Berlin. . Die 14.700 deutschen Tankstellen sollen künftig beim Kartellamt melden, wenn sie Spritpreise erhöhen oder senken wollen. Das Bundeskabinett will einen entsprechenden Gesetzentwurf von Wirtschaftsminister Rösler Anfang Mai beschließen. Das kündigte ein Ministeriumssprecher am Freitag an.

Die Bundesregierung will die Mineralölkonzerne unter strengere Aufsicht stellen, um stabilere Benzinpreise zu erreichen. Tankstellen, Händler und Raffinerien sollen ihre An- und Verkaufspreise zeitnah an eine neue Markttransparenzstelle melden müssen, wie das Bundeswirtschaftsministerium am Freitag in Berlin mitteilte. Während der Autoclub ADAC sich positiv äußerte, sprach der ACE von "Augenwischerei".

Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) erhofft sich nach Angaben eines Sprechers von der Neuregelung mehr Transparenz und Wettbewerb auf dem Benzinmarkt. Auch werde es die Meldepflicht dem Kartellamt erleichtern, Missbräuche aufzudecken und zu verfolgen. Staatliche Preisvorgaben sind damit aber ausdrücklich nicht verbunden.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) unterstützt nach Angaben von Regierungssprecher Steffen Seibert das Vorhaben. Die Pläne entsprächen ihrer Grundüberzeugung, "dass das beste Mittel, gegen Preisexzesse an Tankstellen vorzugehen, wettbewerbsrechtliche Maßnahmen sind". Dies könne "eine positive Wirkung im Interesse der Autofahrer erreichen". Der betreffende Gesetzentwurf soll bereits Anfang Mai vom Kabinett beschlossen werden.

ADAC sieht "Schritt in die richtige Richtung"

Von den Automobilclubs kam ein geteiltes Echo auf die Ankündigung. "Wer den Eindruck erweckt, alleine mit der Einrichtung einer behördlichen Meldestelle für Kraftstoffpreise ließe sich die Macht der Multis bändigen, der betreibt Augenwischerei", erklärte der Sprecher des Auto Club Europa (ACE), Rainer Hillgärtner. Auch müsse es Maßnahmen gegen die marktbeherrschende Stellung der Kraftstoffanbieter geben. Zweifel an der Wirksamkeit der Vorschläge äußerte auch der umweltorientierte Verkehrsclub VCD.

ADAC-Präsident Peter Meyer sprach hingegen von einem "Schritt in die richtige Richtung". Allerdings seien die Interessen freier Tankstellen angemessen zu berücksichtigen. Diese aber zeigten sich von dem Vorstoß Röslers wenig angetan. "Das ist Planwirtschaft", sagte der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands Freier Tankstellen (BFT), Axel Graf Bülow, laut Vorabbericht den Zeitungen der WAZ-Gruppe (Samstagausgaben).

Meldepflicht schadet freien Tankstellen

Nach BFT-Berechnungen müssten die 14.700 Tankstellen in Deutschland demnach pro Tag rund eine Million Daten an die Transparenzstelle melden. Das sei faktisch nicht möglich, kritisierte Graf Bülow. Zudem sei fraglich, mit welchem Recht der Bund Einkaufspreise abfragen dürfe. Durch Vorhaben dieser Art würden die freien Stationen "als schwächstes Glied in der Kette" nur "zerrieben", kritisierte auch der Geschäftsführer des Dachverbandes Mittelständische Energiewirtschaft Deutschland (MEW), Steffen Dagger.

Das Wirtschaftsministerium wies die Kritik der freien Tankstellen als "nicht nachvollziehbar" zurück. Bei der Markttransparenzstelle gehe es nicht um einen Eingriff in die Preishoheit der Tankstellen, erklärte ein Ministeriumssprecher. "Im Übrigen wird das Bundeswirtschaftsministerium sorgfältig darauf achten, dass sich der Aufwand für die freien Tankstellen in Grenzen hält", versprach er.

Die Preissteigerungen an den Tankstellen hatten in den vergangenen Wochen heftige Debatten über den Wettbewerb am Kraftstoffmarkt ausgelöst. Dabei waren auch staatliche Preiskontrollen oder eine höhere Pendlerpauschale zur Entlastung der Autofahrer gefordert worden. (afp)