Dorsten./Essen. . Noch lange Zeit litt die Elfjährige unter der brutalen Attacke eines Sex-Gangsters. Schutz suchte sie, Vertrauen. Doch das hielt ihren leiblichen Vater nicht ab, sich zwei Jahre nach der Tat des Fremden an seiner Tochter, aber auch an seinen Söhnen zu vergehen. Auf zwei Jahre Haft mit Bewährung erkannte am Montag das Landgericht Essen gegen den 47 Jahre alten Familienvater.

Hinter der Fassade des Biedermannes von der Hardt lebte ein heute von seiner Familie getrennt in Marl lebender Mann seine sexuellen Fantasien aus. Als kaufmännischer Angestellter in einem großen Unternehmen verdiente er sein Geld, engagierte sich in einer freikirchlichen Gemeinde in der Jugendarbeit. Zu einer Haushälfte hatte die Familie es gebracht. Ein Leben, das Zufriedenheit ausstrahlen sollte. Doch seit 2007 nutzte der Angeklagte die Nähe zu seinen Kindern zu „Aufklärungsgesprächen“. Mit den beiden Jungen zog er sich in den Herbstferien in die Alpen zurück, wanderte mit ihnen. „Männerurlaub“ hieß das. Dass er sie während dieser Reisen, aber auch zu Hause auf der Hardt, sexuell „aufzuklären“ versuchte, verschwieg er seiner Frau. Denn zu seiner „Aufklärung“ gehörte, dass er sich auszog, um den zwölf, vierzehn Jahre alten Jungen an seinem Körper Folgen sexueller Erregung zu demonstrieren. „Ich habe versucht, meine Jungen wie einen Kumpel aufzuklären“, wollte der Angeklagte dem Gericht vermitteln. Auch den Missbrauch seiner Tochter stellte er zunächst in einen „aufklärerischen“ Zusammenhang. Auf kritische Nachfragen von Richterin Luise Nünning und Staatsanwältin Yvonne Rothe räumte er ein, dass ihn diese Situationen erregten: „Heute weiß ich, dass ich Schwierigkeiten habe, wenn mir Kinder so nahe kommen.“ Dass dies zufällig geschehen sei, nahm die Richterin ihm nicht ab: „Sie werden es drauf angelegt haben.“ Auch der Bruder des Angeklagten, der oft kopfschüttelnd Aussagen kommentierte, sprach dessen Position in der Familie an: „Du warst immer ein Patriarch. Du hast getan, was Du wolltest.“

Dazu passt, wie der Angeklagte sich über das Leid seiner Tochter hinweg setzte. Bereits im Sommer 2008 hatte er die damals Neunjährige beim gemeinsamen Kuscheln dazu gebracht, ihn im Intimbereich zu berühren. Ein Jahr später fiel das Kind in der Nähe der elterlichen Wohnung einem 22 Jahre alten Sex-Gangster zum Opfer, der es mittags vom Schulweg zerrte, missbrauchte und die Tat mit dem Handy fotografierte. Acht Jahre Haft und Sicherungsverwahrung bekam dieser Mann.

„Am unteren Rand von Sexualtaten“

Schwer litt die Tochter, auch eine psychologische Behandlung half ihr nicht. Zwei Jahre später nutzte ihr Vater einen Klinikaufenthalt seiner Ehefrau aus, um das Kind wieder in ein „Aufklärungsgespräch“ zu verwickeln; tatsächlich eigene Lust zu empfinden. Das Kind beschrieb die Tat in einem Brief an die Mutter, so dass es zur Anzeige kam, nachdem auch die Söhne ihren Vater belastet hatten.

Staatsanwältin Rothe forderte vier Jahre und drei Monate Haft, Verteidiger Norbert Drees Bewährung. Das Gericht folgte ihm. Richter Nünning betonte, dass die Tatausführungen „am unteren Rand von Sexualtaten“ lägen. Zur Auflage machte das Gericht ihm, seine Sexualtherapie fortzusetzen. Außerdem untersagte es ihm die Arbeit mit Jugendlichen und Kindern, etwa in seiner Freikirche. Seniorenarbeit sei aber erlaubt.