung umgehen können.

Ähnlich wie Bosch sahen viele im Saal die Dinge. So setzt Petra Crone ebenfalls auf Mindestlöhne – und auf Lohngleichheit von Männern und Frauen.

Bernd Schildknecht mahnte derweil einen stärkeren Organisationsgrad der Arbeitnehmer an: „Nicht nur schimpfen, sondern mitmachen und antreten.“

Und Bundestagsmann Willi Brase prangerte die „Ausbeutung“ in diversen Branchen und die Reichtumsverteilung an: „Deutschland ist eines der reichsten Länder der Welt. Der Reichtum ist aber bescheuert verteilt. Da muss die SPD offensiver werden.“