Essen. . Zum Start der Osterferien steigen die Benzinpreise auf neue Höchstwerte. Der Liter Super soll aktuell flächendeckend die 1,70-Euro-Marke erreicht haben, Diesel koste bundesweit 1,50 Euro und mehr, heißt es beim Kraftstoffkonzern Shell. Unterdessen geht die Debatte weiter, wie und ob sich die starken Preisschwankungen abstellen lassen.
Die bizarren Schwankungen beim Benzinpreis haben eine ebenso bizarre Debatte um die Preisgestaltung in Bewegung gebracht. Allenfalls für Stunden haben Preise an Tankstellen mittlerweile Bestand; dabei werden die Preissprünge immer größer und wirrer, oft mehrmals am Tag. An diesem Freitag berät der Bundesrat auf Antrag von Thüringen über die Einführung einer Benzinpreisbremse. Tankstellen dürften dann nur noch einmal am Tag den Preis erhöhen und müssten diesen Höchstpreis auch in eine Datenbank stellen. Für den Vorstoß ist nach WAZ-Mediengruppen-Informationen eine breite Mehrheit der Länder sicher, auch von NRW.
Beim Verband der freien Tankstellen BfT lehnt Geschäftsführer Stephan Zieger diese Preisbremse ab: "Für Verbraucher wird das eher teurer", glaubt Zieger, dessen Verband insgesamt 550 freie Tankstellen-Unternehmen und -Ketten mit zusammen etwas mehr als 1800 Tankstellen vertritt. Würde der Preiskampf staatlich reguliert, "würden die Freien Tankstellen aus dem Markt gedrängt", glaubt Zieger - dabei seien die Freien ein wichtiges Korrektiv im Markt: "Wir haben das Versprechen, immer ein bis zwei Cent unter den Ketten zu liegen". Das funktioniere nur, wenn man die Preise der anderen stets im Blick habe - die wiederum sich bei der Preisgestaltung ebenfalls stark an den Mitbewerbern orientierten.
85 Prozent des Gewinns kassieren die Öl-Förderländer
Dabei spielt sich an den Tankstellen ein Kampf um die letzten paar Cent aus dem Autofahrer-Portomonnee ab: Denn etwa 85 Prozent der Gewinne aus dem Ölgeschäft bleiben in den Öl-Förderländern, sagt Energieexperte Steffen Bukold. Werde in Saudi-Arabien das Barrell Rohöl für zehn Dollar gefördert, würde es an der Börse für 120 Dollar pro Fass verkauft. Die Energiesteuern in Deutschland könnten nicht für Preissteigerungen der vergangenen Jahre verantwortlich gemacht werden, sagte Bukold jüngst in einem Interview mit der Berliner Zeitung.
In einer "Kurz-Studie" im Auftrag der Grünen im Bundestag, zu den Benzin-Rekordpreisen an den Tankstellen, wirft Bukold den hiesigen Tankstellenketten vor, dass sie die Belastung der Autofahrer noch steigerten. Nach seinen Erkenntnissen verlangten die Konzerne in Deutschland nämlich pro Liter Superbenzin fast 5 Cent zuviel - insgesamt pro Monat 98 Millionen Euro bundesweit - weil sie ihre Verdienstmargen erhöht hätten.
FDP-Minister will Macht der Ölkonzerne bei ihren Raffinerien begrenzen
Die Preismacht der Konzerne erklärt sich zudem daraus, dass die Raffinerien (in NRW etwa in Köln-Wesseling und Gelsenkirchen) von den Mineralölkonzernen kontrolliert werden. Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) hat dazu jüngst angekündigt, gegen den "Scherenpreis" vorzugehen; Raffinerien soll es verboten werden, dass sie ihre Produkte an Abnehmer freier Tankstellen teurer verkaufen, als an die eigenen Ketten.
Unterdessen testet der Bochumer-Tankstellenkonzern Aral ein neues Provisions-Modell für seine Pächter. Laut Medienberichten sollen damit Pächter belohnt werden, die sich dem Preiskampf in ihrer Umgebung entziehen und ihre Preise auch dann teurer halten, wenn die Konkurrenz sie senkt. Aral selbst nahm dazu bislang nicht Stellung. Angeblich wolle Aral so Ruhe in den Markt bringen.
Super flächendeckend bei 1,70 Euro pro Liter
Der Benzinpreis für die herkömmliche Sorte Super E5 hat eine Woche vor Ostern zum ersten Mal flächendeckend die Marke von 1,70 Euro pro Liter erreicht. Super E5 koste aktuell im Tagesdurchschnitt 1,70 Euro pro Liter, das Bio-Super E10 kostete 1,67 Euro und Diesel lag bei 1,53 Euro pro Liter, wie eine Sprecherin des zweitgrößten deutschen Tankstellenkonzerns Shell am Donnerstag in Hamburg mitteilte. Eine Shell-Sprecherin begründete die hohen Preise mit dem Anstieg der Wiederbeschaffungskosten am Rohstoffmarkt in Rotterdam. Dort habe eine Tonne Superbenzin am 1. Januar 921 Dollar gekostet, am 1. März 1.105 Dollar und am 23. März 1149 Dollar. Der Preisdruck bei Super bleibe bestehen, sagte sie. Bei Diesel dagegen habe sich die Lage etwa entspannt, weil die Heizsaison zu Ende geht und damit weniger Heizöl verbrannt wird. (dapd)
Beim Tankstellenverband BfT schlägt man eine andere Strategie gegen das Stakkato auf den Preistafeln vor: "Man sollte die Preistafeln entfernen", schlägt Stephan Zieger vor. Dann würde "die lästige Beobachterei" der Tankstellenbetreiber untereinander aufhören. Der Markt, glaubt Zieger, würde sich selbst befrieden. "Für Kunden", sagt Zieger, "wäre das allerdings umständlich".