Stuttgart. . Der Porsche Boxster ist das Richtige fürs Cruisen bei schönem Wetter. Der offene Zweisitzer schafft es in 5,7 Sekunden von 0 auf 100. Wer will, überlässt dem Bordcomputer das Gasgeben und verschmilzt dabei mit den Sitzen. Das Fahrvergnügen schlägt sich allerdings auch im Spritverbrauch nieder.

Mit 48.291 Euro ist der Porsche Boxster nicht mal halb so teuer wie der 911 als Cabrio. Ist damit der derzeit günstigste Porsche gleichzeitig nicht mehr als ein halber 911er? Mitnichten. Der offene Zweisitzer ist deutlich mehr, auch wenn manche Porsche-Puristen im Boxster ein reines Frauenauto sehen, einige ihn gar als richtigen Zuffenhauser nicht anerkennen mögen. Ein Fehlurteil, wie spätestens nach kurzer Testfahrt festgestellt werden darf.

Zugegeben, wer sich mit der Marke nicht so gut auskennt und nach einem Limbo-ähnlichen Einstieg ins 1,28 Meter hohe Cabrio vom Fahrersitz aus in die Welt schaut, kann vermutlich kaum unterscheiden, ob er nun in einem Boxster sitzt oder in einem offenen 911.

Doch schon beim Motorstart wird auch für Unbedarfte eine Differenzierung möglich. Nicht ganz so kernig, aber durchaus kräftig mit dem typischen Porsche-Klang in Dolby-Surround-Qualität ertönt der Sechszylinder-Boxermotor. Als Mittelmotor hinter den Sitzen und vor der Hinterachse sorgt er für den optimalen Schwerpunkt des Fahrzeugs und ist mit 2,7 Litern Hubraum 0,2 Liter kleiner als der Vorgänger und damit wieder so groß wie der Vorvorgänger.

Wer aus Respekt vor dem sportlichen Ruf des Herstellers eher zögerlich aufs Gaspedal tritt, wird fast schon enttäuscht sein, wie zurückhaltend und kultiviert das Aggregat seine 195 kW/265 PS Leistung und das maximale Drehmoment von 280 Newtonmeter (Nm) entfaltet.

Raketenstart gibt es optional

Doch der Boxster kann auch anders, man muss ihn nur entsprechend fahren. Dann ist die Höchstgeschwindigkeit von 262 km/h nicht mehr graue Theorie und es gelingt der Sprint von null auf 100 Stundenkilometer (km/h) in den vom Hersteller angegebenen 5,7 Sekunden. Dies ist nicht zuletzt auch dem schnell agierenden Doppelkupplungsgetriebe - von Porsche PDK genannt - zu verdanken. Selbstschalter werden sich über die Paddels freuen, die nun hinter dem Lenkrad sitzen und mittels Fingertipp bedient werden können.

Visitenkarte

Hersteller: Porsche

Modell: Boxster

Motor: Sechszylinder-Boxermotor Benziner

Hubraum: 2.706 ccm

Leistung: 195 kW/265 PS

Drehmoment: 280 Nm zwischen 4.500 und 6.500 U/min

Von 0 auf 100 km/h: 5,7 Sek.

Höchstgeschwindigkeit: 262 km/h

Verbrauch: 7,7 l Super Plus/100 km

CO2-Ausstoß: 180 g/km

Kofferraum: 150 Liter vorn, 130 Liter hinten

Versicherung: HP: 13 / TK: 28 / VK: 24

Grundpreis: 48.291 Euro

Preis der Testversion: 51.117,25 Euro

(Herstellerangaben/dapd)

Anscheinend kam das Daumenkino vom Vorgänger, bei dem die Schaltflächen auf dem Lenkrad saßen, nicht gut an. Wurde für 2.023 Euro zusätzlich das Sport Chrono Paket geordert, kann zudem zwischen den Modi "Sport" und "Sport Plus" gewählt werden.

Im "Sport"-Modus erfolgt die Gasannahme spontaner, die Schaltzeiten des PDK verkürzen sich und die Dämpfung wird an die dynamischere Gangart angepasst. Im "Sport Plus"-Programm findet eine weitere Verschärfung statt. Dieser Modus ist auch die Basis für die Launch Control, einer Art Raketenstart aus dem Stand, für den bei aktivierter "Sport Plus"-Taste mit dem linken Fuß die Bremse gehalten und mit dem rechten das Gaspedal vollständig durchgetreten werden muss. Dieser Kickdown ist zu halten bis eine Motordrehzahl von circa 6.500 Umdrehungen pro Minute (U/min) erreicht wird.

Im Modus "Launch Control" prescht der Boxster von der Stelle 

Mit dem im Bordcomputer erscheinenden Schriftzug "Launch Control aktiv" wird die Bremse losgelassen und der Boxster prescht von der Stelle, das man meint, mit den Sitzen zu verschmelzen. Die in der Betriebsanleitung orange unterlegte Warnung über einen eventuellen Kontrollverlust ist nicht unberechtigt. Für diese sportliche Spielart sind nicht nur beide Hände am Lenkrad erforderlich, sondern auch eine breite leere Straße und besser noch eine gewisse Routine oder Rennstreckenerfahrung. Gelingt diese große Sause, ist der Spaß unermesslich.

Porsche 911 Carrera

weitere Videos

    Nur logisch, dass dieses Vergnügen auch den Aufenthalt an der Tankstelle schneller erforderlich macht. 20 Liter Super Plus auf 100 Kilometern sind dann leicht möglich. Doch im Alltag kann der Boxster auch ganz anders. Der von Porsche mit 7,7 Litern bezifferte Durst ist in der Praxis durchaus realisierbar. Ermöglicht wird dies durch die Start-Stopp-Automatik, die überraschend prompt den Motor absterben lässt, aber ihn auch genauso wieder zum Leben erweckt. Auch die Leichtbauweise, durch die im Vergleich zum Vorgänger 35 Kilogramm eingespart werden konnte, drosselt den Verbrauch des 1.310 Kilogramm schweren Sportwagens.

    Offen für den Feierabend

    Und ganz ehrlich: So beeindruckend die Launch Control auch ist, im Alltag genießt man lieber das lockere Cruisen über kurvenreiche Landstraßen, am liebsten bei schönem Wetter und offenem Verdeck. Letzteres ist binnen neun Sekunden vollautomatisch und während der Fahrt bis zu Tempo 50 erledigt, in klassischer Z-Faltung legt sich die Stoffmütze dezent hinter den Überrollbügeln in einem separaten Fach zusammen.

    So zurecht gemacht, lässt sich herrlich in den sonnigen Feierabend fahren. Apropos Alltag: Auch auf dem Supermarktparkplatz macht der Boxster eine gute Figur mit seinen geschärften Konturen, seinem 2,48 Meter langen Radstand, der breiten Spur und den kurzen Überhängen. Und in den 150 Liter großen Kofferraum vorn passt geschmeidig eine Kiste Bier samt Grillfleisch für das Wochenende hinein, die Holzkohle findet im 130 Liter-Abteil im Heck Platz. Von wegen halber 911er - der Boxster ist deutlich mehr. (dapd)