Gelsenkirchen. .

Die Hintergründe der Attacke auf zwei Gelsenkirchener Polizisten sind unklar. Der mutmaßliche Täter hatte einen Unfall gemeldet und dann mit einem Messer auf die Beamten eingestochen. Eine Mordkommission ermittelt.

Dies ist keine Ecke der Stadt, in die man sich zufällig verirrt. Diese Sackgasse in Bulmke muss man schon kennen, und es spricht einiges dafür, dass sie auch ihm, dem Täter, nicht fremd war. Gediegene Ein- und Zweifamilienhäuser, beinahe versteckt am Rande Gelsenkirchens. Ein ruhiges Viertel, dessen Bewohner in der Nacht zu Dienstag jedoch jäh aus dem Schlaf gerissen werden. Erst fallen zwei, drei Schüsse, die manche, gerade aufwachend, für das Feuerwerk der nahen Cranger Kirmes halten. Doch dann hören sie die Schreie einer Frau, laute, verzweifelte: „Hilfe! Hilfe!“

Dramatisches hatte sich gerade abgespielt. Zwei Gelsenkirchener Streifenpolizisten, eine 30-jährige Frau und ihr 45-jähriger Kollege, werden kurz vor Mitternacht zu einem Einsatz gerufen. Ein Mann habe sich in der Einsatzleitstelle gemeldet, von einem Verkehrsunfall berichtet und um einen Streifenwagen gebeten. Doch kaum fahren die Beamten auf dem privaten Parkplatz im Stadtteil Bulmke vor und steigen aus, attackiert sie ein 21-jähriger Mann mit einem Messer. So die Darstellung der Polizei am Tag danach.

Trotz seiner schweren Verletzungen habe der Polizist es noch geschafft, seine Waffe zu ziehen und mehrfach auf den Angreifer zu schießen. Längst haben Anwohner da aufgeregt die Polizei angerufen, aber auch der Beamte setzt einen Notruf ab. Gegen halb eins in der Nacht steht in der sonst so friedlichen Straße ein Einsatzwagen neben dem anderen. Polizei, Feuerwehr, Notärzte.

Polizist schießt auf den Angreifer

„Die waren ruckzuck da!“, sagt Werner Gauda, der seit 30 Jahren direkt gegenüber wohnt. Auch er war durch die Schüsse aufgeschreckt worden, hatte sie zunächst für Feuerwerk gehalten. Doch die Schreie der Polizistin ließen keinen Zweifel zu. Auch Gauda rennt eilig vor die Haustür, sieht etwas entfernt den Polizisten am Boden liegen. Alles ist abgesperrt. Flatterbänder werden gespannt. Polizisten durchsuchen Grünflächen und angrenzende Gärten nach einem möglichen zweiten Täter. Parallel kämpfen Notärzte und Sanitäter um das Leben der beiden Polizisten und ihres Angreifers. Rettungswagen bringen sie in Krankenhäuser, wo sie sofort notoperiert werden. Erst am Nachmittag werden sie außer Lebensgefahr sein.

Am Tag danach muss man genau hinsehen, um die Spuren des nächtlichen Dramas zu erkennen. Zwei grüne Farbmarkierungen auf dem Asphalt, daneben Reste weggewaschener Blutspuren. „Was geht in so einem Menschen nur vor?“, fragt Werner Gauda, fragt sich auch eine Nachbarin, deren Ehemann ebenfalls bei der Polizei arbeitet.

Eine Recklinghäuser Mordkommission ermittelt

Eine Recklinghäuser Mordkommission hat die Ermittlungen übernommen. Man gehe davon aus, dass der Täter die Polizisten in einen Hinterhalt gelockt habe. Er selbst sei polizeilich bis dahin nicht bekannt gewesen. Dass er bewusst diese beiden Polizisten als seine Opfer auswählte, gilt als unwahrscheinlich. Er habe gar nicht wissen können, welcher Streifenwagen mit welcher Besetzung kommen würde. Nachts seien in ganz Gelsenkirchen zwischen fünf und zehn Polizeiwagen im Einsatz.

Nur so viel weiß man bislang vom Täter: Er selbst wohnt auch in Bulmke, kennt sich also dort gut aus. Die Attacke auf die Gelsenkirchener Polizisten ist nicht die erste dieser Art. Erst im Juni waren in Oberhausen zwei Beamte niedergeschlagen worden. Einer der Polizisten musste intensivmedizinisch behandelt werden. Auch da waren die Beamten in einen Hinterhalt gelockt worden. Ein Mann hatte ihnen von Drogengeschäften auf einer Halde berichtet.